Vermittler kassieren noch immer viele Boni
Die Abhängigkeit der Vermittler von erfolgsabhängigen Sondervergütungen bleibt hoch. Die zeigt die aktuelle BVK-Strukturanalyse 2020/21. Rund 89 Prozent der Ausschließlichkeitsvertreter und 59 Prozent der Mehrfachvertreter erhalten solche Bonifikationen: bei den Maklern sind es immer noch 13 Prozent. Der Verband warnt vor Interessenkonflikten: Manche Vermittlerbüros wären ohne die Boni nicht überlebensfähig.
Viele Vermittler hängen noch immer am Tropf erfolgsabhängiger Zusatzvergütungen. Das zeigt die jüngste BVK-Strukturanalyse 2020/21, die Vertriebsexperte Matthias Beenken und BKV-Vize Andreas Vollmer in der aktuellen Ausgabe des Verbandsmagazins VersicherungsVermittlung vorstellen. 89 Prozent der befragten Exklusivvertreter und 59 Prozent der Mehrfachvertreter gaben in der Umfrage an, solche Boni zu erhalten. Bei den Versicherungsmaklern -eigentlich als Sachverwalter dem Kunden verpflichtet- sind es immer noch 13 Prozent.
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Interessenkonflikt: Quantität statt Qualität?
Das Problem solcher Boni: Es sind Extras, die allein an quantitative Vorgaben für den Verkaufserfolg geknüpft sind. Nicht die Qualität der Beratung gegenüber dem Kunden zählt also: sondern zum Beispiel, dass man viele Verträge an den Mann bzw. die Frau bringt. So zahlen manche Versicherer Boni erst aus, wenn ein bestimmter Schwellenwert beim Produktvolumen erreicht ist. Erfolgsabhängige Extras können folglich einen Fehlanreiz bieten, Kunden einen Vertrag aufzuschwatzen, obwohl er eigentlich unpassend ist: nur, um sich die Boni nicht entgehen zu lassen.
Das ist auch der Grund, weshalb die Europäische Union dem Treiben Einhalt gebieten wollte: und mit Blick auf erfolgsabhängige Extrazahlungen strengere Vorgaben machte. Nach § 48a Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) dürfen Versicherer weder für ihre Angestellten noch die Vermittler Anreize schaffen, die mit der Pflicht kollidieren, im „bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln“. Zum Beispiel Anreize, „einem Kunden ein bestimmtes Versicherungsprodukt zu empfehlen, obwohl sie ein anderes, den Bedürfnissen des Kunden besser entsprechendes Versicherungsprodukt anbieten könnten.“
Boni könnten folglich gegen IDD-Vorgaben verstoßen: eben jene Vorgaben, die Interessenkonflikte der Vermittler zum Nachteil der Kunden vermeiden sollen. Vor allem für Versicherungsanlageprodukte schreibe eine Delegierte Verordnung der EU strenge Vorgaben vor, berichten die beiden Autoren. Demnach seien zum Beispiel Anreize verboten, die eben vom Erreichen bestimmter Schwellenwerte abhängig seien: Das sei bei Boni typischerweise der Fall. Doch diese Vorgaben seien auch auf andere Versicherungen übertragbar: etwa bei der Einkommensabsicherung, wenn ein Versicherer bestimmte Produkte gezielt fördern will, andere hingegen nicht.
Vertreter: Jeder zehnte Euro aus Bonifikationen
Blickt man darauf, wie hoch der Anteil der Boni am Gesamtumsatz ist, lässt sich feststellen: Dieser ist nicht zu unterschätzen. Im Schnitt zehn Prozent der Gesamteinnahmen stammen bei Exklusivvertretern aus Boni, bei Maklern und Mehrfachvertretern sind es rund fünf Prozent. „Würden sie ersatzlos gestrichen, hätte das einen empfindlichen Einbruch der Gewinne der Betroffenen zur Folge. Allein das zeigt, dass erfolgsabhängige Vergütungen immer noch Abhängigkeiten schaffen können, die es erschweren, stets im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln, womit der Gesetzesanspruch des VAG unterlaufen wird“, schreiben Beenken und Vollmer.
Gestiegen sei sogar der Anteil der Vertreter, bei denen Boni mehr als 30 Prozent Umsatzanteil an den Gesamteinnahmen ausmachen: auf sechs Prozent der Befragten. Diese würden praktisch nur über Sondervergütungen ihren Lebensunterhalt bestreiten können, da die durchschnittliche Umsatzrendite der Ausschließlichkeit bei rund 39 Prozent liege, bemängeln die Autoren. Weitere rund 10,8 Prozent der Agenturen erzielen einen Boni-Umsatzanteil von über 20 bis 30 Prozent.
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Der BVK fordere bereits seit 2018 ein Ende für Boni, die nicht IDD-konform sind, heißt es im Artikel. Stattdessen solle ein Ausgleich über Abschluss- und Betreuungsleistungen geschaffen werden.