Auch Vermittler sind gefragt. Das führt Norbert Porazik von Fonds Finanz aus – mitunter zahlt der Arbeitgeber schon freiwillige Zuschüsse ohne Möglichkeit, diese für die Zuschuss-Pflicht zu verrechnen. Vermittler sollten also die Arbeitgeber unterstützen, damit diese nicht doppelt zahlen müssen.

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Zuschuss-Pflicht als Appetit-Häppchen für den Arbeitnehmer

Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) 2017 sind viele Neuerungen in Kraft getreten, um die bAV zu verbreiten. So gilt seit dem 1. Januar 2019 der obligatorische Arbeitgeberzuschuss – geregelt in Paragraf 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG): Insofern der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung seines Arbeitnehmers Sozialversicherungsbeiträge einspart, muss er 15 Prozent des umgewandelten Entgelts zusätzlich als Arbeitgeberzuschuss an den Pensionsfonds, die Pensionskasse oder die Direktversicherung weiterleiten. Dies soll Betriebsrenten attraktiver machen.

Ab 2022 gilt Zuschusspflicht auch für Altverträge

Jedoch: Aufgrund einer Übergangsregelung in Paragraf 26a BetrAVG waren bisher nur Entgeltvereinbarungen betroffen, die ab Januar 2019 geschlossen wurden. Das ändert sich nun zum Jahreswechsel: Ab Beginn 2022 muss der Arbeitgeber auch einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent leisten für alle vor 2019 geschlossenen Entgeltvereinbarungen – und zwar spätestens mit der ersten Gehaltsabrechnung für den Januar. Ausgenommen sind einzig Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die über eine Direktzusage oder Unterstützungskasse umgesetzt wurden (Versicherungsbote berichtete).

Missachtung kann strafrechtlicher Tatbestand sein

Was aber droht, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nachkommt? Hierüber klären aktuell die Experten der Longial GmbH auf. Zum Ersten muss ein Arbeitgeber dann Schadenersatz leisten – er muss „den Versorgungsberechtigten so stellen, dass dieser die vereinbarten Leistungen wie bei korrekter Umsetzung erhält“, erklärt Longial-Geschäftsführer Michael Hoppstädter. Doch damit nicht genug: Das Versäumen der Pflicht kann auch ein strafrechtlicher Tatbestand sein.

Dies trifft laut Hoppstädter zu, wenn Entgeltumwandlung und Zuschuss zusammen mehr als vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze betragen. Dann nämlich greift – wegen „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ – Paragraf 266a Abs. 1 Strafgesetzbuch.

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Gemäß Paragraf droht eine Geldstrafe oder gar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Für den Strafbestand wäre es nicht mal relevant, ob auf tatsächlich gezahlte Bezüge an den Arbeitnehmer Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden. Vielmehr orientiert sich der Strafbestand am geschuldeten Entgelt gemäß Zuschusspflicht.

Ungemach für die Handelsbilanz

Ungemach droht aber auch für die Handelsbilanz. Denn fehlt dem Arbeitnehmer der verpflichtende Zuschuss des Arbeitgebers, erhält er im Versorgungsfall eine geringere Leistung. Für den Fehlbetrag der Rente gerät der Arbeitgeber in Subsidiärhaftung gemäß Paragraf 1 Abs. 3 BetrAVG.

Das Problem stellt sich aber nicht erst, sobald der Arbeitnehmer die geringere Rente bezieht. Denn der Arbeitgeber muss die betreffende Verpflichtung für Versorgungsanwärter mindestens im Anhang zur Handelsbilanz auszuweisen. Für Betriebsrentner, die tatsächlich durch Nichtzahlung eine zu geringe Rentenleistung ausgezahlt bekommen, stellt die Minderleistung zudem eine unmittelbare Verpflichtung dar – sie muss als Pensionsrückstellung in der Handelsbilanz ausgewiesen werden (gemäß Paragraf 249 in Verbindung mit Paragraf 253 Abs. 2 Handelsgesetzbuch).

