„Guten Mitarbeitern muss man eine Heimat bieten“
Wie wird man ‚Lieblingsmakler‘ für seine Kunden und auch die eigenen Mitarbeiter? Darüber sprach Versicherungsbote mit Robert Peukert aus Jena. Der Makler wendet sich in seinem Buch „Was ein Finanzdienstleister heute wissen muss“ auch direkt an Kollegen. Was er damit erreichen will und warum er meint, dass ‚die besten Zeiten noch vor uns liegen‘.
- „Guten Mitarbeitern muss man eine Heimat bieten“
- Was in der Branche schief läuft und wie sich das ändern könnte
- 70 Prozent der Neukunden über Empfehlungen
- Welche Vorteile Honorarberatung bietet
Versicherungsbote: Sie engagieren sich in mehreren Initiativen und haben nun auch ein Buch geschrieben, um den Ruf des Versicherungs- und Finanzanlagenvermittlers aufzuwerten. Nennen Sie drei Gründe, weshalb Versicherungsmakler ein toller Beruf ist.
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Robert Peukert: Für mich gibt es nichts Schöneres, als mit Menschen, die man gern hat, zusammenzuarbeiten, als Zukunftsgestalter deren Ziele und Wünsche wahrzunehmen und gemeinsam zu erreichen. Der zweite Grund ist die Wertschätzung, die man von Kunden erhält, wenn man ehrlich und im Sinne des Kunden berät. Und drittens: Durch die Unabhängigkeit hat man beinahe für jedes finanzielle Problem eine adäquate Lösung.
Seit 19 Jahren sind Sie bereits als Vermittler aktiv. Wie haben Sie selbst in die Branche gefunden? Meine Vermutung: Wenn man junge Menschen fragt, was ihr Traumberuf ist, dürfte „Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler“ nicht unter den Top-Favoriten auftauchen.
Ich bin über ein 3-monatiges Praktikum bei Tecis in die Branche gekommen. Danach war ich zwei Jahre bei einem Makler und habe meine ersten Schritte gemacht. Aber Sie haben Recht, als Traumberuf nahm ich damals den Versicherungsvermittler nicht wahr. Beim Berufsorientierungstest stand damals Versicherungskaufmann bei mir ganz oben auf der Liste, aber mein Onkel redete mir diesen Beruf schlecht. Naja, so richtig erfolgreich war er damit wohl nicht.
Welche Vorurteile über die Vermittlerbranche ärgern Sie besonders?
Dass wir jedem etwas "aufquatschen" wollen. Dass Versicherungen eh nicht zahlen, wenn man sie braucht. Dass unsere Provision uns lieber ist als der Kundennutzen.
Sie haben mit „Was ein Finanzdienstleister heute wissen muss: ... und warum die besten Jahre noch vor uns liegen“ einen Ratgeber als Praxisleitfaden geschrieben. Wann kam Ihnen die Idee zu diesem Buch: und was war Ihr Antrieb hierfür?
Auch wenn es jetzt ein wenig esoterisch klingt, ich hatte dreimal eine richtig tiefe Eingebung, dass ich das Buch zusammen mit Steffen Ritter schreiben soll. Also rief ich ihn an und er lehnte ab. Er half mir bei den ersten Schritten zum Autor und schrieb das Vorwort dafür. Mein Antrieb: Ich litt als junger Mensch genug unter dem schlechten Ruf der Branche und das sollte endlich für jeden - besonders für die heutigen Jungmakler - vorbei sein.
Ihr Buch richtet sich als Praxishandbuch an andere Finanzdienstleister. Warum diese Zielgruppe - und nicht etwa Endkunden, wenn es um das Image der Vermittlerbranche geht? Was können andere Branchenteilnehmer von Ihnen lernen, die ja oft selbst Praxiserfahrung haben?
Ich denke, wir Vermittler können nicht darauf warten, dass die Versicherungsgesellschaften oder sonst jemand den Ruf der Branche wieder richtet. Wir müssen selbst Verantwortung übernehmen und nicht die Schuld den Versicherungen, Verbraucherschützern, dem Staat, Medien oder sonst wem geben. In meinem Buch erkläre ich selbstbewusst, wenn alle Vermittler 50 Prozent meiner Ideen, Gewohnheiten, Denkansätze etc. verinnerlichen und anwenden, dann würden wir viel besser wahrgenommen und der schlechte Ruf würde verschwinden. Der Endkunde wird uns nur durch bessere Leistungen, Handlungen und Kommunikation positiv wahrnehmen können.
