Lebensversicherung: Drohen erhöhte Kapitalanforderungen?
In der Kapitalanlage deutscher Lebensversicherer wirkt sich Corona unterschiedlich aus. Welche Rolle dabei Immobilienpreise und die Ratings von Unternehmensanleihen spielen und warum erhöhte Kapitalanforderungen drohen.
Wie reagieren Versicherer in der Kapitalanlage auf niedrige Zinsen? Die Search-for-Yield-Analysen der Versicherungsaufsicht geben u.a. auf diese Frage Antwort: Kleinere Versicherer investierten zunehmend in Immobilien, so Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (BaFin), Dr. Frank Grund, auf der Jahreskonferenz der Versicherungsaufsicht.
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Dr. Grund erläuterte, inwiefern die Corona-Pandemie die Immobilienpreise und die Ratings von Unternehmensanleihen beeinträchtigt hat. Es ließe sich festhalten, dass das Immobilien-Exposure ein überschaubares Risiko für die Kapitalausstattung der Unternehmen darstellte, so Grund. „Zwischen dem Jahresende 2019 und dem 4.Quartal 2020 mussten rund 40 Prozent der Unternehmen, die Gewerbeimmobilien direkt halten, marktwertbedingte Wertreduzierungen unter Solvency II vornehmen. Die beliefen sich unter dem Strich auf etwa 1,7 Milliarden Euro. Das entsprach einer relativen Wertreduzierung um etwa 5 Prozent“, sagte Grund.
Anders verlief die Entwicklung bei indirekt gehaltenen Gewerbeimmobilien. Unter Solvency II gewannen die Immobilienfonds der Versicherer zwischen dem Jahresende 2019 und dem 4. Quartal 2020 etwa 2,7 Milliarden Euro an Wert. Ein relativer Wertanstieg von etwa 7 Prozent.
Unternehmensanleihen: leichte Zunahme schwächerer Bonitäten
Im Kapitalanlage-Bereich ‚Unternehmensanleihen‘ beobachtete die Aufsicht bei der Zusammenfassung von direkten und indirekten Bestand eine „leichte Zunahme schwächerer Bonitäten“, sagte Grund. „Vom Jahresende 2019 bis einschließlich Jahresende 2020 wurden etwas mehr als 10 Prozent aller im Bestand der deutschen Versicherer befindlichen Anleihen mit Rating heruntergestuft. In der Regel konnten die Versicherer das aber gut verkraften“, so der Exekutivdirektor.
Einzelne Versicherer - überwiegend Lebensversicherer - könnten dennoch „wesentlich von Ratingherabstufungen betroffen sein“, mahnte Grund. Mit diesen Unternehmen werde Kontakt aufgenommen, um aufsichtlichen Handlungsbedarf zu identifizieren.
Immobilien-Exposure und die Beobachtung der Unternehmensanleihen werden auch 2021 weit oben auf der Agenda der Versicherungsaufsicht stehen. Denn, so machte Grund deutlich, ungefähr ein Drittel der Anleihen hat per 4. Quartal einen negativen Ratingausblick. „Bei diesen Papieren könnte möglicherweise eine baldige Herabstufung folgen“, so Grund.
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Drohen erhöhte Kapitalanforderungen?
Neue Sorgen könnten deutschen Lebensversicherern aus der EIOPA-Opinion zum Solvency-II-Review erwachsen. Die (derzeit) vorgeschlagene Methode zur Extrapolation der risikofreien Zinsstrukturkurve würde zu deutlich erhöhten Kapitalanforderungen führen. „Deshalb hoffen wir hier noch auf Nachjustierungen“, so Dr. Grund.