Finanzierungslücke: DAK-Chef sieht Handlungsfähigkeit der GKV gefährdet
In der gesetzlichen Krankenversicherung droht 2023 der „historisch größte Beitragssprung“, warnt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. Er fordert höhere Bundeszuschüsse und eine klare Definition versicherungsfremder Leistungen.
Wie ist es um den mittelfristigen Finanzierungsbedarf in der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt? Dieser Kernfrage widmete sich eine Analyse des IGES Instituts für die DAK-Gesundheit. Deren Ergebnisse: Bis zum Jahr 2025 droht den gesetzlichen Krankenkassen ein Rekordminus von 27,3 Milliarden Euro. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag für die Versicherten könnte um 1,6 Prozentpunkte steigen.
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Bereits im 2022 könnte der tatsächlich erforderliche Bundeszuschuss auf 15,6 Milliarden Euro anschwellen, schätzen Experten. Das wäre dann doppelt soviel wie derzeit im Bundeshaushalt eingeplant. Soll der Zusatzbeitragssatz bis 2025 stabil bei 1,3 Prozent bleiben, muss die künftige Bundesregierung eilig eine grundlegende Reform der GKV-Finanzierung angehen, fordert DAK-Chef Andreas Storm. „Die steigende Finanzlücke bis 2025 bedroht die Handlungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung“, so Storm weiter. „Wenn jetzt nicht gehandelt wird, droht den Versicherten schon 2023 der historisch größte Beitragssprung. Die aktuelle IGES-Analyse untermauert die Notwendigkeit eines Kassensturzes nach der Bundestagswahl und dringender Strukturreformen.“
Laut IGES-Analyse steigen die Ausgaben der GKV stärker als die Finanzierungsbasis: „Die Entwicklung der Ausgaben der GKV hat sich von der Entwicklung der Einnahmen entkoppelt und die Finanzreserven der Krankenkassen können dies nicht mehr ausgleichen. Die von uns aufgezeigten Finanzszenarien bis 2025 zeigen auf, mit welchem Finanzierungsbedarf in der gesetzlichen Krankenversicherung in den kommenden Jahren gerechnet werden kann“, so Dr. Martin Albrecht, Geschäftsführer und Bereichsleiter Gesundheitspolitik beim IGES Institut.
IGES-Szenarien: Größter Beitragssprung der GKV-Geschichte droht
Demnach droht laut Basis-Szenario (mittlere Einnahmen- und Ausgabenentwicklung) bereits für das kommende Jahr ein Finanzloch von 8,6 Milliarden Euro. Ohne die sieben Milliarden Euro des kürzlich bewilligten zusätzlichen Bundeszuschusses handelte es sich tatsächlich um ein Defizit von 15,6 Milliarden Euro im Jahr 2022. Dies entspricht einem rechnerischen Zusatzbeitragssatz von 2,29 Prozent. Dies würde schon im nächsten Jahr den größte Beitragssatzanstieg in der Geschichte der gesetzlichen Krankenversicherung bedeuten. Im Jahr 2025 könnte sich der zusätzliche Finanzbedarf laut Basis-Szenario bereits auf 27,3 Milliarden Euro erhöhen. Das käme dem größten Defizit in der GKV-Geschichte gleich und würde einen rechnerischen Zusatzbeitragssatz von 2,87 Prozent erfordern. Der durchschnittliche Beitragssatz läge damit 1,6 Prozentpunkte über dem aktuellen Wert und hätte sich mehr als verdoppelt. Wenn die kommende Bundesregierung die Sozialversicherungsbeiträge nicht über 40 Prozent anwachsen lassen und den Zusatzbeitragssatz bei 1,3 Prozent stabil halten wolle, bestehe dringender Handlungsbedarf, so Storm.
Versicherungsfremde Leistung sollen stärker steuerfinanziert werden
Eine Handlungsempfehlung liefert der DAK-Chef gleich mit und fordert die schrittweise Anhebung der Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen. Dazu zählen unter anderem die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern, Ehepartnern, Rentnern, aber auch das Erziehungs- und Mutterschaftsgeld. In der IGES-Analyse beläuft sich das Finanzierungsvolumen ausgewählter versicherungsfremder Leistungen auf rund 41 Milliarden Euro. Doch der reguläre Bundeszuschuss beträgt ‚nur‘ 14,5 Milliarden Euro.
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DAK-Chef Andreas Storm appelliert an die künftige Bundesregierung, eine Definition versicherungsfremder Leistungen im Sozialgesetzbuch V aufzunehmen. Damit könne die Zuverlässigkeit und Transparenz der mittelfristigen Finanzplanung sowohl der GKV als auch des Bundeshaushalts gestärkt werden. Ähnlich hatte sich auch der Bundesrechnungshof zu Beginn des Jahres geäußert.