Weiterbildung: Wie sehen die rechtlichen Bestimmungen für Versicherungsvermittler aus?
Weiterbildung ist Pflicht für Versicherungsvermittler. Dafür gibt es Anrechnungsregeln von gutberaten und Aufsichtsbehörden haben aktualisierte FAQ veröffentlicht. Im Gastbeitrag fasst Thomas Köhler (Zaigen GmbH) Hintergründe und Vorschriften zusammen.
- Weiterbildung: Wie sehen die rechtlichen Bestimmungen für Versicherungsvermittler aus?
- Fachkompetenz und personale Kompetenz im Fokus
- Nachweisbarer Lernabschluss
- Methoden und Kontrolle der Weiterbildung
Die Versicherungsbranche nimmt in Sachen Weiterbildung eine ganz besondere Rolle ein. Sie ist eine der wenigen Bürotätigkeiten, in der Fortbildungen per Gesetz vorgeschrieben sind. Seit 2018 ist in einer entsprechenden Verordnung für die Branche geregelt, dass eine Weiterbildung von 15 Stunden je Kalenderjahr notwendig ist. Eine solch pauschale Anordnung bringt einige Fragen mit sich, die im Folgenden geklärt werden sollen.
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Weiterbildungspflicht für Versicherungsvermittler
Am 23.02.2018 fiel der Startschuss für die verpflichtende Weiterbildung von Versicherungsmaklern. Jeder, auf den die Verordnung zutrifft, muss seitdem jährlich 15 Stunden lang eine Fortbildung besuchen. Festgehalten ist dies in § 34d Absatz 9 Satz 2 der Gewerbeordnung bzw. § 48 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Details ergeben sich außerdem aus § 7 der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung. Die Einhaltung der Pflicht wird je nach Zuständigkeit durch die Industrie- und Handelskammern oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen geprüft. In erster Linie stellt sich dabei die Frage, wer von diesem neuen Gesetz betroffen ist und dementsprechend eine jährliche Weiterbildung zu absolvieren hat. Die folgende Liste gibt einen Überblick:
- Versicherungsberater (haupt- oder nebenberuflich) mit Erlaubnis
- Versicherungsvermittler (haupt- oder nebenberuflich) mit Erlaubnis
- Mitarbeiter, die bei der Beratung und Vermittlung mitwirken. Indem beispielsweise Verträge aufgesetzt, Schadensfälle reguliert oder Vertriebsaufgaben übernommen werden
- Gebundene Versicherungsvermittler nach § 37d Absatz 7 Nummer 1 GewO, wobei die Weiterbildungspflicht von den Versicherungsunternehmen sichergestellt werden muss
Zeitgleich existiert eine Negativliste von Mitarbeitern, die keine Fortbildungen nachweisen müssen. Hierzu gehören:
- Mitarbeiter ohne konkreten Bezug zur Versicherungsvermittlung und -beratung wie etwa die Buchhaltung, die Personalabteilung, der Einkauf, das Sekretariat, der Empfang etc.
- Produktakzessorische Versicherungsvermittler mit Erlaubnisbefreiung (diese dürfen ohne regelmäßige Fortbildung jedoch nicht mit Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten)
- Annexvermittler ohne Erlaubnis
- Gewerbetreibende nach § 34d Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 GewO
- Auszubildende, wenn sie noch keine vertriebliche Tätigkeit bewältigen
- Vertriebsvorstände unter Voraussetzung des § 48 Abs. 2 S. 4 VAG
Eine Versicherungsgesellschaft als juristische Person (z.B. AG, GmbH) muss sich ebenfalls fortbilden. Die Pflicht trifft in diesem Fall die gesetzlichen Vertreter wie die Geschäftsführer oder die Vorstände. Diese können die Weiterbildungspflicht delegieren, dürfen dann aber selbst nicht mehr vermittelnd und beratend auftreten. Die Delegation darf nur an Beschäftigte übertragen werden, die den Gewerbetreibenden vertreten dürfen und somit Prokura oder Handlungsvollmachten besitzen. Pro 50 Beschäftigter muss ein Delegierter mit Vertretungsrecht die Fortbildung durchführen.
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Ebenfalls besteht die Fortbildungspflicht für Gewerbetreibende mit einer sogenannten Schubladenerlaubnis. Dies sind Vermittler und Berater, die eine Erlaubnis besitzen, aber nicht mehr im Register eingetragen sind und somit den Beruf nicht mehr ausüben. Die Weiterbildungspflicht ist jedoch mit der Erlaubnis und nicht mit der Registrierung verknüpft.
