Der Dieselskandal ist bereits jetzt das teuerste Schadenereignis in der Rechtsschutzversicherung überhaupt, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Erst im November veröffentlichte der Verband Erhebungen dazu. Demnach beliefen sich allein die Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten auf 1,21 Milliarden Euro (Versicherungsbote berichtete).

Anzeige

Ein Ende der Kostenspirale ist indes nicht in Sicht. Seit 2020 ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main auch gegen den Autokonzern Fiat Chrysler Automobiles (FCA/jetzt Stellantis). Konkret geht es um den Verdacht der Abgasmanipulation bei Wohnmobilien. Gutachten der Deutsche Umwelthilfe (DUH) und des Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) würden den Verdacht bestätigen, so die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Stoll & Sauer.

Die Kanzlei zählt im Abgasskandal zu den aktivsten und führt nach eigenen Angaben mehr als 20.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal gegen Hersteller, Händler und die Bundesrepublik Deutschland. Die Inhaber der Kanzlei führten für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus und schrieben mit Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 deutsche Rechtsgeschichte.

Deckungsablehnung: BaFin eingeschaltet, Klage eingereicht, Strafanzeige gestellt

Nun nimmt die Kanzlei die Mecklenburgische ins Visier. Der Grund: Der Versicherer lehnt nach Darstellung der Anwälte Deckungsanfragen seiner Kunden im Abgasskandal ab und begründet das damit, dass keine Erfolgsaussichten bestünden.

Diese Argumentation hält die Kanzlei für „unseriös“ und verweist auf eine ganze Reihe Urteile, die in erster Instanz im Sinne ihrer Mandanten entschieden wurden. Auch wenn diese noch nicht rechtskräftig sind, hält die Kanzlei die Beweislast im Wohnmobil-Abgasskandal für „erdrückend“.

Die pauschale Deckungsablehnung der Mecklenburgischen halten die Anwälte für ein „grob rechtswidriges Vorgehen, das planmäßig erfolgt.“ Die Kanzlei leitete deshalb folgende drei Maßnahmen in die Wege:

  • Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurde gebeten, Ermittlungen gegen die Mecklenburgische einzuleiten.
  • Es wurde Deckungsklage gegen die Versicherung erhoben.
  • Gegen den Versicherer wurde Strafanzeige erstattet.

Die Strafanzeige begründen die Anwälte so: „Es liegt gegenüber Mandanten der Kanzlei ein versuchter Betrug vor. Die Versicherung gaukelt vor, keine Leistungen erbringen zu müssen und lehnt pauschal die Kostendeckung ab.“ Der Versicherer würde hoffen, so der Vorwurf weiter, dass die Kunden eine Klage auf eigenes Risiko scheuen. „Deshalb nutzt er seine Stellung aus und lehnt pauschal ohne plausible Begründung alle Deckungsanfragen in Fiat-Fällen ab“, so die Kanzlei.

Mecklenburgische: Behauptete Strafanzeige entbehrt jeglicher Grundlage

Doch von einer Strafanzeige weiß niemand bei der Mecklenburgischen. Auf Anfrage von Versicherungsbote schrieb der Versicherer: „Von einem Ermittlungsverfahren ist den handelnden Personen bei der Mecklenburgische Versicherungs-Gesellschaft a.G. bzw. der Mecklenburgische Rechtsschutz-Service-GmbH bisher nichts bekannt.“

Zwar bestätigte die Mecklenburgische, dass Deckungsanfragen mangels Erfolgsaussichten abgelehnt wurden, sofern Ansprüche gegen den Hersteller geltend gemacht werden sollen. Aber: „Ansprüche gegen die Händler wurden selbstverständlich unter Kostenschutz gestellt, soweit die Kanzlei für diese Verfahren Deckungszusagen erbeten hatte und die Ansprüche nicht verjährt waren“, schreibt der Versicherer.

Anzeige

Um Ansprüche gegen den Hersteller geltend zu machen, müsse der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller bewusst getäuscht und damit einen Schaden beim Käufer verursacht hat, führt die Mecklenburgische in ihrer Stellungnahme gegenüber Versicherungsbote aus. Einen solchen Nachweis hätte die Kanzlei bislang nicht vorgebracht. Der Bundesgerichtshof hätte mehrfach festgestellt, dass allein das Vorliegen eines „Thermofensters“ dazu nicht ausreicht.

Mit Blick auf die von der Kanzlei ins Feld geführten Urteile, die in erster Instanz erfolgten (und noch nicht rechtskräftig sind), betont die Mecklenburgische, dass es sich um Versäumnisurteile handelt. Will heißen: Der Sachvortrag der Klageseite wird als ‚wahr‘ unterstellt. „Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den von der Klägerseite aufgestellten Behauptungen durch das Gericht hat nicht stattgefunden“, verdeutlicht die Stellungnahme. Ihrerseits verweist die Mecklenburgische aber auf zwei Landgerichts-Urteile, die sich inhaltlich mit Vorwürfen gegen den Autohersteller befassten und die Ansprüche der Kläger zurückwiesen.

Gutachten bestätigt Rechtsauffassung der Mecklenburgischen

In ihrer Stellungnahme führt die Mecklenburgische auch aus, dass bei Unstimmigkeiten über die Erfolgsaussichten ein geordnetes Verfahren vorgesehen ist: So kann der Versicherte ein unabhängiges Gutachten durch eine von der zuständigen Rechtsanwaltskammer bestimmten Kanzlei verlangen oder unmittelbar eine Deckungsklage anstrengen. In einem Fall habe die Kanzlei Stoll & Sauer das Gutachterverfahren eingeleitet. „Der Gutachter hat festgestellt, dass die Ablehnung zu Recht erfolgt sei“, so die Mecklenburgische.

Anzeige

Schließlich wies der Versicherer noch darauf hin, dass die jüngst von der Kanzlei geführten Deckungsprozesse im Gesamtkomplex „Abgasskandal“ gegen die Mecklenburgische bisher nicht gewonnen wurden und die angerufenen Gerichte bisher die Rechtsauffassung des Versicherers bestätigten. Für die Mecklenburgische ist deshalb klar: Die Behauptung, der Versicherer lehne Deckungsschutz wider besseres Wissen ab, entbehrt jeglicher Grundlage.

Seite 1/2/