Innovationstätigkeiten deutscher Versicherer: Ökosysteme
Veränderte Kundenwünsche, neue Wettbewerber, der „War for Talents“ und der technologische Wandel sind nur einige Beispiele, die Unternehmen momentan umtreiben. Davon nicht ausgenommen sind Versicherungsunternehmen, die diesen Herausforderungen mithilfe von Innovationen begegnen und so neue Lösungen vorantreiben. In diesem und den folgenden Beiträgen geben wir einen Überblick über die Innovationstätigkeiten deutscher Versicherungsunternehmen, die im Rahmen der Trendstudie „Innovationsbarometer“ von V.E.R.S. Leipzig durchleuchtet wurden. Teil 5: Ökosysteme.
- Innovationstätigkeiten deutscher Versicherer: Ökosysteme
- Weitere Ökosysteme folgen
Versicherer stehen gegenwärtig vor unterschiedlichen Herausforderungen, die ein Umdenken des eigenen Geschäftsmodells erforderlich machen. So schaffen
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- die Digitalisierung,
- veränderte Kundenerwartungen (hohe Erwartungen der Generationen Y und Z und die Individualisierung der Kundenbeziehungen) sowie
- der Konsolidierungstrend durch Marktaustritte und neue Anbieter
ein völlig neues Marktumfeld. Der Anpassungs- sowie Innovationsdruck verstärkt sich dadurch erheblich und zwingt Versicherer zur Weiterentwicklung und Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells.
Versicherer schaffen intelligente Ökosystemangebote
Es bedarf einer stärkeren Kundenzentrierung: „Lösungen statt Produkte“ ist das Gebot der Stunde, die Geschäftsmodelle werden datenbasierter und Branchengrenzen verschwimmen mehr und mehr. Der Trend zur Plattformökonomie als Antwort auf diese Entwicklungen ist deutlich erkennbar und hat weitreichende Konsequenzen für die Branche. Mit Cross-Industry-Netzwerken wird unternehmensübergreifend ein gemeinsames Ziel verfolgt, das durch das Zusammenspiel der einzelnen Akteure besser erreicht werden kann als alleine. Sowohl Wettbewerber als auch Unternehmen, die sich bislang keinen Markt geteilt haben, schlagen gemeinsame Wege ein, die jedem Akteur individuelle Vorteile bringen. Versicherer haben mehrere Möglichkeiten sich in ein Ökosystem einzufügen bzw. dieses aufzubauen. Sie können sowohl als Zulieferer, aber auch als Orchestrator agieren und verschiedene Potenziale nutzen. Dabei kann das Ökosystem als geschlossenes und auch offenes System betrieben werden.
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Ökosysteme in der Lebenswelt Gesundheit
In der Studie „Das Innovationsbarometer“ wurden verschiedene Formen von Ökosystemen bei den größten deutschen Versicherern analysiert und ausgewertet. Dabei beobachten wir nicht nur Zusammenschlüsse, bei denen Versicherer als Zulieferer agieren, wie bspw. bei der elektronischen Gesundheitsakte „Vivy“, die als digitaler Gesundheitsassistent dient. Es werden auch selbst Ökosysteme aufgebaut, um die klassischen Versicherungsprodukte zu erweitern und den Trend zu ganzheitlichen Lösungen zu folgen. Vor allem im Bereich Gesundheit ist dies zu beobachten: Die R+V, Debeka pro Gesundheit, AXAs Gesundheitsservice 360°, die Signal Iduna Gesundheitswelt oder die hallesche4u-App sind nur einige Beispiele, bei denen erste Ansätze zu sehen sind.
Weitere Ökosysteme folgen
Das klassische Krankenversicherungsprodukt wird um Leistungen rund um die Gesundheit erweitert und kann dem Kunden somit mehr als die reine finanzielle Absicherung anbieten. Mittels Kooperationen mit Unternehmen aus der Gesundheitsbranche, wie beispielsweise Tinnitracks, eine App für Tinnitus-Patienten, Bonmedi, ein Krankenhaus-Vergleichsportal, oder mySugr, eine Diabetes-Management-App, sowie durch die Gründung eigener Start-ups sind zusätzlich neuartige Programme entstanden. Der Fokus liegt auf Präventionsprogrammen, dem Patientencoaching, Ratgebern, telemedizinischen Anwendungen wie z.B. mit TeleClinic oder auf der Ärzte- und Arzneimittelsuche. Mit Online-Portalen wie „Meine Gesundheit“ können zudem Rechnungen eingereicht, Medikamente auf Allergene geprüft und ihre Einnahme gemanagt werden und das benutzerfreundlich per App oder Webanwendung.
Auch andere Lebenswelten, wie Wohnen oder Reisen, werden zunehmend zu Ökosystemen ausgebaut. Die VKB und die Provinzial z.B. bieten Serviceleistungen rund um Smart-Home-Techniken an und gründeten dafür eigene Unternehmen: „Uptodate“ als Corporate Start-up der VKB bietet einen digitalen Marktplatz an. „Mein Zuhause und ich“ der Provinzial dient als Suchplattform für Handwerker, ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben im Alter und hat den Einbruchs- und Brandschutz im Eigenheim im Fokus.
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„Apato“, ebenfalls ein Projekt der Provinzial, bietet verschiedene Services rund um Immobilien an. So können u.a. Wohnungsuchende eine digitale Mieterselbstauskunft erstellen. Die HanseMerkur, als weiteres Beispiel, baut mittels Kooperationen in der Tourismusbranche ein eigenes Ökosystem im Bereich Reisen auf. Mit Checklisten, digitalen Reisebegleitern, Ratgebern und Versicherungsfindern werden die klassischen Reiseprodukte um Angebote erweitert und können den Kunden zukünftig umfassend auf seiner Reise begleiten.
Ökosysteme bergen nicht nur Chancen
Ökosysteme beinhalten aber nicht nur Chancen, wie neue Kundenzugänge, Umsatzsteigerungen, eine Steigerung der Kosteneffizienz, oder ein verbessertes Image, sondern sind auch mit Herausforderungen verbunden. Kleinen und mittelständischen Versicherern fehlen oftmals die Investitionsmittel oder das IT-Know-how. Daraus kann schnell ein Abhängigkeitsverhältnis von z.B. großen Plattformanbietern entstehen; die eigene Leistung wird austauschbar und der Verlust der Kundenschnittstelle ist möglich.
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Versicherer sollten also prüfen, ob und inwiefern der Aufbau oder das Anschließen an ein Ökosystem im individuellen Fall sinnvoll ist. Mit einer guten Strategie und Produkterweiterungen können sie aber davon profitieren und sich im Wettbewerb neu positionieren.
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