Künftig darf es im deutschen Gesundheitssystem Alternativen zu gesetzlichen und privaten Krankenversicherern geben. Demnach hat der Bundesrat einer Regelung zugestimmt, wonach künftig auch sogenannte Solidargemeinschaften erlaubt sein dürfen. Das berichtet eine Sprecherin des Bundesrates gegenüber börse-online.de. Die Reform sei Teil des „Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetzes“, das der Bundestag Anfang Mai verabschiedet hatte.

Anzeige

Kleine Gemeinschaften mit Rückendeckung

Im Kern ging es um die Frage, ob auch Mitglieder derartiger Solidargemeinschaften die gesetzliche Krankenversicherungspflicht erfüllen - oder ob sich deren Mitglieder zusätzlich bei einer Krankenkasse oder PKV einschreiben müssen. Seit 2007 besteht in Deutschland diese Krankenversicherungspflicht. Demnach müssen alle Bürger einen privaten oder gesetzlichen Krankenschutz haben: sofern kein „anderweitiger Anspruch auf Absicherung“ besteht, wie es im Gesetz heißt.

Diese Solidargemeinschaften bestehen in Deutschland schon seit Jahrzehnten. Ein Beispiel hierfür ist die „Samarita“. Als eingetragener Verein organisiert, gestehen sich die Mitglieder gegenseitig persönliche und finanzielle Unterstützung zu. Unter anderem werden die Kosten für medizinisch notwendige Heilbehandlungen erstattet. Die Wurzeln liegen bei den berufsständischen Unterstützungskassen, die in den 20er- und 30er Jahren gegründet wurden.

Groß ist die Zahl der Mitglieder nicht: Der „Dachverband der Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen“ (BASSG) vertritt nach eigener Angabe die Interessen von etwas mehr als 7.000 Menschen. Deutschlandweit schätzt die „Wirtschaftswoche“ die Gesamtzahl der Solidar-Mitglieder auf rund 22.000 Personen. Auch die Samarita ist eher klein: Sie hat rund 320 Mitglieder, wie Vorstandssprecher Urban Vogel gegenüber krankenversicherung.net berichtet.

Teure Risiken über Rückversicherung abgedeckt

Die niedrige Mitgliederzahl macht auch eine Gefahr deutlich: Gesundheitskosten können selbst für den Einzelnen sehr teuer sein: folglich auch für kleine Gemeinschaften. Allein bei einer längeren Krebstherapie mit schwerem Verlauf müssen sechsstellige Kosten eingeplant werden. Doch auch hierfür haben die Vereine eine Lösung: Teuere Gesundheitsrisiken werden über Rückversicherungen oder Restkostenversicherungen externer Anbieter abgedeckt.

Der monatliche Beitrag, den Vereinsmitglieder zahlen müssen, ist unter anderem von Einkommen und Kinderzahl abhängig. Ein Teil der Beiträge fließt auf ein persönliches Gesundheitskonto. Ein anderer Teil wird in einen Solidarfonds für aufwendigere Behandlungen eingezahlt.

Hierzu heißt es auf der Webseite des BASSG: „Solidargemeinschaften funktionieren nach dem Prinzip der Subsidiarität: Die einzelnen Teile der Gemeinschaft handeln selbstbestimmt und können ihre Fähigkeiten bestmöglich entfalten. Die übergeordnete, größere Einheit tritt nur dann in Aktion, wenn die kleinere Einheit eine Aufgabe nicht erfüllen kann. Somit wird Eigenverantwortung gefördert und Freiheit gewährleistet. Jedes Mitglied kümmert sich um seine eigene Gesundheit und bestreitet die Kosten für geringfügige Erkrankungen aus seinem individuellen Konto. Bei höheren Kosten tritt die Gemeinschaft ein“.

Anzeige

Eine weitere wichtige Frage bezieht sich darauf, welchen Anspruch auf Gesundheitsleistungen die Mitglieder haben. Das war auch ein Grund, weshalb gesetzliche Krankenkassen freiwillig Versicherten den Wechsel zu einer Solidargemeinschaft in der Regel verweigert haben. Es fehle in den Satzungen ein fester Leistungskatalog, so die Kritik. Hier habe der Gesetzgeber den Vereinen Vorgaben gemacht, berichtet boerse-online.de: Sie müssen ihre „dauerhafte Leistungsfähigkeit“ gutachterlich nachweisen und ihren Mitgliedern Leistungen „in Art, Umfang und Höhe“ der gesetzlichen Krankenkassen gewähren.