Der Ansatz der Geringverdienerförderung ist sicherlich zu begrüßen. Die Anreizschwellen sind unseres Erachtens aber noch zu gering. Darüber hinaus muss auch dieses Thema beraten werden und kann momentan auf Grund der fehlenden finanziellen Anreize (Verteilung der Abschlusskosten auf den gesamten Zahlungszeitraum) im Prinzip nur von Honorarberatern angeboten werden. Hier fehlen auch Produktansätze der Versicherer, die normale Beitragszahlung gemäß § 3 Nr. 63 EStG und Geringverdienerförderung in einem Vertrag zulassen. Dies würde das Thema für die Finanzdienstleister attraktiver machen.

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Neu sind aber auch Auskunftspflichten im § 4 a BetrAVG. Wie haben sich die in der Praxis bewährt?

Neu sind ja die Informationspflichten im § 4a BetrAVG nicht, sie wurden nur mit der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie erheblich erweitert. Wir sehen in der Praxis, dass dieses Thema bei vielen Arbeitgebern noch nicht angekommen ist. Vielfach werden einfach vorgelegte Anträge und Entgeltumwandlungsvereinbarungen durch den Arbeitgeber unterschrieben ohne richtige und umfassende Aufklärung der Arbeitnehmer. Es herrscht die Meinung vor, dass eine Entgeltumwandlung eine Sache des Arbeitnehmers ist. Versorgungsordnungen gibt es nur in einem Bruchteil von Unternehmen, hier liegt noch viel Arbeit vor uns. Wenn hier die Arbeitgeber zukünftig nicht umfassend aufgeklärt werden, sehen wir eine Vielzahl von Klagen zukünftiger Leistungsempfänger.

Zum 01.01.2022 haben auch Bestandsverträge in der Entgeltumwandlung Anspruch auf 15 Prozent der Sozialabgaben-Ersparnis. Ist die Branche darauf vorbereitet?

Wenn Sie mit Branche die Versicherungswirtschaft meinen, würde ich das verneinen, ebenso schlafen hier viele Versicherungsvermittler noch. Wer früher mal einen Versicherungsvertrag im Zusammenhang mit einer Entgeltumwandlung vermittelt hat, sollte den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass ab dem 01.01.2022 der verpflichtende Zuschuss gezahlt werden muss. Der Arbeitgeber wird sich bei einer Nachforderung eines ausscheidenden Arbeitnehmers im Zweifelsfall zuerst an den Vermittler des Vertrages wenden. Leider ist das Thema auch ziemlich komplex geworden durch den Umstand, dass in vielen Verträgen eine Erhöhung des Beitrages aus den unterschiedlichsten Gründen nicht möglich ist und man daher nach alternativen Lösungen suchen muss. Dies kostet Zeit und Arbeit, die kaum jemand bereit ist, zu investieren. Wir als Rechtsberater haben es hier etwas leichter, wir bieten dem Arbeitgeber gegen Honorar das Fullservice-Paket für alle seine Bestandverträge an. Eine Nichtzahlung des Zuschusses oder eine Erhöhung des Bruttos des Arbeitnehmers um den Zuschuss-Betrag ist im Übrigen keine Alternative, da es sich um einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers handelt und der Gesetzgeber genau beschrieben hat, wo der Zuschuss hinzufließen hat.

Herr Rehfeldt, was würden Sie sich von Vermittlern bei betrieblicher Vorsorge wünschen? Oder gibt es einen Rat, den Sie gern jedem Vermittler mit auf den Weg geben würden?

Wir wünschen uns von den Vermittlern der Produkte im Bereich der betrieblichen Vorsorge die Konzentration auf deren Kerngeschäft, nämlich die Vermittlung des Vertrages zur Ausfinanzierung der Zusage. Für alle anderen Punkte sollte ein qualifizierter Rechtsberater herangezogen werden, der gemeinsam mit dem Vermittler für eine rechtskonforme Umsetzung der bAV im Unternehmen sorgt. Dazu gehört ein fundiertes Fachwissen des Vermittlers, das nur in einem ordentlichen Zertifizierungslehrgang erworben werden kann. Ich würde auch jedem Vermittler raten, immer das Thema unerlaubte Rechtsberatung im Auge zu behalten. Die Grenzen zwischen Vermittlung und Rechtsberatung sind im Bereich der bAV fließend. Im Zweifelsfall leistet die VSH des Vermittlers wegen unerlaubter Rechtsberatung nicht – und wir sprechen in der bAV über nicht unerhebliche Schäden, die entstehen können.

Mit Blick auf die Bundestagswahl: Welche Hoffnungen verbinden Sie damit? Vielleicht begrenzen wir es aber auf Altersvorsorge.

Wir hoffen als Rentenberater natürlich erst einmal auf eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach wie vor für viele Menschen in Deutschland ein Grundversorgung darstellt. Darüber hinaus sollte der Weg der Stärkung der betrieblichen Altersversorgung als der wichtigsten Ergänzung zur gesetzlichen Altersversorgung weiter geführt werden. Stichworte sind hier reine Beitragszusage in allen Durchführungswegen auch außerhalb des Sozialpartnermodells, weitere Entlastung hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge in der Leistungsphase, einfachere Umsetzung von Opting-Out-Modellen. Wir wissen alle, dass ein Obligatorium zur bAV wie in vielen unserer Nachbarländer ein Weg zur langfristigen Vermeidung von Altersarmut sein kann. Ob es allerdings für die Marktteilnehmer die beste Lösung wäre, darf doch bezweifelt werden.

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Hinweis: Der Text erschien zuerst im Versicherungsbote-Sonderheft Altersvorsorge.

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