Zur zweiten Frage: mein Denken und mein Beratungsansatz sind anders als bei vielen Kollegen. Ich verkaufe nicht, sondern lasse den Kunden einkaufen. Ich belehre meinen Kunden nicht, sondern ich lehre und er erkennt selbst, was zu tun ist. Ich mache keine Produktvergleiche, sondern ich bringe seine Produkte in Einklang mit seiner Lebensstrategie. Bei mir gibt es keine Mutmaßungen vor dem Termin wie zum Beispiel: ‚Das ist ein Riester-Kunde‘.
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Ich gehe mit einem leeren Blatt Papier in den Termin, ergründe den Kunden und male gemeinsam mit ihm sein Bild. Summa summarum beschreibe ich in meinem Buch sämtliche Fehler und Schmerzen meiner Vergangenheit und die Lehren, die ich daraus zog. Bisher haben mir viele Leser bestätigt, wie wertvoll meine Praxistipps für sie sind. Ein Leser nannte es „Die Schule des Vertriebs der Zukunft“.
Was in der Branche schief läuft und wie sich das ändern könnte
Man könnte auch annehmen, dass aus Ihrer Sicht in der Finanzdienstleister-Branche auch einiges falsch läuft. Wie stark hat sie aus Ihrer Sicht selbst zum schlechten Ruf beigetragen - Was läuft schief in der Branche?
Natürlich muss man hier an erster Stelle die Produktgeber nennen. Transparenz im Bereich der Lebensversicherung gibt es erst, seit der Gesetzgeber eingegriffen hat. Es ist schlimm genug, dass der Gesetzgeber überhaupt eingreifen musste. Ich denke da vor allem an die Fehlanreize aufgrund zu hoher Provisionen. So sollen beispielsweise bis zu 15 Monatsbeiträge für die Vermittlung einer privaten Krankenversicherung bezahlt worden sein. Die Gier mancher Produktgeber -und auch einiger Vermittler- war leider zu lange präsent.
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Andererseits gibt es eine sehr einseitige Berichterstattung in den Medien. Es ist einfach viel reißerischer, über Schäden zu berichten, die nicht bezahlt werden. Haben Sie schon einmal darüber gelesen, wie ein Schaden erfolgreich bezahlt wurde?
Und dann sind da noch wir, die Vermittler. Wir haben uns in der Vergangenheit - teilweise auch jetzt noch - gegenseitig schlecht gemacht. Wie soll denn der Kunde dann respektvoll über uns denken, wenn wir uns gegenseitig nicht respektieren? Auch bei uns herrscht oft das Denken des Mangels. Viele Vermittler befürchten, es reicht nicht, es gäbe nicht genug Kunden oder dass sie zu wenig vom Kuchen abbekommen. Es fehlt das Denken der Fülle. Es ist genug für alle da. Wenn dieses Denken präsent wäre, würde niemand mehr einen Kunden beraten, den er nicht mag oder von der Kompetenz nicht bedienen kann. Kurzum: die Produktgeber, die Medien und wir selbst laufen schief!
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Fehler, die man als Versicherungsmakler/Finanzdienstleister vermeiden sollte?
Fehler Nr. 1: Wie schon oben beschrieben, zu denken, als gäbe es nicht genug. Es ist genug für alle da!
Fehler Nr. 2: Überlege dir frühzeitig, welche Rolle du im Markt einnehmen willst: Vermittler oder Unternehmer. Jede Rolle bedarf anderer Kompetenzen und Entscheidungen.
„Denk“-Fehler Nr. 3: Honorarvermittlung geht nicht. Der Kunde zahlt eh nicht.
Fehler Nr. 4: Andere Vermittler (die nicht zugegen sind) schlecht zu reden. Wer das macht, unterliegt der Überlegenheitsillusion. Ich mache den Wettbewerber schlecht, um mich größer zu fühlen. Dieses Verhalten zeigt nur die geringe Ausgestaltung der eigenen Persönlichkeit.
Fehler Nr. 5: Keine Zielgruppe zu haben, sondern alle Themen für alle Kunden anzubieten (Bauchladen).
70 Prozent der Neukunden über Empfehlungen
Ihr Maklerbüro ist im thüringischen Jena, Sie nennen sich selbst „Lieblingsmakler“ und setzen stark auf positive Online-Bewertungen Ihrer Kunden. Auf welchen Wegen gewinnen Sie Neukunden? Welche Rolle haben hierbei soziale Netzwerke und Online-Kontakte?
Wir gewinnen Neukunden zu 70 Prozent über Empfehlungen, 10 Prozent über die Eigen-Akquise und 20 Prozent online über unsere Blogs, E-Books und Social Media-Kanäle. Wir haben festgestellt, dass uns das Empfehlungsgeschäft besser liegt als Online-Leads. Unsere umfangreiche Website unterstützt natürlich das Empfehlungsgeschäft. Über Social Media stellen wir unsere Marke ‚Lieblingsmakler’ in den Vordergrund.
