Beratungspflicht des Versicherers bei erkennbarem Beratungsbedarf des Versicherungsnehmers
Weil Versicherer nämlich nach § 6 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zur Beratung verpflichtet sind, wenn Versicherte diese erkennbar benötigen, lag in der nicht weiter erläuterten Freigabe eine Verletzung dieser Beratungspflicht vor. Daher läge darin stattdessen eine Beweisvereitelung durch den Versicherer. Folge ist dann allerdings auch nicht, dass der Beweis durch den Versicherungsnehmer für jedweden behaupteten Schaden als erbracht anzusehen ist. Der eigentlich dem Versicherungsnehmer obliegende volle Schadensbeweis allerdings war diesem nicht mehr zumutbar. Sonst könne sich jeder Versicherer durch eine fehlerhafte Beratung bei Freigabe seiner Pflicht zur Versicherungsleistung entziehen.
- Schadenregulierung: ‚Freigabe‘ ist noch keine Kostenübernahme
- Beratungspflicht des Versicherers bei erkennbarem Beratungsbedarf des Versicherungsnehmers
Keine Beweisvereitelung bei Möglichkeit der Beweissicherung durch selbständiges Beweisverfahren
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 226/13) entschied, daß im Falle einer durch die Gegenseite vereitelten Beweisführung, eine Beweisaufnahme nicht gänzlich unterbleiben kann. Vielmehr sind zunächst die (ggf. ergänzend) angebotenen Beweise der beweispflichtigen Partei zu erheben. „Stehen solche Beweise nicht zur Verfügung oder bleibt die beweisbelastete Partei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beweisfällig, ist eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen und den Beweisangeboten des Prozessgegners nachzugehen.“
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Der Schadensregulierer des Versicherers als potentielle Falle für den Versicherungskunden?
Versicherungsgesellschaften schalten (auch freiberuflich tätige) Schadensregulierer ein. Deren Ziel kann darin bestehen, die Entschädigung des Versicherungskunden in Grenzen zu halten – im Zweifel vielleicht verbunden mit einer Erfolgsprovision bezogen auf die Ersparnis des Versicherers. Beim Einsatz von Agenten zur Schadenregulierung kann dies auch durch dessen gutgemeinte Botschaft erreicht werden, dass der Versicherer die Freigabe erklärt hat.
Vorbeugend können Versicherte sich durch einen selbst beauftragten Privatgutachter unterstützen lassen – wobei dessen Kosten am Ende möglicherweise den Schaden nur zunächst erhöht. Eine von manchen Versicherern empfohlene eigene genaue Bilddokumentation des Schadens und aller geschädigten Gegenstände ist angesichts der Möglichkeiten moderner Bildbearbeitungssoftware von zweifelhaftem Wert – Zeugen helfen, soweit sie sich dann auch erinnern können.
Chance für Versicherer, sich erheblichen Aufwand bei der Schadensregulierung zu ersparen
Erfolgreich aber können Versicherer bei Kunden von Versicherungsmaklern lediglich die Freigabe erklären und diesem die Beratung überlassen. Wenn der Maklerkunde dann mit der Schadenbeseitigung beginnt, kann sich der deshalb nicht selbst zur Beratung verpflichtete Versicherer stets wirksam auf dessen Beweisvereitelung berufen und so Leistungen verweigern, soweit der Geschädigte nun den Schaden nicht mehr beweisen kann. Die Maklerhaftung wegen der dafür ursächlichen fehlerhaften Beratung allerdings geht dann mangels beweisbarem Schaden ebenso ins Leere.
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*von Dr. Johannes Fiala, PhD, RA, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ.), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www. fiala.de)
und
Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik, Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).
- Schadenregulierung: ‚Freigabe‘ ist noch keine Kostenübernahme
- Beratungspflicht des Versicherers bei erkennbarem Beratungsbedarf des Versicherungsnehmers