Die 6 Hindernisse für InsurTechs
Wer auf dem InsurTech-Markt den Überblick behalten will, kann dafür eine interaktive Karte nutzen. Initiiert wurde die InsurTech-Map von House of InsurTech Switzerland, Kickstart und F10. Versicherungsbote sprach mit den drei Initiatoren über die größten Hindernisse, vor denen InsurTechs derzeit stehen.
Versicherungsbote: InsurTechs waren ja einmal als die schnelleren und billigeren Versicherer und Makler gestartet, die den etablierten Firmen den Kampf ansagten. Warum ist davon nicht mehr so viel übrig? Wurde der Markt falsch eingeschätzt oder täuscht dieser Eindruck?
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Ruth Armalé: Derzeit basieren weniger als 5 Prozent aller europäischen InsurTechs auf Challenger-Modellen, d. h. auf Versicherern mit Business-to-Consumer-Lizenz. Sie starteten stark mit ausgeprägten kundenorientierten Angeboten und füllten Marktlücken, doch viele dieser Unternehmen haben es nicht geschafft, ein solides Geschäft aufzubauen. Der Hauptgrund dafür ist, dass das Versicherungsgeschäft kapitalintensiv ist und eine starke Bilanz erfordert, um gute Schaden- und Schaden-Kosten-Quoten, also ein profitables Geschäft, zu erzielen. Der Grund dafür ist das strenge regulatorische Umfeld. Kooperative InsurTech-Modelle, wie Enabler und Broker, sind mit verschiedenen technologiebasierten Versicherungsplattformen und Mehrwertlösungen, die auf die Bedürfnisse der Versicherungsnehmer eingehen, auf dem Vormarsch. Etablierte Versicherer erkennen, dass InsurTechs eine Chance und keine Bedrohung darstellen. Sie suchen nach Wegen der Zusammenarbeit.
Katka Letzing: Die Haupthindernisse für InsurTechs sind der Kampf um eine schnelle Regulierung, die Identifizierung des besten
Versicherungspartners, das erforderliche Maß an Ressourcen für Tests und Marktanpassung, komplexe Compliance-Anforderungen, die Notwendigkeit einer häufigen Mittelbeschaffung und die fehlende Kaufkraft bei Dienstleistern. Ein weiterer Faktor, den es zu berücksichtigen gilt, ist, dass die Versicherungsbranche eine Branche der schrittweisen Verbesserung ist. Es ist eher Evolution als Revolution. Die Versicherungsbranche hat sich in den letzten 300 Jahren weiterentwickelt, ist durch Legacy-Systeme verankert und hat sich im Innovationsprozess mehr Zeit gelassen als ihre Kollegen aus der Bankenbranche.Andreas Iten: Die Markteintrittshürden sind immer noch sehr hoch. Für kleine Startups mit relativ wenig Kapital in der Startphase ist das eine große Herausforderung. So muss im Business to Consumer Bereich sehr viel Marketing-Aufwand betrieben werden und auch die regulatorischen Anforderungen sind hoch. Im Vergleich zum Retail-Banking, wo es bereits viele Neo-Banken gibt, hinkt die Versicherungsbranche noch hinterher. Aus unserer Sicht ist es jedoch mehr eine Frage der Zeit und weniger eine Frage, ob sich die Situation verändert.
Welche Rolle spielt die Regulierung dabei?
Armalé: Die Regulierung spielt heutzutage eine fundamentale Rolle. Finanzmarktbehörden beaufsichtigen die Aktivitäten der Versicherer bis ins Detail. Dies erfordert Personal, Fachwissen und ist kostenintensiv. Bei Nichteinhaltung sind Strafen und Durchsetzungsmaßnahmen der Aufsichtsbehörden wahrscheinlich. Zudem ist die Durchführung von Versicherungsaktivitäten auf grenzüberschreitender Basis aus Schweizer Sicht schwierig oder sogar verboten. Das Schweizer Versicherungsaufsichtsgesetz wird derzeit überarbeitet. Es ist geplant, einige Erleichterungen für InsurTech-Initiativen einzuführen.
Letzing: Die Regulierung ist eine der größten Eintrittsbarrieren der Versicherungsbranche, zumal es auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette Hürden gibt. In den letzten Jahren konnten die etablierten Unternehmen jedoch beobachten, wie der traditionelle Markt durch das InsurTech-Ökosystem mit neuen Technologien herausgefordert und vorangetrieben wurde, was zu innovativen Unternehmenspartnerschaften führte.
Iten: Wie erwähnt, ist die Regulierung ein wichtiger Aspekt wenn es um Veränderungen in einer Branche geht. Man kann mit Regulation den Status Quo einer Branche schützen oder man kann Innovation aktiv fördern.
Das große Ziel der Regulierung ist die Harmonisierung des Europäischen Binnenmarktes. Wann wird es möglich sein, ein Versicherungsprodukt einheitlich von Flensburg bis nach Zürich zu verkaufen?
Armalé: Auf EU-Ebene gibt es bereits eine gewisse Harmonisierung. Allerdings gilt nach wie vor lokales Recht, und es müssen Anforderungen erfüllt werden, wenn ein deutscher Versicherer oder Makler plant, Versicherungsprodukte in, sagen wir, Italien zu vertreiben. Aus Schweizer Sicht gibt es sogar noch mehr Hürden, und ein deutscher Versicherer oder Makler bräuchte eine Präsenz in der Schweiz und eine Genehmigung der Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA, um Versicherungsprodukte in der Schweiz zu verkaufen.
Letzing: Ein echter und vereinheitlichter europäischer Versicherungsmarkt könnte es Startups und Arbeitskräften ermöglichen, sich innerhalb der Union frei zu bewegen, und er würde lokale Innovationen auf der gesamten Marktebene verfügbar machen, was wiederum der Beschäftigung und dem Wachstum zugutekäme. Ich glaube, dass wir uns bis zu einem gewissen Grad einig sind, aber es könnten noch Fortschritte gemacht werden und es braucht mehr Zeit, bis wir eine Vereinbarung zwischen der FINMA und der ESMA haben werden, um eine solche grenzüberschreitende Produktvereinheitlichung zu ermöglichen und Produkte zu verkaufen, ohne dass das europäische Versicherungsunternehmen verpflichtet ist, auf dem Schweizer Markt präsent zu sein und sich an seine FINMA-Regulierung zu halten.
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Iten: Ich könnte mir vorstellen, dass es ähnlich laufen wird wie bei beim Drittparteien-Kontozugriff bei den Banken (PSDII). Die EU harmonisiert, die Schweiz fährt ihren eigenen Weg, um dann irgendwann die EU-Direktive zu übernehmen.