Kfz-Versicherer: Corona bescherte Milliarden-Gewinn
In der Corona-Pandemie wurde weniger Auto gefahren: Das merken auch die Kfz-Versicherer, die deutlich weniger Schäden hatten. Doch die einbehaltenen Milliarden-Gewinne geben sie vielfach nicht an Kundinnen und Kunden weiter, so zeigt eine aktuelle Analyse. Nicht von ungefähr: In den Jahren zuvor waren Einnahmen und Kosten oft auf Kante genäht.
Lockdowns und Homeoffice trugen dazu bei, dass im Corona-Jahr 2020 weniger Auto gefahren wurde: Das wirkte sich auch positiv auf die Unfallstatistik aus. Bereits im ersten Lockdown von März bis Juni 2020 wurden rund 26 Prozent weniger Unfälle mit Personenschaden registriert, so rechnet das „Statistische Bundesamt“ vor. Das merkten auch die Autoversicherer, die im abgelaufenen Geschäftsjahr deutlich weniger Schäden erstatten mussten.
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Hoher Sondergewinn wegen weniger gefahrener Kilometer
Demnach habe die Corona-Pandemie den deutschen Autoversicherern einen Sondergewinn von 5,8 Milliarden Euro beschert, so berichtet das „Versicherungsmagazin“ und beruft sich hierbei auf eine Analyse des Rückversicherers General Reinsurance (Gen Re). Im Jahr 2020 summierte sich der technische Gewinn auf 3,6 Milliarden Euro und für das laufende Geschäftsjahr werden weitere 2,2 Milliarden Euro prognostiziert.
Konkret sei die Schaden-Kosten-Quote 2020 auf 87,5 Prozent gesunken, berichtet das „Versicherungsmagazin“. Doch dass die Branche lange auf Kante genäht war, zeigt der Wert aus dem Jahr zuvor: 2019 betrug sie noch 98,4 Prozent. So haben die Versicherer aus jedem Beitragseuro 12,5 Prozent verdient, Kapitalgewinne nicht eingerechnet. Bei der Schaden-Kosten-Quote gilt stark vereinfacht: je niedriger, desto besser. Liegt die Quote über 100 Prozent, gibt der Versicherer mehr für Schäden und Verwaltung aus, als er an Beiträgen einnimmt.
Doch die Bereitschaft, diese Gewinne an Kundinnen und Kunden weiterzugeben, ist weniger ausgeprägt. So habe die Analyse von 44 Versicherern ergeben, dass die Prämien lediglich um 1,3 Prozent gesenkt worden seien, ein Drittel habe die Prämien sogar raufgesetzt.
Branche kämpft in Nicht-Corona-Zeiten mit hohen Schäden
Doch es wäre zu kurz gedacht, den Versicherern Knauserigkeit vorzuwerfen. In der Kfz-Versicherung herrscht ein verbitterter Preiskampf und mitunter sind die Anbieter sogar bereit, für niedrige Prämien Verluste einzuplanen. Fast jeder zweite Kfz-Versicherer schrieb in 2019 rote Zahlen, so zeigt eine Analyse der V.E.R.S. Leipzig GmbH. 2019 mussten die Versicherer im Schnitt deutlich höhere Schäden begleichen als im Jahr zuvor. Entsprechend ist zu erwarten, dass auch in den kommenden Jahren die Schäden wieder zunehmen, wenn dank Impfung sich das öffentliche Leben wieder normalisiert.
Auch der Marktführer HUK-Coburg hatte in den Jahren von 2015-17 eine Combined Ratio von mehr als 100 Prozent, so zeigt die Analyse. In den letzten Jahren nahm der Versicherer immer wieder hohe Kosten in Kauf, um Kundinnen und Kunden an sich zu binden. Dennoch will der Marktführer rund 150 Millionen Euro an Beitrag für das Jahr 2020 zurückerstatten, wie er im April bekannt gab. Das entspreche rund 3,5 Prozent des Jahresbeitrages. Auch die DEVK, drittgrößter Autoversicherer, erstattet rund 13 Millionen Euro Prämie an Kundinnen und Kunden zurück.
„Es ist für uns selbstverständlich, dass wir als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit unsere Mitglieder und Kunden an nicht benötigten Überschüssen beteiligen“, erläuterte HUK-Chef Klaus-Jürgen Heitmann die Rückerstattung. Man habe in Coronazeiten einen Sondergewinn von 300 Millionen Euro durch weniger Schäden erzielt. Tendenziell verfolgt die HUK die Strategie, die Kundschaft mit niedrigen Prämien an sich zu binden. Mit Erfolg: In der Wechselsaison 2020/21 gewannen die Franken netto 550.000 versicherte Fahrzeuge hinzu, so viel wie kein anderer Versicherer. Die HUK hat nun 13 Millionen Fahrzeuge im Bestand und kann den Vorsprung gegenüber dem schärfsten Konkurrenten Allianz (rund neun Millionen versicherte Autos) ausbauen.
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Es gibt aber auch Entwicklungen, mit denen die Autoversicherer die Kosten in den nächsten Jahren drücken können. Die fortschreitende Digitalisierung, deren Umsetzung aktuell noch viel Geld verschlingt, dürfte helfen, die Kosten für Bürokratie und Schadenregulierung zu drücken. Auch gehen viele Versicherer Partnerschaften mit Werkstätten und anderen Kfz-Service-Dienstleistern ein, um von niedrigeren Kosten zu profitieren.