Die verheerenden Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen Mitte Juli haben erneut gezeigt, dass Hochwasser-Gefahren auch in Deutschland ernst zu nehmen sind. Und eine Debatte darüber ausgelöst, wie sich die Bevölkerung besser vor solchen Gefahren schützen kann. Die Versicherungswirtschaft drängt hierbei auf mehr Prävention. Also die Frage, was man bereits im Vorfeld tun kann, damit überhaupt nicht erst derart immense Schäden und so großes Leid entstehen.

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Auf der Webseite des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat der Verband nun ein Interview mit Gabriele Stich veröffentlicht, Geschäfts­füh­re­rin des Bil­dungs- und Demons­tra­ti­ons­zen­trums Dezen­trale Infra­struk­tur BDZ. Der Verband mit dem sperrigen Namen widmet sich dem Thema Abwasser, klärt aber auch die Bürger zur Hochwassereigenvorsorge und zu Schutzmöglichkeiten auf: begleitet von der Wissenschaft. Die These von Stich zum Thema Hochwasserschutz lässt aufhorchen: „Mit guter Eigen­vor­sorge las­sen sich 80 Pro­zent der Schä­den ver­mei­den“, sagt sie.

Risiken kennen, Schwachstellen identifizieren

Im Interview rät die Expertin Hausbesitzern zunächst dazu, sich zu informieren, wie stark die eigene Immobilie Risiken von Hochwasser und Starkregen ausgesetzt ist. Hierfür gebe es in vielen Städten Gefahrenkarten, die zeigen, wie sich ein Flusshochwasser oder Starkregen vor Ort ausbreiten kann. Wobei auch das nur ein erster Schritt ist. Der Versicherer-Dachverband betont selbst, dass Starkregen überall in der Bundesrepublik auftreten könne: auch da, wo er zuvor keine Schäden anrichtete.

Ein zweiter Schritt bestehe darin, die Schwachstellen am eigenen Haus zu identifizieren. „Gefahren lauern überall dort, wo Wasser ins Haus eintreten kann: Türen, Fenster, Keller oder auch das Dach. Und für jede Schwachstelle gibt es verschiedene Schutzmaßnahmen“, sagt Stich. Das Eindringen von Wasser durch die Kanalisation ließe sich durch eine Rückstauklappe verhindern, zudem seien für den Keller, die Garage oder das Souterrain hochwassersichere Fenster und Türen erhältlich. Dämmbalken für Fenster und Türen sowie Schottsysteme -Brandschutz für Kabel und Elektrik- seien zudem kostengünstig einzubauen. Sie empfiehlt, dass Heizung und Elektrokasten nicht im Keller verbaut werden sollten, sondern in höheren Etagen.

Um das Hochwasserrisiko der eigenen Immobilie zu bewerten, stellt der BDZ einen Hochwasservorsorgeausweis aus. Hierfür kommt ein Fachmann bzw. eine Fachfrau ins Haus, um Schwachstellen zu identifizieren und zu schauen, was man vor Ort verbessern kann. Das umfasse verschiedene Risiken, berichtet Stich: etwa Flusshochwasser, die Gefahr eines Grundwasser-Anstiegs oder von Kanalstau. Auch die Nutzung und Statik des Gebäudes werden einbezogen.

Besser nicht in bedrohten Regionen bauen

Doch auch diese Vorsorgemaßnahmen haben Grenzen. „Wenn das Wasser sehr hoch steht, helfen natürlich auch keine Schottsysteme und wasserdichten Fenster mehr. Wenn die Statik des Gebäudes angegriffen ist, bleibt am Ende vielleicht nur der Abriss“, sagt Stich. Entsprechend ihre Forderung: Es sei besser, in besonders hochwassergefährdeten Regionen erst gar nicht neu zu bauen.

Die Verantwortung für Hochwasserschutz sieht die Leipzigerin nicht allein bei den Behörden und Kommunen. „Nach wie vor denken viele, Hochwasserschutz sei allein Sache der öffentlichen Hand. Doch das ist ein Irrglaube: Jeder, der von Überflutungen betroffen sein könnte, ist verpflichtet, sein Grundstück zu schützen“, sagt sie. Dennoch müssten Städte und Länder den Hochwasserschutz neu denken, da infolge des Klimawandels verstärkt mit derartigen Ereignissen zu rechnen sei. Etwa, indem Flüssen wieder mehr Raum gegeben wird, Flächen entsiegelt und begrünt. Sie wünsche sich zudem bundesweite Förderprogramme für Hochwasservorsorge. Das gesamte Interview ist auf der Webseite des GDV zu lesen.

Debatte über Elementarschaden-Pflichtversicherung

Die Flutkatastrophe im Juli hat die Debatte über eine Elementarschaden-Versicherungspflicht in Deutschland neu entfacht. Denn nur eine Elementarschadenversicherung zahlt, wenn Naturgefahren wie Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben, Erdsenkung oder Erdrutsch, Schneedruck und Lawinen das Haus beschädigen. Vorbild hierfür sind Staaten wie Frankreich und die Schweiz, wo solche Policen bereits obligatorisch sind.

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Mehrere Politikerinnen und Politiker haben sich vor der Bundestagswahl positioniert, dass sie sich eine solche Versicherungspflicht vorstellen können: unter anderem SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und FDP-Chef Christian Lindner. Auch die Verbraucherzentralen würden sie begrüßen. Die Versicherungswirtschaft lehnt bisher eine Versicherungspflicht ab und begründet dies damit, sie schaffe Fehlanreize, in besonders gefährdeten Regionen trotz der Hochwasserrisiken zu bauen.