PKV-Standardtarif: Durchschnittsbeitrag steigt deutlich
Der Standardtarif in der privaten Krankenversicherung wird zum 1. Juli teurer: zumindest für Personen, die keinen Beihilfe-Anspruch haben. Der PKV-Verband hebt den Durchschnittsbeitrag um knapp 23 Prozent an. Betroffen sind rund 47.500 Personen.
Wer im Standardtarif der privaten Krankenversicherer untergebracht ist und kein Anspruch auf Beihilfe hat, muss sich ab 1. Juli 2021 auf höhere Prämien einstellen. Der PKV-Verband hat entschieden, den durchschnittlichen Monatsbeitrag anzuheben: von 318 auf 390 Euro. Das berichtet der Verband auf seiner Webseite. Betroffen seien davon rund 47.500 Personen.
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Die jetzige Anpassung bedeutet ein sattes Plus: Um knapp 23 Prozent legt der Durchschnittsbeitrag zu. Gleichwohl weist der PKV-Verband darauf hin, dass es bei Männern die erste Erhöhung seit drei Jahren sei, bei Frauen gar seit fünf Jahren. Der Verband verweist zudem darauf, dass die Prämien im Standardtarif in den letzten zehn Jahren „nur“ um durchschnittlich 2,1 Prozent per annum gestiegen seien. Weniger als bei den gesetzlichen Krankenkassen, wo die Beiträge um 3,3 Prozent pro Jahr anzogen: auch, weil der GKV-Beitrag sich am Lohn- und Rentenzuwachs orientiert.
Rettungsanker mit GKV-ähnlichen Leistungen
Für die Betroffenen könnte der Prämiensprung trotzdem ärgerlich sein: Sind in den Tarifen doch üblicherweise Personen versichert, die Probleme hatten, den PKV-Beitrag in ihrem „herkömmlichen“ Tarifen zu bezahlen. Als Rettungsanker gedacht, bietet er vergleichbare Leistungen wie die gesetzlichen Krankenkassen zu einem deutlich reduzierten Betrag. Der Standardtarif steht nur Versicherten offen, die sich vor dem 1. Januar 2009 einer privaten Krankenversicherung angeschlossen haben. Brancheneinheitlich gilt der Tarif für Neukundinnen und Neukunden: Der PKV-Verband prüft anhand von Daten der Versicherer, wie sich Bestand und erbrachte Leistungen entwickelt haben.
Angehoben werden darf der Beitrag -stark vereinfacht- nur, wenn mindestens einer von zwei auslösende Faktoren vorliegt: Die Leistungsausgaben weichen von der bisherigen Kalkulation um fünf Prozent ab oder die allgemeine Lebenserwartung hat sich um diesen Wert verändert. Das trägt dazu bei, dass die Prämie oft mehrere Jahre nicht steigt: aber dann umso plötzlicher und deutlicher. Erst dann dürfen die Versicherer auch andere Faktoren einrechnen, die ebenfalls für die Prämien wichtig sind: etwa das Niedrigzinsniveau an den Kapitalmärkten.
Auf Basis dieser Kalkulation berechnen die einzelnen Versicherungsunternehmen für jeden Versicherten den individuellen Beitrag – unter Berücksichtigung der bereits gebildeten Alterungsrückstellungen und der unternehmensindividuellen Verwaltungskosten. Denn das ist der Vorteil des Standardtarifs: Beim Wechsel aus dem ursprünglichen Tarif nehmen die Betroffenen ihre Alterungsrückstellungen mit. Diese werden auf den Beitrag im Standardtarif angerechnet und so Teuerungen abgefedert. Speziell langjährige PKV-Versicherte, die bereits viele Rückstellungen angespart haben, zahlen deshalb mitunter weniger als den Durchschnittsbeitrag von 390 Euro, wie der PKV-Verband argumentiert.
Ursache für Teuerungen: mehr Kosten + Niedrigzins
Der PKV-Verband nennt mehrere Ursachen, weshalb nun die Prämien angehoben werden müssen. Zum einen teure Gesundheitsreformen: So sei etwa der Heilmittelkatalog preislich angehoben und ausgeweitet worden (Physiotherapie, Ergotherapie), was die Kosten für diesen Bereich um rund 50 Prozent erhöht habe. Auch die Höchstsätze für zahntechnische Leistungen seien um 25 Prozent angehoben worden. Hier müsse man sich auch an den Vorgaben für die gesetzliche Krankenversicherung orientieren: um eben vergleichbare Leistungen anbieten zu können.
Auch das Niedrigzinsniveau wirke sich aus: „Die Verzinsung der Kapitalvorsorge wurde im Standardtarif viele Jahre lang mit 3,5 Prozent kalkuliert. Diesen Zins – und meistens noch deutlich mehr – hatte die PKV auch stets für ihre Versicherten erwirtschaftet. Doch seit 2015 wurde der Leitzins der Europäischen Zentralbank stetig reduziert und inzwischen sogar auf null gesenkt“, schreibt der GKV-Verband. Mittlerweile müsse dieser Satz auf 1,9 Prozent gesenkt werden: Die PKV-Kapitalanlagen werfen demnach schlicht weniger ab, um spätere Beitragssprünge auszugleichen. Das muss auf den Beitrag umgelegt werden: auch, weil der Gesetzgeber das vorschreibt.
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Doch der Standardtarif hat für die darin Versicherten auch Vorteile: im Gegensatz zum Basistarif, der ebenfalls Privatversicherten in Not helfen soll. Denn dort werden keine Alterungsrückstellungen eingerechnet, um Prämiensprünge abzufedern. "Der PKV-Verband setze sich "weiter dafür ein, das Angebot des Standardtarifs auch für Privatversicherte zu öffnen, die erst ab 2009 in die PKV eingetreten sind. Das Gesetz, das seither den Weg in den Standardtarif versperrt und diese Versicherten allein auf den Basistarif verweist, hat sich als Fehler herausgestellt", schreibt der Verband.