Fachkompetenz und personale Kompetenz im Fokus
Nachdem geklärt ist, wer sich der jährlichen Fortbildung stellen muss, ist im nächsten Schritt die Frage, was als Fortbildung anerkannt wird. Grob gesagt, lässt sich diese Frage damit beantworten, dass die Lerninhalte, die sich mit der Aufrechterhaltung der Fachkompetenz und der personalen Kompetenz zum Thema Versicherungsvermittlung und -beratung beschäftigen, als geeignet gelten. Die Weiterbildung muss den Anforderungen der ausgeübten Tätigkeiten entsprechen und so aufgebaut sein, dass Teilnehmer ihre berufliche Handlungsfähigkeit aufbauen, ausbauen oder anpassen. Dazu muss der Kundennutzen jederzeit im Vordergrund stehen.
Die Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung beinhaltet in Anlage 1 eine Übersicht der anerkannten Weiterbildungen, aus der hier einige Beispiele genannt werden sollen. Unterteilt ist sie in die Bereiche Kundenberatung, rechtliche Grundlagen, Vorsorge und Sach- bzw. Vermögensversicherung.
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Kundenberatung:
- Serviceerwartungen des Kunden
- Besuchsvorbereitung
- Kundenbetreuung
- Kundengerechte Lösungen
- Kundensituation und Kundenbedarf
Rechtliche Grundlagen:
- Vertragsrecht
- Pflichten im Schadenfall
- Vermittler- und Beraterrecht
- Wettbewerbsrecht
- Geldwäschegesetz
Vorsorge:
- Gesetzliche Rentenversicherung
- Gesetzliche und private Unfallversicherung
- Gesetzliche und private Krankenversicherung
- Private Vorsorge durch Lebens- und Rentenversicherungen
- Grundzüge der betrieblichen Altersversorgung
Sach- und Vermögensversicherung:
- Haftpflichtversicherung
- Kraftfahrtversicherung
- Hausratversicherung
- Gebäudeversicherung
- Rechtsschutzversicherung
Die aufgeführten Beispiele sind nur ein kleiner Teil einer langen Liste, die die Anforderungen an ein Weiterbildungsthema für Versicherungsmakler erfüllen. Außerdem ist die besagte Liste nicht abschließend, wodurch zahlreiche weitere Themenfelder behandelt werden können, die einen Bezug zur Versicherungsvermittlung und -beratung besitzen. Beispielhaft seien hier die Themen Transportversicherung, Cyberversicherung oder Warenkreditversicherung genannt, falls sich der Versicherungsmakler hierauf spezialisieren möchte. Neben der Anlage 1 aus der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung existiert die Anlage 1 aus dem Versicherungsaufsichtsgesetz. Auch hier sind Themen gelistet, die den Anforderungen an eine Weiterbildung gerecht werden, falls ein Bezug zur Versicherungsvermittlung und -beratung hergestellt werden kann.
Beispiele aus der Anlage 1 Versicherungsaufsichtsgesetz:
- Krankheit: Tagegeld
- Schienenfahrzeug-Kasko
- Hagel-, Frost- und sonstige Sachschäden
- Luftfahrzeughaftpflicht
- Verschiedene finanzielle Verluste wie Gewinnausfall
- Tontinengeschäfte
- Fondsgebundene Lebensversicherungen
- Hypothekendarlehen
Eine offizielle Negativliste, welche Themen von Veranstaltungen nicht angerechnet werden können, besteht nicht. Beispielhaft seien hier Weiterbildungen mit versicherungsfremden Inhalten genannt, wozu das Gesundheitsmanagement des Lernenden oder allgemeine betriebswirtschaftliche Themen zählen. Außerdem sind die Themen Finanzanlagen, Immobiliendarlehen und Bausparen nicht anerkannt. Sollten nicht relevante Themen Bestandteil einer Schulung sein, so muss diese Zeit von der Fortbildungszeit abgezogen werden.
Nachweisbarer Lernabschluss
Im folgenden Kapitel sei ein Blick auf die Möglichkeiten gerichtet, die einem Versicherungsmakler für eine Fortbildung zur Verfügung stehen. Vorab gesagt: Es gibt keine Liste von zertifizierten oder staatlich anerkannten Anbietern. Dies liegt daran, dass die IHK keine Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen listen und somit bevorzugen darf. Dennoch gibt es klare Anforderungen an die Qualität der Weiterbildungen, welche in Anlage 3 der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung aufgeschlüsselt sind. Es herrschen Ansprüche an die Planung, die systematische Organisation und die Fortbilder.
