Vorgaben des BGH nur im Neugeschäft umgesetzt?
Die BGH-Urteile setzten Sparkassen und Volksbanken aus Sicht der BaFin lediglich in ihren Neuverträgen um: nicht jedoch im Bestand, wo die alten Klauseln einfach weiterhin angewendet wurden. Das Äquivalenzprinzip wurde aus Sicht des Verbraucherschutzes spätestens dann verletzt, als die Banken niedrige Zinsen am Kapitalmarkt zum Nachteil der Sparenden weitergaben: In manchen Fällen sank der variable Zins des jeweiligen Vertrages von mehr als drei Prozent auf 0,001 Prozent.
- BaFin setzt Sparkassen wegen falsch berechneter Zinsen unter Druck
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Der Vorwurf besteht, dass sich die Geldinstitute hierfür bewusst an einem falschen Referenzzins orientiert haben. Statt -wie bei lang laufenden Verträgen vorgesehen- sich auf eine Zeitreihe der Bundesbank zu beziehen, die für langjährige Anlagen gilt und Pfandbriefe mit zehnjähriger Laufzeit erfasst, seien auch kurzfristige Anleihen eingerechnet. Papiere also, die gerade in Zeiten niedriger Zinsen enorm wenig Rendite versprechen, wenn überhaupt. "Hierdurch werden fallende Zinsen schneller an die Sparer weitergegeben“, erklärt Verbraucheranwalt Kai Malte Lippke, der für die Verbraucherzentralen Verträge überprüft hat.
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Und das geht ordentlich ins Geld. Die Verbraucherzentrale Bayern hat anhand tausender Fälle ausgerechnet, dass die Geldhäuser im Schnitt rund 4600 Euro zu wenig zahlten. Einen wichtigen Punktsieg errang die Verbraucherzentrale Sachsen: In einer Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig bestätigte das Oberlandesgericht Dresden, dass Sparerinnen und Sparern Nachzahlungen zustehen: auch wenn Details noch offen blieben. "Je nach Fall stehen Betroffenen Nachzahlungen von einigen Hundert bis im Einzelfall über 40.000 Euro zu", sagt Finanzexpertin Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen gegenüber der "Tagesschau".
Sparkassen sehen sich (noch) nicht in der Pflicht
Die Allgemeinverfügung der BaFin erlaubt den Schluss, dass die Finanzaufsicht das Festhalten an den Zinsanpassungsklauseln für rechtswidrig hält. Die Sparkassen sollen den betroffenen Kundinnen und Kunden nun auch erklären, ob sie zu wenig Zins erhalten haben. Hier haben die Banken zwei Handlungsoptionen: Sie sollen die entstandene Lücke schließen, sprich: fehlenden Zins nachzahlen. Oder individuell geänderte Verträge mit wirksamen Zinsanpassungsklauseln anbieten. Gerade letztere Option nährt beim Verbraucherschutz den Verdacht, dass Kundinnen und Kunden erneut um Zins gebracht werden könnten. Andrea Heyer rät folglich, Vergleichsangebote der Banken von unabhängigen Experten prüfen zu lassen.
Die Sparkassen haben nun vier Wochen die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die Allgemeinverfügung einzulegen. Wovon sie wahrscheinlich Gebrauch machen werden. Es stehe noch ein weiteres BGH-Urteil aus, nach welchen Kriterien Zinsen angepasst werden müssen. "Es ist erstaunlich, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht damit den Gerichten vorgreift", heißt es in einer Stellungnahme des Sparkassen-Dachverbandes. Schlimmstenfalls müssen die Institute Milliarden-Summen nachzahlen: je nachdem, wie hoch die Zahl der betroffenen Verträge ist und wie hoch die Zinskorrektur ausfällt.
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Die Verbraucherschützer haben zudem die Befürchtung, dass die Sparkassen auf Zeit spielen wollen. So würde die Allgemeinverfügung auch gekündigte Verträge betreffen: Hier könnten einige schon bald verjährt sein.
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