Am 1. Januar 2021 ist das Gesetz zur Grundrente in Kraft getreten. „Wer jahrelang hart gearbeitet, Kinder erzogen, Angehörige gepflegt und Rentenbeiträge gezahlt hat, hat im Alter eine ordentliche Rente verdient“, heißt es hierzu auf der Webseite des Bundesarbeitsministeriums. Doch der Start der Grundrente gestaltete sich mehr als holprig. Erst rund sieben Monate später, im Juli, konnten überhaupt erste Grundrenten ausgezahlt werden.

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Doch noch immer warten viele Rentnerinnen und Rentner auf ihr Geld bzw. die Prüfung ihrer Ansprüche. Das geht aus einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hervor, die vielsagend „Nächste Stufe der Grundrente: Alle Renten vor der Überprüfung“ betitelt ist. Im neuen Jahr werde nach und nach bei sämtlichen Rentner-Jahrgängen die Prüfung des Grundrentenzuschlags angestoßen, so berichtet Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung (DRV), dem Nachrichtendienst.

Hoher Verwaltungsaufwand mit hohen Kosten

Grund für die Verzögerungen ist der hohe Verwaltungsaufwand. Die Rentnerinnen und Rentner im Bestand sollen die Grundrente nicht extra beantragen müssen: ob sie Anspruch haben, soll automatisch geprüft werden, indem sich Rentenversicherungs-Träger und Finanzamt miteinander abstimmen. Dafür aber fehlte die nötige Infrastruktur. Allein für die Grundrente musste die Rentenversicherung nach eigenen Angaben 3.200 neue Mitarbeiter einstellen.

Auch die enorm hohen Kosten sorgten im letzten Jahr für Kritik. Rund jeder vierte Euro von jährlich 1,3 Milliarden Euro gehe in der Aufbauphase für die Verwaltung drauf, so hatte DRV-Direktor Stephan Fasshauer im Oktober berichtet. Und auch in späteren Jahren, wenn der Aufbau der Datenautobahn abgeschlossen ist, seien es immer noch 13 Prozent der Ausgaben.

Laut Renten-Chefin Gundula Roßbach verlaufe das Zusammenspiel mit den Finanzämtern aber „reibungslos“. Zunächst seien jene Ruheständler mit Grundsicherung und die ältesten Renten geprüft worden, berichtet sie. Nun seien jene Jahrgänge dran, die ab 1992 in den Ruhestand wechselten. „Wir werden mit den ältesten Jahrgängen beginnen und im neuen Jahr nach und nach bei sämtlichen Jahrgängen die Prüfung des Grundrentenzuschlags anstoßen“. Laut Roßbach müssten rund 26 Millionen Renten geprüft werden.

Kein geeignetes Instrument zur Bekämpfung der Altersarmut?

Anspruch auf das Rentenplus hat stark vereinfacht, wer mindestens 33 Jahre an Beitragszeiten für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege vorweisen kann. Der Gesetzgeber hat aber weitere Hürden gesetzt: minimal durften im Schnitt 30 Prozent und maximal 80 Prozent des Durchschnittseinkommens verdient werden. Ein Grund, weshalb viele leer ausgehen. In der großen Koalition als ein bevorzugtes Projekt der SPD angestoßen, sorgte die Grundrente für viel Streit mit dem damaligen Koalitionspartner CDU/CSU, der das Vorhaben eher ablehnte. Heraus kam ein Kompromiss, der viele bürokratische Fallstricke bereit hält.

Das sorgt auch für Kritik von Sozialverbänden. Der VdK führt auf seiner Webseite Beispiele an, wie niedrig das Plus für einige Anspruchsberechtigte ist. Eine Frau, die ganztags 39 Jahre lang als Arzthelferin arbeitete und Kinder großzog, erhält nun zu ihrer Bruttorente von 937 Euro noch einmal 5,60 Euro monatlich obendrauf. Auf dem Konto landen davon aber nur 4,97 Euro, der Rest wird abgezogen. „Das war ein totaler Schock. Und dann ist dieser in Wut umgeschlagen", wird die Frau zitiert.

Nach Ansicht des VDK ist die Grundrente kein geeignetes Instrument im Kampf gegen Altersarmut. Nicht nur, weil viele Rentnerinnen und Rentner durch das Raster fallen und die strengen Vorgaben nicht erfüllen können. Sondern auch, weil viele Anspruchsberechtigte nur einen sehr kleinen Aufschlag erhalten würden. Die Folgen bei den Betroffenen seien Frust und Wut. „Die Zuschläge, von denen der VdK weiß, liegen im günstigsten Fall bei 70 bis 100 Euro. Meistens jedoch sind es nur niedrige ein- bis zweistellige Beträge“, berichtet der Verband. Die Grundrente sei „definitiv nicht die Unterstützung, die viele Menschen erwartet haben“, kritisiert auch VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Der Abgleich mit den Finanzämtern ist auch deshalb notwendig, damit nicht Rentnerinnen und Rentner mit sehr hohen Einkommen von der Grundrente profitieren. So soll der Fiskus schauen, was an weiteren steuerpflichtigen Einkommen da ist. Für den Bezug der neuen Rente soll ein monatlicher Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Paare gelten – bis zu dieser Höhe wird die neue Rente im vollen Umfang gezahlt.

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Weitere Evaluation

Abgeschlossen ist die Arbeit an der Grundrente aber noch nicht. So hat die Ampel-Koalition unter anderem die Absicht erklärt, den Prüfungsaufwand bei Kapitalanträgen noch einmal zu betrachten. Das sei die nächste Stufe, erklärt Renten-Chefin Gundula Roßbach gegenüber dpa. „Im Laufe der Wahlperiode werden wir die Wirkung der Grundrente evaluieren, Verbesserungsvorschläge erarbeiten, insbesondere auch zum Prüfungsaufwand bei Kapitalerträgen.“ Aufwendig sei es vor allem, jene Kapitalerträge zu prüfen, die sich nicht in der Einkommensprüfung wiederfinden. Und auch da dauert es noch, die Daten zu sammeln: erst ab 2023 sollen die Erträge nachgeprüft werden.