Planung:
- Die Weiterbildung ist mit zeitlichem Vorlauf konzipiert
- Die Weiterbildung ist in nachvollziehbarer Form beschrieben
- Die Weiterbildung liegt einem Ablaufplan zugrunde
Systematische Organisation:
- Im Vorfeld erhalten Teilnehmer eine Einladung in Textform
- Die Einladung enthält eine Beschreibung der Weiterbildungsmaßnahme inklusive Angabe von Zeitstunden
- Die Anwesenheit der Teilnehmer wird verbindlich dokumentiert und archiviert (bei einem Selbststudium geschieht dies über nachweisbare Lernkontrollen)
Durchführende der Weiterbildung:
- Die Fortbilder verfügen über eine erforderliche Fachkompetenz zum behandelten Thema
- Systematische Prozesse sorgen für eine Einhaltung der Anforderungen
Methoden und Kontrolle der Weiterbildung
Die Methode der Weiterbildung kann in beliebiger Form erfolgen, solange die Anforderungen aus Anlage 3 der VersVermV beachtet werden. Auch eine Kombination unterschiedlicher Methoden, wie es etwa beim Blended Learning der Fall ist, wäre möglich. Anbei ein paar Beispiele für die Methoden der Weiterbildung:
- Klassische Präsenzveranstaltungen wie Seminare oder Tagungen
- Webinare als Onlinevariante der klassischen Seminare
- Blended-Learning (eine Kombination aus der klassischen Präsenzveranstaltung mit Selbstlern-Elementen, die der Durchführende kontrolliert)
- Einzeltraining
- Selbststudium mit Materialien, bei denen ein Lernerfolg erreicht werden muss
- Betriebsinterne Schulungen in geeigneter Form
Die Nachweise zu den Weiterbildungsmaßnahmen sind von den Personen aufzubewahren, die zu einer Weiterbildung verpflichtet sind oder eine Delegation dazu erhalten haben. Die Aufbewahrungspflicht für diese Formulare beträgt fünf Jahre. Als Aufbewahrungsort sind die Geschäftsräume zu wählen. Die Nachweise müssen mindestens Auskunft über folgende Punkte geben:
- Name und Vorname des Gewerbetreibenden oder Beschäftigten
- Datum, Umfang, Inhalt und Bezeichnung der Weiterbildungsmaßnahme
- Firma, Adresse und Kontaktdaten des Durchführenden der Weiterbildung
Die Nachweise zur Weiterbildung müssen der IHK nicht automatisch vorgelegt werden. Dies ist erst der Fall, wenn eine Aufforderung dazu eingegangen ist. Die IHK führt Stichprobenkontrollen durch und hat als Ziel, 10 Prozent der zur Weiterbildung verpflichteten Personen zu überprüfen. Außerdem kann die IHK aus folgenden Gründen eine Überprüfung einleiten:
- Hinweise durch Dritte über fehlende Weiterbildungen
- Hinweise auf Falschberatung
- Nichtzahlung öffentlicher Abgaben
- Zweifel an der ordnungsgemäßen Weiterbildung
- Fehlende Weiterbildungen in den Vorjahren
Die Eingangs angesprochenen kürzlich veröffentlichten FAQ der Aufsichten stellte u.a. dar, dass
- Auszubildende im Bereich der Versicherungsvermittlung nicht der Weiterbildungspflicht unterliegen. Eine Ausnahme gilt, diese wären außerhalb des Ausbildungsverhältnisses noch vertrieblich tätig.
- Schulungen zu versicherungsspezifischer Beratungs- und Angebotssoftware sowie zur elektronischen Antragsaufnahme können als Weiterbildung angerechnet werden.
- Die Tätigkeiten als Dozent, Vortragender oder Trainer können einmalig pro Kalenderjahr in der Höhe der Stunden anerkannt werden, sofern diese auch für die Teilnehmer anerkannt werden.
Ebenso wurde klargestellt, dass es sich bei der Schadensbearbeitung und -regulierung grundsätzlich um Versicherungsvertrieb i. S. d. § 7 Nummer 34a VAG i. V. m. Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 IDD handelt. D.h. demnach sind auch diese Mitarbeite von der Weiterbildungspflicht erfasst.
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Über den Autor:
Thomas Köhler hat die App V-Quiz mitentwickelt. Die Weiterbildungs-App ist bei gutberaten.de akkreditiert und kann kostenlos heruntergeladen werden. Die Nutzer erhalten bei dieser Quiz-App für richtige Antworten Quiz-Coins, die gegen Bezahlung in Weiterbildungsstunden umgewandelt werden können.
- Weiterbildung: Wie sehen die rechtlichen Bestimmungen für Versicherungsvermittler aus?
- Fachkompetenz und personale Kompetenz im Fokus
- Nachweisbarer Lernabschluss
- Methoden und Kontrolle der Weiterbildung