Gräfer-Kolumne: Alles beim Alten? Über das Morgen nach Corona
Wie gelingt es, trotz Corona und Klimakatastrophe sich und den Mandanten Lust auf Zukunft zu machen? Martin Gräfer, Vorstand der Versicherungsgruppe die Bayerische, denkt darüber in seiner Kolumne für Versicherungsbote nach.
'Yesterday… all my troubles seemed so far away' schmetterten die Beatles ihrem dahinschmelzenden Publikum in den Stadien dieser Welt entgegen. Ein ikonischer Refrain, sinnbildlich für die Sehnsucht nach Unbeschwertheit. Im Frühsommer 2021 erhält diese Sehnsucht nach Normalität neue Nahrung – die voranschreitenden Impfungen und das warme Wetter machen es möglich. Back to normal also? Nicht ganz. Die Pandemie hat in unserer Branche Einiges verändert.
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Digital? Voll normal
Corona verpasste der Digitalisierung in der Assekuranz einen Turbo-Antrieb. Das gilt für den Innendienst ebenso wie für den Außendienst. Wo vorher Homeoffice und Videoberatung noch ein Nischendasein fristeten, haben sie sich binnen eines Jahres auf breiter Front durchgesetzt. Ein Kraftakt, den viele Außenstehende der Branche zuvor nicht zugetraut hätten.
Mit Erfolg: Eine aktuelle Studie von EY Innovalue zeigt, dass Kunden digitale Service- und Beratungsangebote erstaunlich schnell angenommen haben. Etwa die Hälfte aller Kunden gibt an, bereits mit ihrem Versicherer per Chat- oder Videotelefonie kommuniziert zu haben. 70 Prozent schätzen die Online-Beratung gar als mindestens gleich gut ein. Ein Beweis, welch grandiosen Job Vermittler in dieser Ausnahmesituation gemacht haben.
Die plötzliche Krise zeigte, dass viele Versicherer zuvor ihre Hausaufgaben gemacht haben: Digitale Vertriebs-Tools wie Flexperto oder die von unserem Tochterunternehmen iS2 entwickelte digitale Unterschrift inSign ebneten den Weg ins „New Normal“. In der Pandemie demonstrierte die Branche, welche Innovationskraft in ihr steckt. Solange wir uns auf dem Erreichten nicht ausruhen, sehe ich die Panik vor einer baldigen Disruption durch die Big-Tech-Player aus Übersee und Fernost daher als unbegründet.
Stirbt das persönliche Kundengespräch aus? Das glaube ich keinesfalls. Dazu eine kleine Anekdote: Unser Start Campus ist für viele Vertriebspartner der Bayerischen eines der Jahres-Highlights. Diesen Januar musste unsere Jahresauftaktveranstaltung erstmals digital stattfinden. Vom digitalen Angrillen, über Promi-Interviews bis hin zu interaktiven Workshops und Spielen scheuten wir keine Kosten und Mühen, um das Event so bunt und unterhaltsam wie möglich zu gestalten. Das Feedback war durchweg positiv. Und dennoch beichteten mir unzählige unserer Vertriebspartner später: Den besonderen Spirit einer persönlichen Zusammenkunft erzeugt kein Online-Event der Welt. Davon, dass diese Wahrheit auch für das Verkaufsgespräch gilt, bin ich fest überzeugt.
Zwei Krisen vereint
Im Windschatten der Pandemie machte sich eine andere Gewissheit in den Köpfen vieler Menschen breit: Angesichts des Virus und zunehmender Naturkatastrophen brauchen wir ein Umdenken im Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen unseres Planeten. Ein Wandel, der auch uns als Vorsorge- und Risikopartner der Gesellschaft längst erreicht hat.
Immer mehr Kunden möchten neben der persönlichen Vorsorge etwas Gutes für das große Ganze bewirken. Das Thema Nachhaltigkeit hat sich im Zuge der Krise zum Mega-Trend der Versicherungsbranche entwickelt. Einige Vorreiter, wie unsere Pangaea Life, haben die Bedeutung des Themas nachhaltige Versicherungen schon länger erkannt. Nun sprießen die grünen Produkte geradezu aus dem Boden.
Stichwort grün: Wir sind der Überzeugung, dass die Menschen auch beim Thema Klimaschutz nicht bevormundet werden möchten. Statt schwarzer Angstpädagogik und Verzichtsideologie setzen wir deswegen auf das menschen- und fortschrittsfreundliche Konzept einer blauen Ökologie. Damit stehen wir für eine neue Idee des Fortschritts und einen effizienten Klimaschutz durch technisch-strategische Innovationen. Im Fokus steht die Lebensqualität aller Menschen.
Als einer der größten Kapitalgeber der Gesellschaft bietet sich uns eine einzigartige Chance: Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Vertrieb sitzen wir am Steuerhebel, um die Zeit nach der Pandemie maßgeblich mitzugestalten. Auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Zukunft sind wir Teil der Lösung. Wenn wir uns als Branche heute richtig positionieren, nehmen wir dem Regulierungs- und Verbotseifer so mancher Politiker den Wind aus den Segeln.
Achtsamkeit für einen neuen Alltag
Als „ethisches Upgrade“ bezeichnete der renommierte Zukunftsforscher Matthias Horx den Umgang mit der Corona-Krise in einem Interview mit unserem Unternehmensblog „umdenken.co“ kürzlich. Entschleunigung und ein achtsamerer Umgang miteinander waren die Nebeneffekte, welche uns die Pandemie neben all den Härten lehrte. Warum retten wir uns nicht ein wenig davon hinüber, in die hoffentlich bald erreichte Zeit danach?
Achtsamkeit sollten wir keineswegs als esoterisch angehauchten Spleen einiger Räucherstäbchen-Romantiker verstehen. Auch wir als Versicherer und Versicherungsvertrieb können und sollten den Begriff positiv für uns besetzen. Denn was ist achtsamer, als die Zukunft von Kunden, ihren Familien und vielleicht sogar unseres Planeten zu schützen? Vorsorge in der Solidargemeinschaft der Versicherten ist Achtsamkeit pur. Für den Schutz und vor allem die Prävention vor den Risiken des Lebens gilt dies natürlich ebenso.
Die Kunden warten darauf abgeholt zu werden: Die oben bereits erwähnte Studie ergab nämlich auch, dass durch die Krise das Bedürfnis nach Risikoabsicherung wächst. Dasselbe gilt für das Gesundheitsbewusstsein und die Absicherung entsprechender Risiken.
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Indem wir die Krise überwinden, eröffnen wir uns neue Perspektiven. Heute stehen wir vor der großartigen Herausforderung den Menschen die Lust auf Zukunft zurückzugeben. Das alte „Yesterday“ aus der Zeit vor der Pandemie lassen wir hinter uns. Stattdessen zeigen wir unseren Kunden: Here comes the sun, it’s alright!