Strafzins auf Girokonten: Weiteres Gericht kippt Verwahrentgelt
Zum zweiten Mal hat ein Landgericht ein sogenanntes Verwahrentgelt bei Girokonten, umgangssprachlich auch „Strafzins“ genannt, für unzulässig erklärt. Dieses benachteilige Kunden unangemessen und sei folglich unzulässig. Für den klagenden Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ist das aber nur ein Etappensieg: Rechtssicherheit besteht in der Frage nicht.
In Zeiten niedriger Zinsen verlangen immer mehr Banken von ihren Kundinnen und Kunden ein Verwahrentgelt auf Girokonten, umgangssprachlich auch „Strafzins“ genannt. Mit anderen Worten: Wer Geld auf dem Konto hat, muss ab einem bestimmten Betrag hierfür zahlen. Im Juli 2021 berechneten 450 Institute Negativzinsen im Privatkundenbereich, bei Firmenkunden sind es fast 500 Geldhäuser, so ergab eine Auswertung des Portals biallo.de. Manche greifen bereits ab dem ersten Euro zu. Es gibt kaum noch ein Geldhaus, das darauf verzichtet.
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Doch sind solche Verwahrentgelte überhaupt erlaubt? Der Dachverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sagt: nein. Und kann nun erneut einen Erfolg vorweisen. Nachdem das Landgericht Berlin bereits der ortsansässigen Sparda Bank untersagte, ein solches Verwahrentgelt zu berechnen, hat nun das Landgericht Düsseldorf ein ganz ähnliches Urteil gefällt. Demnach dürfen Banken für die Verwahrung von Einlagen auf Girokonten kein gesondertes Entgelt berechnen (Urteil vom 22.12.2021, Az. 12 O 34/21 – nicht rechtskräftig).
Geldverwahrung ist dem Girokonto immanent
Diesmal klagte der Verbraucherverband gegen die Volksbank Rhein-Lippe. Sie hatte im April 2020 für Neukunden ein Verwahrentgelt eingeführt. Für Einlagen über 10.000 Euro verlangt das Institut seitdem ein Entgelt von 0,5 Prozent pro Jahr. Gegen die entsprechende Klausel im Preisaushang hatte der vzbv geklagt.
Das Gericht habe entschieden, dass ein Kreditinstitut neben Kontoführungsgebühren kein Verwahrentgelt berechnen darf, so berichtet der vzbv auf seiner Webseite. Das sei mit den gesetzlichen Regelungen zum Girovertrag nicht vereinbar. Der Grund: Die Geldverwahrung sei Voraussetzung für die vereinbarten Zahlungsdienstleistungen und damit dem Girovertrag immanent. Es handele sich nicht um eine zusätzlich angebotene Sonderleistung, die Kundinnen und Kunden in Rechnung gestellt werden dürfe. Die Bank berechne für ihre Girokonten zudem bereits eine Kontoführungsgebühr, sodass die Sparenden im Grunde doppelt zur Kasse gebeten werden: Das Verwahrentgelt bedeute für eine einheitliche Leistung eine doppelte Gegenleistung.
Das Gericht entschied des Weiteren: Damit der vzbv die Erstattung der rechtswidrig erhobenen Entgelte durchsetzen kann, muss die Bank die Namen und Anschriften der Betroffenen und die Höhe der Entgelte dem vzbv oder einem Angehörigen eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufs übermitteln. Aus formalen Gründen wurde abgelehnt, dass die betroffenen Sparerinnen und Sparer bereits mit dem Urteil die gezahlten Verwahrentgelte zurückerstattet bekommen.
Keine Rechtssicherheit
Doch rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. „Mit dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf gegen die Preisklauseln der Volksbank Rhein-Lippe ist uns ein weiterer Erfolg gelungen. Damit hat bereits das zweite Landgericht in unseren Verfahren entschieden, dass Banken für Guthaben auf Girokonten keine Strafzinsen berechnen dürfen“, sagt David Bode, Rechtsreferent beim vzbv. „Die Urteile sind für uns aber nur ein Etappensieg. Wir wollen die Rechtslage grundsätzlich klären lassen und haben deshalb mehrere Banken an unterschiedlichen Gerichtsstandorten verklagt.“
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Tatsächlich gibt es auch anderslautende Urteile. So hat das Landgericht Leipzig in einer ähnlichen Klage zugunsten der Geldhäuser entschieden (Az.: 5 O 640/20): Banken seien berechtigt, für erbrachte Sonderleistungen in Neuverträgen ein Entgelt zu verlangen – zum Beispiel dafür, dass sie das eingezahlte Geld der Sparerinnen und Sparer auf einem Girokonto „verwahrt“. Aus diesem Grund wies das Gericht eine Klage der Verbraucherzentrale Sachsen ab. Hier will die Verbraucherorganisation in Berufung gehen, ebenso wie die unterlegenen Geldinstitute in den anderen beiden Rechtsstreiten. Es ist zu erwarten, dass die Streite über alle Instanzen ausgefochten werden: Letztendlich muss der Bundesgerichtshof über diese Frage entscheiden.