Vertriebsassistenten für Versicherungsmakler: Geschäftspost als Sales Trigger
Die beiden Digitaldienstleister Datenserver eG und 3H Solutions AG haben ein neues Vertriebstool entwickelt, das die Post von Versicherungsmaklern mittels künstlicher Intelligenz ausliest und daraus Vertriebsansätze generiert. Was dahinter steckt, darüber sprach Versicherungsbote mit Tobias Haff, Projektleiter sales.engine und Mitbegründer von 3H Solutions.
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Versicherungsbote: Im Pressetext schreiben Sie: „Daten sind das neue Öl“ – was inzwischen zum geflügelten Wort geworden sei, benötige im nächsten Schritt einen Raffinerieprozess. Aus der Datenflut, die Makler bearbeiten, sollen nützliche Infos gewonnen werden, die sich für Kundenansprache und -service nutzen lassen. Ganz naiv gefragt: Wie funktioniert das?
Tobias Haff: Man kann sich das wie einen virtuellen Vertriebsassistenten vorstellen, der die Daten liest, nach vertriebsrelevanten Datenpunkten sucht und den Makler dann informiert, dass es etwas zu tun gibt. Das wird immer einfacher und relevanter, da ein Großteil der Kommunikation digital stattfindet, sich digitalisieren lässt oder sogar über Standards strukturiert abläuft. Die eingehenden Daten und Dokumente werden dafür von einer Software zum Beispiel per Bipro oder über das Extranet beim Versicherer abgerufen und danach analysiert. Durch den Abgleich mit Regeln, bereits vorliegenden CRM-Daten und durch intelligente Analyse werden vertriebsrelevante Informationen erzeugt. Das Ergebnis ist der Sales Trigger, also der Vertriebsansatz, der als Aufgabe vorliegt und vom Makler genutzt werden kann.
Sie wollen Geschäftspost nutzen, um daraus Vertriebsansätze zu basteln: und zwar automatisiert. Können Sie an einem Beispiel verdeutlichen, wie das in der Praxis eingesetzt werden kann?
Mein Lieblingsbeispiel ist die Meldung einer Rücklastschrift bei einem Vertrag. Hiervon sind sofort mehrere vertriebliche Bereiche betroffen – vom grundsätzlichen Erhalt der Kundenbeziehung über die Sicherung der Provisionseinahmen bis hin zu Beratungsmöglichkeiten. Gleichzeitig sind es Vorfälle, die im Tagesgeschäft oft untergehen oder zu spät wahrgenommen werden können. Durch unsere Lösung wird die Aufmerksamkeit geschaffen, dass etwas „schiefgelaufen“ ist. Dabei erhält der Makler nicht nur einen Hinweis, sondern eine Aufgabe. Und damit im besten Fall direkt die Möglichkeit, weitere Funktionen und automatisierte Prozesse zu nutzen. Es braucht dann nur einen Klick, um einen standardisierten Prozess zu starten. So könnte zum Beispiel eine formularbasierte Abfrage erfolgen, ob sich die Bankverbindung geändert hat und automatisiert die korrekte erfasst werden. Oder es wird der Bedarf einer Vertragsumstellung abgefragt, beispielsweise in Form einer befristeten Beitragsfreistellung. Es können aber ebenso vertriebliche Impulse erfolgen, wie mit einem Privatkredit einen ausgeschöpften Disporahmen umzuschulden, der die Ursache für die Zahlungsstörung ist.
Aus wenigen vertriebsrelevanten Informationen sollen Handlungsempfehlungen generiert werden - im Gegensatz zu Big Data, wo sehr große Mengen an Daten zusammenlaufen. Weshalb ist das gerade mit Blick auf den Maklermarkt relevant und wichtig, auch wenige Infos zu verarbeiten?
Der Maklermarkt ist aus Datensicht von zwei wesentlichen Faktoren geprägt. Einerseits ist die Datenstruktur bei Versicherungsprodukten sehr verschieden – und das schon innerhalb einer Sparte. Zum anderen gibt es keine umfassende Standardlösung, um derartige Daten zu speichern oder auszutauschen. Das Ergebnis ist bekannt: viele Vermittler haben keine oder nur schlecht gepflegte Datenbanken. Die tausenden von Datensätzen, die ein KI-System braucht, um zu lernen, gibt es daher schlichtweg nicht. Unsere Lösung setzt deshalb darauf, die wichtigen Datenpunkte zu finden und sich auf deren Nutzung zu konzentrieren. Damit es Vertriebsansätze gibt, greift im ersten Schritt ein Expertensystem, in dem ein Regelwerk schon einmal abgebildet ist. Im weiteren Verlauf können die Sales Trigger vom Makler selbst oder auch automatisiert angepasst werden. Der positive Nebeneffekt: Das passiert direkt und dezentral am Point-of-sale und optimiert das System auf den einzelnen Vertriebler und sein Vertriebsumfeld. Auch wenn die Softwarelösung zentral betrieben wird, im Mittelpunkt stehen damit der Makler und seine Kunden als Menschen sowie das jeweilige Umfeld, in dem sie sich bewegen.
In welcher Form werden den Maklern dann hierbei relevante Informationen zur Verfügung gestellt? Erhält er zum Beispiel Push-Nachrichten auf sein Smartphone: in welcher Menge und in welchem Rhythmus?
Im vergangenen Jahr haben wir dazu bereits einen Notification-Service umgesetzt. Dieser zeigt wichtige Ereignisse im Browser an und versendet eine E-Mail. Ergänzt wurde dies nun mit einer App, die wichtige Ereignisse mit der von Ihnen angesprochenen Push-Nachricht signalisiert. Damit kann der Makler orts- und zeitunabhängig auf wichtige Ereignisse reagieren. Wie oft das passiert hängt von vielen Faktoren ab. Vor allem, wie groß der Bestand und die Vertriebsaktivität ist, aber auch wie intensiv die Erzeugung von Sales Triggern genutzt wird. Damit es hier keinen „Nervfaktor“ gibt, kann der Nutzer die Frequenz und auch die Zeit, in der die Analyse läuft, individuell einstellen und auf den eigenen Arbeitsrhythmus abstimmen. Momentan liegen die Grenzen aber vielmehr im Rhythmus und im Umfang der Datenlieferung. Da Vermittlerpost regelmäßig nur einmal am Tag erstellt wird, kann es auch nur einen Analyselauf geben. Wir sind aber gerade dabei, weitere Datenquellen zu erschließen. Damit sollen Dokumente nicht nur umfassender und über verschiedene Kanäle abrufbar werden, sondern im besten Fall auch früher zur Verfügung stehen.
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Die Fragen stellte Mirko Wenig