Finanzwende: „Braucht es wirklich MLP, um Studierenden Excel beizubringen?“
Der Finanzdienstleister MLP soll an Universitäten keine Seminare anbieten, fordert der Verein ‚Finanzwende‘. Doch die Universität Frankfurt bestreitet die Vorwürfe. Warum sich ‚Finanzwende‘ davon nicht beeindrucken lässt, erklärt Kampagnenleiterin Lena Blanken im Interview.
Versicherungsbote: Die Universität Frankfurt hat ihre Vorwürfe bereits im November zurückgewiesen. Die damalige Rektorin schrieb, MLP würde sich an die Compliance-Regeln der Universität halten. Nun sprechen sie in ihrer Kampagne die neue Universitätsleitung an und erneuern die Vorwürfe. Hat die Uni Frankfurt ihrer Ansicht nach gelogen, als sie darauf hinwies, dass keinerlei Vertrieb von Finanzprodukten durch MLP in den strittigen Seminaren erfolgt?
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Lena Blanken, Kampagnenleiterin bei Finanzwende: Nein, aber die Anbahnung des Vertriebs findet in den Seminaren statt. Nach unserer Recherche werden die Teilnehmenden an einem MLP-Seminar zu einem zweiten Teil eingeladen. Das ist ein Einzelgespräch mit MLP-Vermittlern, in dem es in erster Linie um die Vermittlung von Finanzprodukten geht. Streng genommen stimmt es also, dass in den von der Uni beworbenen MLP-Seminaren nichts verkauft wird, aber MLP bahnt mit den Seminaren den Verkauf an. Die Seminare dienen MLP dazu, an die Kontaktdaten von Studierenden zu kommen. Die Universitätsleitung macht es sich zu einfach, wenn sie lediglich auf den ersten Teil der Seminare Stellung bezieht. MLP hat ein Verkaufsinteresse und einzig aus diesem Grund gibt es diese Seminare. Das ist offenkundig und das sollte auch der Universitätsleitung klar sein.
Wir finden, Universitäten sollten kein „Wohnzimmer“ von MLP sein, wie es ein MLP-Vorstand einmal sagte. Für einen Seminarleiter an einer Universität sollte das Ziel die Vermittlung von Wissen an die Studierenden sein, und nicht, an ihre Kontaktdaten zu kommen, damit im nächsten Schritt Finanzprodukte vertrieben werden können. Wir meinen, Universitäten sollten deshalb nur Seminaranbieter zulassen, die keine Vertriebsinteressen haben, damit die Universität ein geschützter Raum bleibt, in dem es um unabhängige Wissensvermittlung geht. Deshalb fordern wir die Frankfurter Uni weiterhin dazu auf, die Kooperation mit MLP zu beenden.
Braucht es wirklich MLP, um Studierenden Excel beizubringen?
Die Uni Frankfurt verweist zudem darauf, dass die Studierenden keinerlei weitere Verpflichtungen durch die Teilnahme eingehen würden und Rückmeldungen der Studierenden würden belegen, dass die Seminare einen hohen Nutzen für sie haben. Tritt Finanzwende dafür ein, Studierenden einen solchen Zusatznutzen zu verwehren? Warum irren die Studierenden aus ihrer Sicht, wenn sie in den Seminaren einen Zusatznutzen für sich entdecken?
Die Seminare von MLP sind vermeintlich kostenlos – doch einige Studierende entdecken die wahren Kosten erst Jahre später. Eine Universität sollte in der Lage sein, aus ihrer Sicht sinnvolle Inhalte durch unabhängige Experten vermitteln zu lassen. Braucht es wirklich MLP, um Studierenden Excel beizubringen?
In einem Interview mit Ökotest verweist ihr Gründer Gerhard Schick auf die Bedeutung von fachlicher Qualifikation des Beraters. Besonders anspruchsvoll sei die Ausbildung zum 'Certified Financial Planner'. Nun verfügt MLP über genau eine solche Zertifizierung - kein anderes Unternehmen in Deutschland hat mehr CFP-Berater. Ist das ein Widerspruch? Ist CFP nun ein Qualitätsmerkmal, wie Herr Schick sagt? Wer sonst - außer 'besonders anspruchsvoll' ausgebildeten Experten - sollte nach Ansicht von 'Finanzwende' dafür sorgen, dass sich die Finanzbildung verbessert?
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CFP ist eine gute Ausbildung, wenn es um Finanzberatung geht. Aber es ist keine zwingende Folge, dass eine Person mit CFP-Ausbildung bezüglich der Wahl von Finanzprodukten gut berät – erst recht nicht, wenn sie im Provisionsinteresse unterwegs ist und damit darauf angewiesen ist, Produkte zu verkaufen. Genau das aber ist bei MLP-Vertriebsleuten in aller Regel der Fall.
Wenn es um das Training für Gehaltsverhandlungen, um Excel-Kurse, etc. geht, ist CFP jedoch eh die falsche Qualifikation. Universitäten sollten bei ihrem Kursangebot darauf achten, dass die Qualifikation der Lehrenden und das Profil des anbietenden Dienstleisters zu den Inhalten der Kurse passen. Wenn MLP auf die CFP-Qualifikation verweist, wird nur noch deutlicher, dass es eigentlich um den Vertrieb von Finanzprodukten geht.