Das Allianz Zentrum für Technik (AZT) ist das Prüflabor des Münchener Versicherungs-Riesen: und seine Erkenntnisse fließen wesentlich in die Kosten-Kalkulation der deutschen Versicherer ein. Deshalb lohnt ein Blick, was die Ingenieure und Prüfer auf ihrem Autotag zu berichten haben. Neue Entwicklungen auf den deutschen Straßen werden dort bewertet und Konsequenzen für die Zukunft der Kfz-Tarife diskutiert. Ein Schwerpunkt am 22. September war die E-Mobilität.

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Immer mehr Elektroautos auf deutschen Straßen

Zu Beginn nennt die Allianz in einem Pressetext Zahlen: Und die zeigen, dass der Trend zum E-Auto sich langsam durchsetzt. Im Juli 2021 wurden in Deutschland 40 Prozent weniger Benziner als im Juli 2020 neu zugelassen; beim Diesel betrug das Minus 48 Prozent. Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride liegen mit mehr als 50 Prozent im Plus. Mittlerweile entfallen auf diese Fahrzeuge ein Viertel aller Neuzulassungen.

Doch was bedeutet dies für die Versicherungsbranche? Hierzu hat das Forschungslabor eine Studie vorgelegt. Eine wichtige Erkenntnis: Im Schadengeschehen unterscheiden sich E-Autos nicht grundsätzlich von „herkömmlichen“ Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Aber bei der Reparatur nach Unfällen gibt es Unterschiede, die sich aus den Normen oder Herstellervorgaben für die Reparatur von Elektrofahrzeugen ergeben würden.

„Elektroautos unterscheiden sich äußerlich kaum noch von Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben. Aber sie sind aufgrund der Batterie schwerer und meist auch steifer. Die Batterie muss gegen Beschädigung beim Unfall bestmöglich geschützt werden. Deshalb sind Elektroautos unter dem Blech anders aufgebaut als Fahrzeuge mit konventionellen Antrieben“, erklärte Carsten Reinkemeyer, Leiter Sicherheitsforschung im AZT.

Doch die Reparatur wird schnell teuer: und das liegt an den Batterien. Wird der Airbag ausgelöst, so muss die Batterie zwingend entsorgt werden, so schreiben das die Hersteller vor. Das bedeutet: Totalschaden. Auch könne ein vom Marder angebissenes Hochvolt-Kabel heute nicht repariert werden. Ein neuer Kabelsatz koste aber rund 7.000 Euro, berichten die Experten. Einige Hersteller würden jedoch auch Schutz-Ummantelungen verwenden, die getauscht werden könnten. Kostenersparnis: 97 Prozent.

Eine weitere Erkenntnis: Es können den Fahrzeughaltern teure Folgeschäden entstehen. Ein Stromer könne nur in Werkstätten repariert werden, die eine Qualifikation für „eigensichere HV-Fahrzeuge“ ausweise. Bei einem kleinen, aber teuren Teil der Schäden sei die Eigensicherheit der Fahrzeuge nicht mehr gegeben, dann reiche auch die Qualifikation der Werkstätten nicht aus. Deshalb dauern diese Reparaturen oft länger, da Fachkräfte hinzugezogen werden müssen. „Das entspricht nicht unserem Anspruch an die Kundenzufriedenheit. Hier müssen die Hersteller standardisierte Lösungen schaffen“, fordert Reinkemeyer. Ein weiterer Punkt, der Kosten erzeugt: Nach Unfällen ist die Autobatterie oft noch geladen, was zusätzliche Maßnahmen zum Brandschutz erforderlich mache.

Typklassen-Einstufung funktioniert

Die komplexen Reparaturen könnten vermuten lassen, dass es bei der Einstufung der Typklassen Probleme gibt: Jene Tarifmerkmale von Kfz-Versicherungen, wo das jeweilige Automodell nach Schadenkosten ausgewertet wird. Doch hier gibt die Allianz Entwarnung. „Wir können durch die Untersuchung belegen, dass die Versicherungs-Ersteinstufung, die primär auf der Ermittlung der Reparaturkosten beruht, für Elektrofahrzeuge gleichermaßen wie für Fahrzeuge mit herkömmlichen Antrieben zu einer korrekten Typklasse führt“, sagt Reinkemeyer. Wie günstig oder teuer ein Fahrzeug eingestuft werde, hänge stark von den Reparaturkosten ab.

Elektrofahrzeuge würden hierbei eher den Benzinern ähneln, Hybrids eher den Dieselautos. Weil die Autos unterschiedlich genutzt werden: Rein elektrische Antriebe werden bislang primär im urbanen Umfeld benutzt, analog zum Benzin-Antrieb. Die Plug-in-Hybride werden häufig in größeren und langstreckentauglichen Modellen eingesetzt.

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Zuletzt hat die Allianz noch eine gute Nachricht: Von den Elektroautos gehe keine erhöhte Brandgefahr aus, zumindest, was die Häufigkeit betrifft. 15.000 PKW-Brände würden jährlich in Deutschland gemeldet. Der Anteil von Elektroautos liege bei circa einem Prozent.