Ist es zulässig, Pandemien in Reiserücktrittsversicherungen auszuschließen? Und in welcher Form? Um das zu klären, hat die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Union Reiseversicherung (URV) abgemahnt, eine Tochter der Versicherungskammer Bayern. Grund ist eine Klausel, wonach „Schäden durch Pandemien“ ausgeschlossen seien. Doch auch andere Versicherer haben ähnliche Klauseln in ihren Bedingungen ergänzt, seit Corona den Tourismus und Reiseverkehr vielfach lahmlegte.

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Der Hintergrund: In der Regel greift eine Reiserücktritts-Police, wenn der Reiseantritt wegen einer unerwarteten, schweren Krankheit nicht zumutbar ist. Die Union Reiseversicherung schreibe aber auf ihrer Webseite, eine Covid-19-Erkrankung sei als Reiserücktrittsgrund nicht versichert, weil man „Schäden durch Pandemien“ ausschließe. „Das verstehen Verbraucher:innen ganz anders“, sagt Rita Reichard, Versicherungsrechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW. „In dieser Form sind normalerweise Schäden durch Krieg, Streik oder Kernenergie formuliert, sogenannte Kumulschäden im Versicherungsrecht, die zeitgleich viele Personen betreffen. Hier geht es aber um die Erkrankung einzelner Versicherter.“

Ein solch genereller Ausschluss ist nach Ansicht des Verbraucherverbandes intransparent und nicht mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbar: folglich unwirksam. „Eine Corona-Erkrankung ist nicht automatisch als Reiserücktrittsgrund ausgeschlossen, nur weil ein Versicherer das so schreibt. Vielmehr kommt es auf die Formulierung an“, ergänzt Reichard. Da der Versicherer nicht auf die Abmahnung reagiert habe, wolle man nun klagen.

Schutz-Upgrade für Coronarisiken

Die Verbraucherzentrale rät dazu, vor einer geplanten Reise den Versicherungsschutz zu überprüfen. „Auch in diesem Jahr bleibt die Corona-Lage unberechenbar, deshalb kann eine Reiserücktrittsversicherung sinnvoll sein“, sagt Reichard, „vor allem bei teuren Reisen oder beim Urlaub mit Kindern.“ Sie trete nicht nur bei Krankheit ein, sondern in der Regel auch beim Tod eines nahen Angehörigen oder beim plötzlichen Verlust des Arbeitsplatzes, teilweise auch bei Kurzarbeit.

Versicherer würden aktuell optionale Zusatzbausteine anbieten, die auf Corona zugeschnitten sind, informiert der Verband weiter: etwa, dass der Schutz auch greife, wenn man nicht schwer erkrankt ist, aber in Quarantäne muss. Hierfür sei ein geringer Kostenaufschlag zu zahlen. Der Hintergrund: Ein positiver Coronatest sei keine schwere Erkrankung und damit nicht in jedem Fall ein Rücktrittsgrund. Auch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes greife hier nicht. Entsprechend lässt sich Schutz für solche Fälle hinzubuchen. Zudem sollte neben dem Reiserücktritt auch der Reiseabbruch versichert sein.

Auslandsreisekrankenversicherung: gerade in Corona-Zeiten wichtig!

Ebenfalls wichtig in Coronazeiten: eine Auslandsreisekrankenversicherung. Laut einer Umfrage von TNS Infratest im Auftrag eines Versicherers hat knapp jeder vierte Bundesbürger im Ausland schon einmal ärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen müssen. Und die Gefahr ist in Pandemie-Zeiten umso höher. Zwar haben die Krankenkassen mit vielen Staaten ein Sozialversicherungsabkommen vereinbart. Aber selbst dann wird die Krankenversicherung nur für einen Teil der Kosten leisten: in der Regel für jenen Betrag, den sie auch in Deutschland zahlen müsste. Wenn ein Patient zum Beispiel mit dem Flugzeug aus der Türkei zurücktransportiert wird, weil eine Behandlung zu Hause notwendig ist, muss er die Kosten selbst tragen. Kostenpunkt: mindestens 20.000 Euro.

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Bei privat Versicherten komme es hingegen auf den persönlichen Tarif an, informiert die Verbraucherzentrale. Grundsätzlich sollten Reisende derzeit darauf achten, dass ein Versicherungsschutz auch bei einer Reisewarnung im Zielland besteht oder wenn man selbst an Covid-19 erkrankt. Manche Tarife verlängern den Versicherungsschutz, wenn eine im Urlaub angeordnete Quarantäne die Rückreise verzögert oder schützen zusätzlich, wenn man sich zum Zeitpunkt der ausgesprochenen Reisewarnung bereits im Ausland befindet.

mit Pressematerial Verbraucherzentrale NRW