Schon länger macht der Niedrigzins den Lebensversicherern zu schaffen. Denn immer schwieriger wird es, teure Garantien für ältere Verträge zu erwirtschaften. Aus diesem Grund fließen hohe Summen in die gesetzlich vorgeschriebene Zinszusatzreserve – 87 Milliarden Euro hat die Branche seit 2011 nachreserviert. Bis 2027 wird jedoch eine Reserve von knapp 130 Mrd. Euro nachreserviert werden müssen, um alte Garantien weiter zu bedienen (Versicherungsbote berichtete).

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Die Branche hängt noch immer am Tropf der Zinsen

Hinzu kommt eine noch immer hohe Abhängigkeit der Branche von zinsbasierten Anlageprodukten – 83,2 Prozent der Einnahmen legten Lebensversicherer auch 2020 noch in festverzinslichen Anlagen an, weil gesetzliche Vorgaben dies erzwingen.

Und das, obwohl neue Produkte ohne Zinsgarantien immer mehr die Produkte der klassischen Lebensversicherung ablösen. Spätestens ab Januar 2022 werden zudem auch jene Anbieter, die an bisherigen Garantieprodukten festhielten, zu einer Veränderung ihres Produkt-Portfolios gezwungen sein. Denn bei einem Höchstrechnungszins von 0,25 Prozent ist unter marktüblichen Bedingungen nicht mal mehr der Erhalt der eingezahlten Kundengelder garantiert (Versicherungsbote berichtete).

Bilanzkennzahlen zeigen: Wie krisenfest ist ein Unternehmen aufgestellt

Lebensversicherer haben es also nicht leicht. Insgesamt 33 Unternehmen erwirtschaften derzeit zu wenig Kapitalertrag für das Bedienen der Kundengarantien und müssen demnach Geld aus den Reserven und aus Risiko­-­ und anderen­ Überschüssen beisteuern (Versicherungsbote berichtete). In einer solchen Situation lohnt der Blick in die Bilanz-Kennzahlen der Lebensversicherer besonders. Denn diese geben Auskunft darüber, wie krisenfest ein Unternehmen aufgestellt ist.

Ein neues Bilanzrating zur Lebensversicherung kommt aktuell aus dem Hause Franke und Bornberg – die neue Ausgabe des Traditionsratings MAP-Report. Unter der stolzen Nummer 922 werden 12 Bilanzkennzahlen bewertet:

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  • Die Solvabilitätsquote gemäß Paragraf 40 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gibt an, wie gut Versicherer eine simulierte 200-Jahres-Krise überstehen.
  • Die Sicherheitsmittelquote setzt Mittel zum Ausgleich von Verlusten (Eigenkapital, Schlussüberschussanteilfonds, freie Rückstellung für Beitragsrückerstattungen) sowie den Bestand der Zinszusatzreserve ins Verhältnis zur Deckungsrückstellung.
  • Die Gesamtreservequote gibt die Summe der Bewertungsreserven, der freien RfB und des Schlussüberschussanteilfonds in Prozent des Bestands an Kapitalanlagen zum Jahresende an (jedoch ohne Kapitalanlagen der fondsgebundenen Lebensversicherung).
  • Die Ertragsquote gibt die Summe sämtlicher Erträge gemäß Mindestzuführungsverordnung an zuzüglich freier RfB und hälftiger Bewertungsreserven. Diese werden ins Verhältnis zu den Deckungsrückstellungen gesetzt.
  • Weitere bewertete Kennzahlen sind die Rechnungszinsbelastung, die Rechnungszinsanforderungsquote (Verhältnis der bestehenden Rechnungszinsverpflichtungen gemäß MindZV zur Deckungsrückstellung), die laufende Durchschnittsverzinsung, die Nettoverzinsung, die Verwaltungskosten- und Abschlusskostenquote, die RfB-Zuführung sowie die Stornoquote.

Alle Kennzahlen fließen mit Mittelwerten für die Jahre 2016 bis 2020 in die Bewertung ein. Je Kennzahl werden Punkte verteilt, diese sind unterschiedlich gewichtet. So fließt die aufsichtsrechtlich relevante Solvenzquote mit 20 Prozent in die Bewertung ein, die Nettoverzinsung hingegen nur mit 2,5 Prozent.

Sieger des Ratings

In Orientierung an den Bewertungsschlüssel bewerten die Experten des MAP-Report folgendermaßen: Bei guten Kennzahlen können die Versicherer in der Summe 400 Punkte erhalten. Wer minimal 80 Prozent der Punkte erreicht (minimal 320 Punkte), der erhält die Bestnote „exzellent“. Dies schafften insgesamt neun der getesteten Lebensversicherer. Die Grenze für ein „hervorragendes“ Ergebnis sind 75 Prozent und damit 300 Punkte. Insgesamt sechs Versicherer bekamen diese Note.

Die Mehrzahl der Unternehmen – 19 an das Zahl – erhielten ein „sehr gut“, weil sie immerhin 65 Prozent und damit 260 Punkte erreichten. Zudem wurden dreizehn Versicherer mit einem "gut" und zehn Unternehmen mit einem „befriedigend“ versehen. Eine schlechtere Note musste nicht vergeben werden – die Tester bewerteten doch in einem milden Licht. Die Noten würden weit unvorteilhafter ausfallen, wenn man sich bei der „Notenvergabe“ für die Unternehmen an den Prozentzahlen für Schulnoten orientiert.

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Der Sieger – kein Überraschungssieger

Wer aber sind die Unternehmen, die am besten abschlossen? Wenig überraschend ist es vor allem ein Versicherer, der alle andere Unternehmen mit seiner Bilanz für die zurückliegenden fünf Jahre ausstechen kann: Die Allianz siegt mit 365 Punkten. Die Finanz- und Bilanzstärke von Deutschlands Marktführer dürfte freilich in der Branche kein Geheimnis sein.

Über das zweite Siegertreppchen freut sich die Hannoversche mit immerhin noch 352 Punkten. Das dritte Siegertreppchen des Ratings erkämpft sich, mit 347 Punkten, die Europa. Folgende Unternehmen wurden mit der Note „exzellent“ (= mmm+) ausgezeichnet:


Die Rating-Schlusslichter

Welche Unternehmen aber überzeugten weniger und landeten, wenngleich noch mit einen „befriedigend“ (= m-), am Ende der Rating-Tabelle? Folgende Unternehmen stellen im aktuellen LV-Rating des MAP-Report die Schlusslichter:

  • Signal Iduna: 216 Punkte
  • HDI: 215 Punkte
  • Concordia Oeco: 211 Punkte
  • HUK-Coburg: 211 Punkte
  • Süddeutsche: 197 Punkte
  • PB: 195 Punkte
  • Helvetia: 180 Punkte
  • VRK: 177 Punkte
  • Öffentliche Oldenburg: 173 Punkte
  • Credit Life: 167 Punkte

Zu bedenken ist bei diesen letztgenannten Versicherern aber: Die Note für diese Punktzahlen ist aus Sicht der Tester immerhin noch ein "befriedigend". So gesehen bescheinigen die Tester keinem der getesteten Unternehmen eine wirklich schlechte Fünf-Jahres-Bilanz. Eine Presseerklärung zum neuen MAP-Report mit der Nummer 922 ist auf der Webseite von Franke und Bornberg verfügbar. Hier kann auch das gesamte "Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2020" bestellt werden.

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Weitere Kennzahlen zur Lebensversicherung haben wir unter einer neuen Rubrik zusammengefasst.

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