Die Branche hat ein Nachwuchsproblem, der Altersschnitt von Maklern und Finanzanlagenvermittlern liegt bei 55 Jahren. Sie haben ein sehr junges Team in Ihrem Maklerbüro. Wie haben Sie zueinander gefunden?
Mein Kollege, Daniel Böhmel, ist seit 2008 bei mir. Wir kennen uns vom Fußball und sind gute Freunde. Die anderen haben mich über Netzwerke oder über unsere Website gefunden. Natürlich bin ich bei Xing, LinkedIN & Co. gut vernetzt. Stellenanzeigen bei Indeed, Versicherungskarrieren & Co. gehören natürlich dazu. Meine authentische Karriereseite unterstützt den Personalakquise-Prozess.
…haben Sie entsprechend Tipps für Maklerbüros, die Probleme haben, Nachwuchs zu rekrutieren? Wo findet man denn junge und engagierte Mitarbeiter - vielleicht sogar den Nachfolger für eine Weitergabe des Bestandes?
Grundlage ist eine ordentliche und authentische Online-Präsenz und die Teilnahme in den sozialen Medien. Die Technik sollte auf dem aktuellen Stand sein und als Person sollte man Unternehmer sein. Warum? Guten Mitarbeitern muss man eine Heimat bieten. Sie benötigen Sicherheit, Perspektive und klare Verantwortungsbereiche. Das kann ein Einzelkämpfer selten bieten. Des Weiteren sollte sich der Unternehmer Zeit nehmen, um sich stark zu vernetzen, um Kooperationen aufzubauen. Fast alle meiner heutigen Mitarbeiter kannten mich vorher oder wurden aus meinem Netzwerk empfohlen.
Welche Vorteile Honorarberatung bietet
Sie bieten auch Honorarberatung an. Viele Makler fremdeln damit und halten am Provisions-Modell fest. Was sind aus Ihrer Sicht Vorteile - speziell für Vermittler - auch gegen Honorar zu beraten?
Aus meiner Sicht bieten sich drei wesentliche Vorteile:
- Wachstum auf vielen Ebenen. Wer es schafft, die Kosten der Beratung vom Produkt zu trennen und sich entsprechend honorieren zulassen, gewinnt an Klarheit und Selbstvertrauen.
- Schmerzen der Kunden sofort tilgen. Der Kunde hat in der Altersvorsorge immer Schmerzen. Bei der Honorarvermittlung sofort - nämlich bei Rechnungsstellung. In der Provisionswelt kommt der ‚Schmerz‘ nach circa 6 Jahren, wenn er seinen Rückkaufswert versteht, trotz Erklärung im Abschlusstermin. Nach 7 Jahren Honorarvermittlung kann ich sagen: Die Mehrzahl meiner Kunden wünscht sofortige ‚Schmerztilgung’.
- Mehr Flexibilität. Als Honorarvermittler kann man die Honorierung flexibel zum Kunden und zur Situation wählen. Beispielsweise verkaufen wir ein Deckungsstockprodukt für Einmalbeiträge als Festgeldersatz. Das lösen wir mit einer klassischen Rentenversicherung als Nettotarif. In der Provisionswelt wäre das unmöglich.
Haben Sie auch bereits Erfahrung mit Servicevereinbarungen? Wenn ja: Welche Services werden besonders nachgefragt - und wie ist hier die Bereitschaft der Kunden, dafür zu zahlen?
Ja, wir arbeiten seit 2014 erfolgreich mit Servicevereinbarungen. Unsere Durchdringungsquote im Kundenstamm liegt zwischen 50 – 60 Prozent. Besonders wird die Weitergabe von Nachlässen (u.a. Sachversicherungen, Depot), Schadenpremiumservice und Geldcoaching (Traumzeitplanung) im vereinbarten Jahresrhythmus nachgefragt. Die Akzeptanz der Kunden hängt hier - genau wie die Akzeptanz der Honorarvermittlung - vom Berater ab. Hat der Berater das Thema Servicevereinbarungen „gefressen“ oder besser ausgedrückt: verinnerlicht, werden die meisten Kunden es kaufen.
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Mehr zum Buch und zum Autor finden Interessierte auf dieser Webseite: www.robert-peukert/autor
- „Guten Mitarbeitern muss man eine Heimat bieten“
- Was in der Branche schief läuft und wie sich das ändern könnte
- 70 Prozent der Neukunden über Empfehlungen
- Welche Vorteile Honorarberatung bietet