Kernthema der Serie ist es, gemeinsam mit dem Leser einen Perspektivwechsel zu vollziehen und sich besser in die jeweils andere Seite hineinzuversetzen. Die fünfte Folge beschäftigt dem Verhältnis zwischen Maklern und Ausschließlichkeit.

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Philipp Kanschik

Philipp Kanschik

Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.

Der vertriebliche Erfolg eines Versicherers lässt sich auf dem Erfolg seiner Vertriebskanäle reduzieren. Für viele Versicherungsgesellschaften ist die eigene Ausschließlichkeit auch in den 2020er Jahren der wichtigste Vertriebskanal—die Makler folgen in der Regel an zweiter Stelle.

Dabei ist die Welt der Ausschließlichkeit den Maklern mitnichten unbekannt: viele Makler waren früher selbst Agenten, bevor sie den Schritt in Richtung Makler gewagt haben. Anlass genug, in der heutigen Kolumne das Verhältnis zwischen Maklern und Ausschließlichkeit zu betrachten.

Stolz und Vorurteil: so sehen die Makler die Ausschließlichkeit

Für die meisten Makler charakteristisch ist eine gewisse Überheblichkeit gegenüber der Ausschließlichkeit. Insbesondere die ehemaligen Agenten unter den Maklern sind stolz, die Ausschließlichkeitsvermittlung hinter sich gelassen zu haben und heute als unabhängige Unternehmer unterwegs zu sein.

Als gleichwertig wird die AO daher eher nicht wahrgenommen. Grundsätzlich befürchten die Makler jedoch stets, vom Versicherer schlechtere Konditionen als dessen eigene Ausschließlichkeit zu bekommen—und damit letztlich ein Vertriebskanal nachrangiger Priorität zu sein. Trotzdem sind die Makler von ihrem eigenen Modell überzeugt: die größere Produktpalette führt zu einem besseren Angebot an den Kunden und ist in Summe nicht zu schlagen.

Die AO ist und bleibt für den Makler somit ein Konkurrent um Kunden, dem immer mal wieder begegnet wird, den man jedoch letztlich für einem selbst unterlegen hält und von dessen Uniformität und Limitationen man überzeugt ist.

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Eine Frage stellen sich Makler dabei aber relativ selten: warum vertrauen eigentlich bis heute viel mehr Deutsche einem Ausschließlichkeitsagenten als einem Makler?

Cash-cow-Status: So sehen die Versicherer die Ausschließlichkeit

In der Vergangenheit war im Zweifelsfall die AO immer vielen Versicherungsgesellschaften der liebste Vertriebskanal. Das liegt nicht nur daran, dass die Gesellschaften bei der AO mehr Kontrolle ausüben können als bei Maklern. Auch die Vertriebskosten sind häufig niedriger.

Mittlerweile ist das Wachstum der AO begrenzt und in vielen Gesellschaften hat die eigene Ausschließlichkeit einen „Cashcow“-Status erreicht: sie trägt viel zum Ergebnis des Unternehmens bei, wird aber vermutlich nicht mehr stark wachsen können.

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Der Grund dafür ist, dass die persönliche Vor-Ort-Betreuung gegenüber digitalen Kanälen immer weniger relevant ist. In ersterem ist die Ausschließlichkeit stark, in letzterem sind ihre Schwächen gegenüber unabhängigen Kanälen offensichtlich. Die Vorboten dieser Entwicklung sind bereits jetzt sichtbar und werden sich verstärken.

Weiteres Wachstum wird hingegen vor allem bei den Maklern erwartet, da der Kunde immer stärker auf seine individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Produkte verlangt. Auch die aktuelle Krise verstärkt den Effekt und die Wünsche nach einer passgenauen, unabhängigen Beratung. Heute werden daher in vielen Gesellschaften die Vertriebsstrategien überarbeitet, neu verhandelt und neu gedacht. Auch in der internen Ressourcenverteilung (z.B. für IT-Ressourcen) wird der Maklervertrieb zunehmend stärker bedacht als früher.

Fazit: Übergang in den Maklervertrieb ist ein Kulturwandel

Die Anzahl der Versicherer mit erfolgreicher Ausschließlichkeit wird in Zukunft eher fallen. Ohne Vollsortiment und maximal breites Produktportfolio schwindet die Daseinsberechtigung der AO. Insbesondere bei kleineren Versicherungsgesellschaften lohnt sich eine Ausschließlichkeit nicht mehr im selben Maße wie früher. In Zukunft werden in der AO nur Gesellschaften mit einem breiten Sortiment, einer starken Eigenmarke und einer guten Qualität bei konkurrenzfähigen Preisen erfolgreich sein.

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Für Versicherer, bei denen die AO abschmilzt, ist die Hinwendung zum Maklermarkt eine große Chance, aber auch ein großer Kulturwandel. Top-down Vorgaben und Umsatzziele funktionieren gegenüber Maklern viel schlechter als gegenüber der eigenen AO. Stattdessen kommt einer hohen Servicequalität und digitalen Prozessen eine viel stärkere Rolle zu (z.B. bei Bestandsübertragungen). Wenn eine Gesellschaft sich hier nicht weiterentwickelt, senken die Makler den Daumen und wandern einfach zur nächsten ab. Dieser Prozess kann für einige Gesellschaften, die darauf nicht vorbereitet sind, in Zukunft sehr ungemütlich werden.

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