Ein Versicherungsmakler hat auch dann Anspruch, weiterhin Bestandspflegecourtage von einem Versicherer zu erhalten, wenn der Anbieter die Courtagezusage bereits beendet hat. Dies hat das Landgericht Hamburg (LG) mit einem aktuellen Urteil entschieden. Auf den Richterspruch macht aktuell Rechtsanwalt Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte aus Hamburg aufmerksam (Urteil vom 05.09.2005, Az.: 415 O 53/05)

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Versicherer beklagte zu wenig Neugeschäft

Im konkreten Rechtsstreit hatte der Versicherer mit einer Makler GmbH im Jahr 1996 eine „Courtagezusage“ getroffen, wobei der Makler als selbstständiger Handelsmakler gemäß §§ 93 ff des Handelsgesetzbuches (HGB) agierte. Hierfür wurde eine aktuelle Bestandsliste angefügt und über Zusatzvereinbarungen geregelt, welche Vermittlungs-, Folge- und Bestandspflegecourtage gezahlt wird.

Im Jahr 2000 kam es dann wegen eines Gesellschafterwechsels zu einer erneuten Vereinbarung, das Unternehmen agierte jetzt als GbR. Unter einer zweiten Firma vermittelten die Gesellschafter weiteres Neugeschäft für den Versicherer. Der Versicherer wollte diese eingesammelten Neuverträge jedoch nicht dem klagenden Maklerbüro zurechnen und zeigte sich unzufrieden mit der Zahl der vermittelten Verträge.

2004 kündigte der Versicherer die bestehenden Vertragsverhältnisse. Zur Begründung hieß es: "... Da offensichtlich keine Möglichkeit besteht, daß Sie uns mit einer regelmäßigen ausreichenden Produktion bedienen können, kündigen wir hiermit den bestehenden Vertrag zum 31.10.2004.“ Letztmalig rechnete der Versicherer gegenüber der Klägerin zum 03.01.2005 ab. Auch die Bestandscourtage für die nach wie vor gehaltenen Verträge wollte der Versicherer daraufhin nicht mehr zahlen.

Versicherungsmakler nicht im Lager des Versicherers

Das Maklerbüro klagte daraufhin gegen den Versicherer und forderte die nicht gezahlte Bestandscourtage ein. Das Landgericht Hamburg bestätigte, dass der Anbieter weiterhin für die vermittelten und gehaltenen Verträge zahlen muss: auch nach Beendigung der Courtagezusage: so lange, bis der Versicherungsnehmer den Versicherungsmakler wechselt oder aber der vermittelte Versicherungsvertrag endet.

“Durch ihre Kündigung vom 02.04.2004 konnte sich die Beklagte dieser Pflicht nicht einseitig entziehen. Die Frage, wer die Versicherungsverträge künftig betreut, steht nämlich außerhalb ihrer Rechtsmacht“, schreibt das Landgericht. So prallte der Versicherer auch mit dem Argument ab, er habe sich entschieden der Klägerin "die Bestände nicht zu überlassen“.

Das ergibt sich aus dem Status des Versicherungsmaklers als treuhändischer Sachverhalter seiner Kunden. Es sei zu beachten, „dass der Makler die Bestandspflege nicht im Auftrag und im Interesse des Versicherers erbringt, sondern dem Versicherungsnehmer zur Betreuung verpflichtet ist“, schreibt das Landgericht. Zwar stehe es dem Versicherer frei, vermittelte Verträge eines Maklers nicht abzuschließen. Hat der Versicherer die Verträge aber bereits angenommen, sei er - kraft Handelsbrauch allein - verpflichtet, die Abschlussvergütung zu zahlen und bei entsprechender vertraglicher Gestaltung auch das Bestandspflegegeld.

Rechtsanwalt Jens Reichow weist darauf hin, dass das Urteil im Einklang mit anderen gerichtlichen Entscheidungen steht. So entschied das Oberlandesgericht Köln (OLG) im Umkehrschluss, dass einem Versicherungsmakler kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB zustehe. Einen solchen finanziellen Ausgleich für entgangene Bestände nach Kündigung können nur Vertreter verlangen: eben, weil sie im Lager des Versicherers stehen, der Makler hingegen im Makler des Kunden.

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"Da der Versicherungsmakler also anders als ein Handelsvertreter keine Kompensation für Provisionsverluste in Form eines Ausgleichsanspruches verlangen kann, ist es daher nur folgerichtig, wenn man dem Versicherungsmakler einen Courtageanspruch auch über die Beendigung der Courtagezusage hinaus zubilligt, so wie dies das LG Hamburg entschied", schreibt Reichow.