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Handelsbilanzielle Auswirkungen verursachen Folgekosten

Die handelsbilanziellen Auswirkungen verursachen auch Folgekosten. Denn Unternehmen müssten die Höhe der Verpflichtungen für den Bilanzanhang und die Pensionsrückstellungen durch ein kostenpflichtiges versicherungsmathematisches Gutachten ermitteln. Zusätzlich können Zahlungen an den Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSVaG) anfallen.

Was die Experten raten

Wer also als Arbeitgeber noch nicht für seine gesetzlichen Verpflichtungen ab Januar 2022 vorgesorgt hat, der sollte sich beeilen – und schnellstmöglich dafür sorgen, der Zuschusspflicht im Sinne des BetrAVG ab Januar 2022 nachzukommen. Es gibt aber Ausweichlösungen, falls dies nicht so schnell möglich ist (zum Beispiel, weil die Verträge von Versicherern oder Pensionskassen zu alt sind). So raten die Experten von Longial auf ihrer Webseite zum Beispiel, einen zusätzlichen Vertrag einzurichten nur für den Zuschuss und für zusätzliche Entgeltumwandlungsbeiträge.

Vermittler: Schnelles Handeln ist gefragt

Besteht ein Mandat, ist aber auch für Vermittler schnelles Handeln gefragt. Darauf weist Fonds Finanz-Chef Norbert Porazik auf Facebook hin. Ein Problem: Viele Arbeitgeber haben in der Vergangenheit bereits einen freiwilligen Zuschuss zu bAV bezahlt – teilweise prozentual, aber auch oft in absoluten Beträgen. Sofern der freiwillige Zuschuss jedoch nicht in Abhängigkeit der Sozialversicherungsersparnis oder mit einem Querverweis auf die Sozialversicherungsersparnis bezahlt wird, darf er nicht zugunsten der Zuschuss-Pflicht aus dem BetrAVG verrechnet werden, erklärt der Chef von Deutschlands größtem Maklerservice.

Ausnahmen treffen nur zu, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • In der Entgeltumwandlungsvereinbarung ist eine Anrechnungsklausel verankert.
  • In der Entgeltumwandlungsvereinbarung gib es den klaren Hinweis, dass es sich um Weitergabe der Sozialversicherungsersparnis handelt.
  • In einer Versorgungsordnung ist der Zuschuss mit Anrechnungsklausel verankert.
  • Man hat eine Entgeltumwandlungsvereinbarung benutzt, welche bereits beinhaltet, dass es sich um BRSG-Zuschuss im Sinne des BetrAVG handelt – in aller Regel Formulare ab 2018.

Zwei Möglichkeiten und eine Gefahr

Was also ist aus Vermittler-Sicht zu tun? Porazik nennt zwei Möglichkeiten:

  • "Du verkaufst Deinem Arbeitgeber den zusätzlichen Zuschuss, vereinbarst eine rechtssichere Versorgungsordnung, sicherst Dir dadurch den Arbeitgeber und machst neuen Umsatz."
  • "Du gehst auf Deinen Arbeitgeber zu und hilfst Ihm für alle Verträge in seinem Bestand nicht doppelt zahlen zu müssen – als Gegenleistung bekommst Du das bAV-Mandat."

Allerdings nennt Porazik auch eine Gefahr – ein anderer Makler könnte auf den Arbeitgeber als Kunden zugehen, sodass der Makler, der seine Beratungspflichten versäumte, das Mandat verliert. Es ist also auch für Vermittler wichtig, bei den Kunden nachzufragen, ob die neue Verpflichtung schon im Sinne des Kunden gelöst ist.

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Ergänzung der Redaktion: In zwei Parallelentscheidungen (Urteile vom 31. Mai 2021 - Az. 15 Sa 1098/20 B und Az. 15 Sa 1096/20 B -) schloss sich das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) einer breiten Meinung innerhalb der juristischen Literatur an und urteilte, dass ein bereits aufgrund eines bestehenden Entgeltumwandlungssystems zu gewährender Arbeitgeberzuschuss auf den Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG anzurechnen sei. Darüber informiert Mercer in einer Pressemitteilung. Allerdings sind die Entscheidungen noch nicht rechtsgültig – das Bundesarbeitsgericht wird am 08.03.2022 darüber urteilen (Az. 3 AZR 362/21).

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