März 2017: Aus dem Berliner Bode-Museum wird die 100 Kilo schwere Goldmünze „Big Maple Leaf“ gestohlen. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Täter über ein ungesichertes Fenster in das Gebäude eindringen und es mit ihrer Beute wieder verlassen konnten.

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Doch wie kam es zu dem ungesicherten Fenster? Dazu heißt es vom Gericht: Ein Defekt im Fensterflügel führte dazu, dass die Öffnungssicherung der elektronischen Sicherungsüberwachung nicht mehr funktionierte, sondern stets einen Alarm wegen einer Öffnung des Fensters in diesem Raum angezeigt habe. Deswegen sei das Fenster im Herrenumkleideraum aus der Öffnungssicherung herausgenommen worden, um die Alarmanlage mit der Öffnungssicherung wenigstens in den übrigen aufgeschalteten Räumen wieder in Betrieb nehmen zu können. Das hätte die Museumsleitung allerdings der Allianz mitteilen müssen.

Nachdem dieser Umstand bekannt wurde, kürzte der Versicherer die Leistung und zahlte statt der vollen Versicherungssumme (4,2 Mio. Euro) 840.000 Euro aus. Damit wollte sich der Eigentümer der Münze nicht zufrieden geben und erhob Klage vor dem Landgericht Berlin (Az: 4 O 63/19). Allerdings ohne Erfolg. Gegen diese Entscheidung richtete sich nun die Berufungsklage, über die das Kammergericht Berlin am 26.05.2021 befand (Az: 6 U 1015/20).

Grob fahrlässige Anzeigepflichtverletzung

Das Gericht entschied, dass die Allianz gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 2 VVG berechtigt ist, ihre Leistung um 50 Prozent zu kürzen. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Versicherungsnehmerin habe nämlich grob fahrlässig die Anzeige einer eingetretenen Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 Abs. 3 VVG unterlassen, führten die Richter aus.

Hätte die Allianz von einer dauerhaften Deaktivierung der Öffnungssicherung am Fenster im Umkleideraum gewusst, hätte sie keine Einzelpolice mit dem konkreten Inhalt abgeschlossen, so das Kammergericht. Und weiter: „Im Ergebnis sei der Versicherungsvertag daher so auszulegen, dass zumindest alle bei Vertragsschluss vorhandenen Sicherungen voll gebrauchsfähig zu erhalten und zu betätigen seien.“
Besonders heftig: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wusste bereits seit 2014 (!) von den Umständen. Unterließ es aber über Jahre, die Gefahrerhöhung dem Versicherer anzuzeigen oder Abhilfe zu schaffen. Darin sahen die Richter eine besonders grobe Verletzung der Anzeigepflicht.

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„Bei der Berücksichtigung und Abwägung aller vorgetragenen Umstände hielt daher der 6. Zivilsenat des Kammergerichts eine Leistungskürzung durch die Beklagte um 50% für angemessen aber auch ausreichend“, teilte das Gericht weiter mit. Das Urteil ist allerdings noch rechtskräftig. Versicherungsbote fragte bei der Allianz nach, ob Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt werden. Die Antwort aus München: „Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir uns aktuell nicht zur Empfehlung des Gerichts äußern können. Wir werden zur gegebenen Zeit dem Gericht unsere Entscheidung mitteilen.“