Berufsunfähigkeitsversicherung: Höhere Beiträge für 2022 erwartet
Ab 1. Januar 2022 ist mit steigenden Prämien für Neuverträge in der Berufsunfähigkeitsversicherung zu rechnen. Ursache ist die Absenkung des Höchstrechnungszinses in der Lebensversicherung. Das erschwert es auch, die notwendigen Rücklagen für den Leistungsfall aufzubauen. Die Versicherer rechnen mit Beitragssprüngen von bis zu zehn Prozent.
Zum 1. Januar 2022 sinkt der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung von 0,9 Prozent auf dann 0,25 Prozent: so hat es der Bundestag im April beschlossen. Das hat auch Auswirkungen auf die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Wie die Alte Leipziger/Hallesche aktuell informiert, wirkt sich der niedrigere Zins auf die Kalkulation der BU-Beiträge aus – sie werden steigen.
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Aus diesem Grund rät der Versicherer auf seiner Webseite dazu, noch in diesem Jahr einen Neuvertrag abzuschließen, falls Kundinnen und Kunden noch keinen solchen Schutz haben. Denn von den Preisanstiegen werden vor allem neue Policen betroffen sein. Aktuell sind die Tarife in der Regel noch mit dem alten Rechnungszins kalkuliert. Aber: „Viele Marktteilnehmer nehmen die Rechnungszinsabsenkung zum Anlass, sich preislich neu zu positionieren“, warnt auch die Ergo.
Preissteigerungen von bis zu zehn Prozent erwartet
Die Ursache für die Beitragssteigerung liegt darin, dass die Versicherer für den Fall der Berufsunfähigkeit ein Finanzpolster in Höhe der voraussichtlichen Leistungen aufbauen. Dieser Kapitalstock wird stark vereinfacht mit dem Höchstrechnungszins verzinst – je niedriger die Verzinsung, desto höher muss der Beitrag sein, um die entsprechenden Rücklagen zu bilden.
Denn der gesetzlich vorgeschriebene Höchstrechnungszins muss auch bei der internen Kalkulation der Prämien berücksichtigt werden. Er soll verhindern, dass die Versicherer ihren Beitrag zu niedrig ansetzen, um später alle Zusagen an die Kundinnen und Kunden bedienen zu können. Höhere Prämien sind nicht die einzige Reaktions-Möglichkeit der Versicherer auf die Zinsabsenkung. Gekürzte Leistungen bei Neutarifen und Anpassungen bei der Berufseinordnung könnten ebenso Folgen sein.
Dass die Prämien für BU-Neutarife 2022 steigen werden, ist keine neue Erkenntnis. Bereits eine Umfrage des Versicherungsjournals hatte im Mai ergeben, dass die Versicherer selbst mit deutlich höheren Preisen für den Schutz rechnen. „Fast 80 Prozent der befragten Lebensversicherer, die schon eine Einschätzung zur HRZ-Senkung geben wollten, gehen davon aus, dass die Beiträge in der BU steigen“, schrieb das Magazin. Geantwortet hatten 31 Lebensversicherer. Die Anbieter erwarten Prämiensprünge zwischen sechs und zehn Prozent.
Unterschied zwischen Netto- und Bruttobeitrag beachten
Der Prämienanstieg könnte vor allem die Bruttobeiträge treffen, berichtete das Versicherungsjournal weiter. Stark vereinfacht gibt der Bruttobeitrag an, auf welche Höhe ein Versicherer die Prämie während der Vertragslaufzeit maximal anheben darf. Denn der Beitrag wird unter anderem reduziert durch die Überschüsse, die ein Versicherer über die eigentliche Kalkulation hinaus erwirtschaftet: etwa durch seine Investments oder Einsparungen bei den Verwaltungskosten.
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Hier gilt es, bereits bei Abschluss des Vertrages auf den Unterschied von Nettobeitrag und Bruttobeitrag zu achten. Den Nettobeitrag zahlt der Kunde meist ab Beginn seines Vertrags. Manche Versicherer setzen ihn sehr niedrig an: So sollen die Kunden mit niedrigen Prämien angelockt werden. Doch dieser günstige Beitrag ist dem Kunden keineswegs garantiert. Entwickeln sich die Überschüsse ungünstig wie im jetzigen Niedrigzins-Umfeld oder hat der Versicherer schlecht kalkuliert, kann die Prämie bis auf den rechtlich möglichen Bruttobeitrag steigen. Dieser Spread ist ein Kostenrisiko: Prämiensprünge von bis zu 40 Prozent des Zahlbeitrages sorgten in der Branche wiederholt für Debatten - und Unmut bei den Versicherten.