Die Bezüge von den 21 Millionen Rentnerinnen und Rentnern könnten in den kommenden Jahren deutlich steigen. Schon im Juli 2022 sei ein Rentenplus von 4,8 Prozent in Westdeutschland und sogar von 5,6 Prozent in Ost zu erwarten. Das berichtet die „BILD“ am Montag und beruft sich auf den Sozialwissenschaftler Martin Werding von der Uni Bochum.

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Nachholfaktor als Korrektiv entfällt

Der Grund ist, dass die Bundesregierung im Jahr 2018 den sogenannten Nachholfaktor aussetzte. Hier sei daran erinnert, dass sich die Rente an der Entwicklung der Brutto-Löhne orientiert. Entwickelt sich die Wirtschaft schlecht und die Löhne sinken, dürfen die Renten aber trotzdem nicht gekürzt werden. Der Nachholfaktor bewirkte, dass notwendige, aber unterlassene Rentenkürzungen mit künftigen Rentenerhöhungen verrechnet werden, wenn die Löhne wieder steigen. Sie dämpften also das Rentenplus in den Folgejahren.

Dieser Puffer wurde nun ausgesetzt. Und so könnte ausgerechnet die Coronakrise dazu beitragen, dass nun das Rentenplus im Jahr 2022 höher ausfällt. Denn nach Lockdowns, Kurzarbeit und der Krise ganzer Branchen ist zu erwarten, dass sich die Wirtschaft 2021 wieder erholt. Und folglich die Löhne steigen.

Bedingung für steigende Renten ist allerdings, dass sich tatsächlich die Wirtschaft erholt: und Vorkrisenniveau erreicht. 2020 sind die Löhne laut Deutscher Rentenversicherung (DRV) um 2,3 Prozent gefallen. Wegen des fehlenden Nachholfaktors wird das nun nicht mit künftigen Erhöhungen der Rente verrechnet. Das bewirkt einen -eigentlich- unerwünschten Effekt, wie auch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtet: „Das reine Ab und Auf der Wirtschaft steigert die Renten, auch ohne dass die Löhne steigen“. Lohnkürzungen werden ja nicht in fallende Renten übersetzt: Lohnerhöhungen bewirken aber höhere Altersbezüge. Es ist genau der Mechanismus, der mit dem Nachholfaktor korrigiert werden sollte.

Vier Milliarden Euro mehr Rente allein in 2022 erwartet

Was der wegfallende Nachholfaktor bewirken kann, zeigen Prognosen, die der Ökonom Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für die FAS angestellt hat. Allein nächstes Jahr wird die zusätzliche Rentenerhöhung vier Milliarden Euro kosten, sagt der Wirtschaftswissenschaftler der Zeitung. In den kommenden Jahren seien es dauerhaft drei Milliarden Euro, die extra anfallen. Bis zum Jahr 2050 summiere sich der Betrag für zusätzliche Renten-Erhöhungen auf fast 100 Milliarden Euro.

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Das Bundesarbeitsministerium weist gegenüber dem „Tagesspiegel“ aber diese Berechnungen zurück. „Ob die Renten höher ausfallen, ist von einer Menge Faktoren abhängig, die wir in diesen Zeiten noch nicht absehen können“, sagte eine Sprecherin dem Berliner Blatt.