An der Argumentationslinie merken Sie bereits, dass es uns bisher wenig um Produktinnovationen ging. Aus gutem Grund. Weniger als ein Drittel unserer Befragten konnte sich unter nachhaltigen Versicherungsprodukten etwas vorstellen. Allerdings haben 56 Kreative (von 190) insgesamt 100 Anregungen und Ideen zu nachhaltigen Versicherungen gegeben. Ganze 15 Rückmeldungen bezogen sich auf Produkte. Weitere 18 thematisierten die Geldanlage bei Versicherungsgesellschaften. Beide Kategorien sind folglich nicht irrelevant. Aber die Bedeutung von Strategie, sozialem Engagement, Risikomanagement und Arbeitsweisen nehmen eine stärkere Position bei den Feedbacks ein. Zusätzlich haben wir in einer qualitativen Analyse aus weiteren 196 Feedbacks mit 835 konkreten Ideen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der UN (Sustainable Development Goals, kurz SDG) durchgeführt. Mittelbar können Versicherungen zu beinahe jeder Idee einen Beitrag leisten. Unmittelbare Nennung von Versicherungsprodukten oder Finanzdienstleistungen: 0, in Worten: null.

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Wie passt jetzt das klare Bekenntnis des GDV-Präsidiums zur Erreichung der SDGs sowie der Pariser Klimaziele dazu? Aus unserer Sicht ist noch viel Luft nach oben. Konkrete Ideen zu schnellen und nachhaltigen Maßnahmen, wie sie im Beschluss des GDV-Präsidiums gefordert werden: Fehlanzeige! Daher haben wir mal einige Themenfelder zur Erreichung der SDG's als konkrete Maßnahmen zusammengestellt (nur für euch, liebes GDV-Präsidium):

  • Transparenzorientiertes Nachhaltigkeitsverständnis auf Produktebene, anhand der drei Säulen der Nachhaltigkeit und/oder eines einheitlichen GDV-Standards
  • eine "SDG-Auskunft" auf Produktebene mit Auswirkungen der Versicherungsbeiträge auf die relevantesten SDGs, insbesondere 6, 13, 14, 15 (Fokus planetare Grenzen),
  • Einen kundenzentrierten Ergebnistyp mit einheitliche, monetär bewertbare Indikatoren, die nachhaltige Abschlussentscheidung erleichtern,
  • Transparenz und Verantwortung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit (analog des Principle 4 PSI) außerhalb unendlich langer CSR-Berichte, bevorzugt auf Produktebene.

Wenn wir die akademische und theoretische Diskussion wieder in die Lebensbereiche der Kunden zurückholen, bleibt folgendes festzuhalten. Im Produktwettbewerb gibt es bisher keine adäquaten Alternativen, die über das Prädikat "ganz nett" hinausgehen. Anders formuliert, die Produkte von Greensurance, grün versichert, ver.de und so weiter fristen (noch) ein Nischendasein. Im Diskurs, was nachhaltig ist und in welchen Lebensbereichen eben dieses Verhalten wichtig ist, werden Ernährung und Mobilität mit der siebenfach Bedeutung ggü. Versicherungen und Finanzdienstleistungen versehen. Das verwundert nicht. So geben bei Mehrfachnennung die Kunden an, dass sie sich nur mit Versicherungen beschäftigen, wenn sie es zwingend müssen. Für die Befragten sind in neun von zehn Fällen Pflichtversicherungen und in mehr als sieben von zehn Fällen der eindringliche elterliche Rat der Anlass, das Thema Versicherung auf die to-do-list zu nehmen. Der Impact und die gesamtwirtschaftliche Relevanz der 1.7 Billionen € Kapitalanlage (entspricht ungefähr dem Bruttoinlandsprodukt von Kanada) und der 53 Mrd. € Leistungen in der Schaden- und Unfallversicherung (entspricht ungefähr dem Bruttoinlandsprodukt von Bulgarien) in 2019 scheinen nur am Rande im Bewusstsein der Kunden (5). Hier besteht für die Versicherungswirtschaft wahnsinniges Potenzial.

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