Ist im Fall einer undichten Fuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand Wasser aus „den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen“ ausgetreten? Diese Frage verneinte der Bundesgerichtshof (BGH) im Oktober 2021. Das Wasser, so der BGH abschließend, sei zwar bestimmungswidrig ausgetreten. Aber nicht aus einer jener Quellen, die in den Versicherungsbedingungen aufgezählt werden. Der Versicherer ist demnach leistungsfrei.

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Doch wie gehen die Versicherer mit dem Urteil um? Wird die Regulierungspraxis vergangener Jahre fortgesetzt und der Nässeschaden aufgrund einer undichten Fuge weiterhin als Leitungswasserschaden reguliert? Oder folgt der Versicherer in der eigenen Regulierungspraxis der Entscheidung des BGH?

Versicherungsmakler Erdal Kacmaz aus Hamburg wollte das genau wissen, schrieb die Fachabteilungen der Versicherer an und bat um Auskunft. Nach etwa zwei Monaten war sie dann fertig: Eine Liste, die die Aussagen der Versicherer übersichtlich darstellt. „Die Liste habe ich in verschiedenen Facebook-Fach-Gruppen gepostet und diese Mitteilung wurde sehr positiv aufgenommen, da viele Kollegen sicherlich diese Abfragen auf ihrer to-do-Liste haben, aber durch das regelmäßig etwas hektischere Jahresende und den normalen Vermittleralltag keine Zeit finden, um alle Gesellschaften anzuschreiben, bei denen sie Gebäudeversicherungsverträge haben“, so Kacmaz gegenüber Versicherungsbote.

Die Übersicht zeigt auch, dass noch längst nicht alle Versicherer eine Position zu der Frage bezogen haben. Dabei haben Leitungswasserschäden durch undichte Fugen eine besondere Relevanz. Das zeigt eine Stellungnahme der WWK. Darin heißt es: „Ca. 15 Prozent der gemeldeten Schäden sind auf undichte Fugen zurückzuführen. Das Schadenvolumen beläuft sich hierbei auf ca. 1,2 Mio. EUR.“ Und das allein bei der WWK. Trotz dieser Zahlen wolle die WWK bei ihrer bisherigen Regulierungspraxis bleiben und solche Schäden weiterhin im Rahmen der Leitungswasserversicherung übernehmen. Sollte sich daran etwas ändern, werde eine entsprechende Information erfolgen.

Welche Unternehmen angeschrieben wurden und wie die Antwort ausfiel:

AIG

Wir folgenden dem Urteil des BGH und regulieren diese Schäden nicht.

Allianz

Wir haben die Info erhalten, dass wir bei unserer Regulierungspraxis verbleiben und Schäden durch undichte Duschwannenfugen auch weiterhin übernehmen werden. In unseren Privatschutz 2.0 Bedingungen haben wir das Thema bereits als Beispiel aufgenommen.

ALTE LEIPZIGER

Nässeschäden aufgrund undichter Fugen oder Fliesen (innerhalb privat genutzter Wohnräume)

  • Ein- / Zweifamilienhaus - Im Tarif Classic bis 10.000 €
  • Mehrfamilienhaus - Im Tarif Classic bis 1.000 € / Im Tarif Comfort bis 5.000 €

AXA/DBV

Abstimmungen zwischen Schaden, Betrieb und Vertrieb laufen noch. Nach einer Entscheidung wird sicher umfassend dazu informiert werden. Bis dahin werden wir an unserer bisherigen Regulierungspraxis nichts ändern. Wir regulieren bislang solche Schäden.

Basler

Trotz BGH-Urteil: Basler erkennt auch Schäden aufgrund undichter Fugen im Duschbereich an auf Ihre Anfrage bzgl. dem Urteil des OLG München können wir Ihnen mitteilen, dass wir diesem nicht folgen und auch einen Leitungswasserschaden aufgrund von austretendem Wasser durch eine geflieste Dusche ohne Wanne als einen bestimmungswidrigen Leitungswasserschaden anerkennen. Somit gelten auch für Fugenschäden zwischen gefliester Duschwanne und Wand die üblichen Leistungsvoraussetzungen eines Leitungswasserschadens. Die Einhaltung der vertraglichen Obliegenheiten wird von dieser Entscheidung nicht berührt.

Basler BSG

In Erweiterung zu Ziffer 5 sind Folgeschäden durch Wasser, das in Fugen von Duschplätzen (auch ohne Duschwasser) eindringt, mitversichert.

BGV

Wir zahlen weiterhin Nässeschäden durch undichte Fugen in der aktuellen gewerblichen Gebäudeversicherung und in der Exklusivdeckung im aktuellen privaten Wohngebäudetarif.

Bayerische

Nach dem neuen BGH-Urteil lehnen wir die Schäden durch undichte Fugen ab. Wir wollen aber eine Lösung dafür anbieten und einen kostenpflichtigen Baustein anbieten, mit dem die Kunden sich auch gegen diese Schäden absichern können.

Condor

Wir leisten Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden, weil Dehnungs-/Anschlussfugen von Badewannen oder Duschen in Badezimmern undicht geworden sind.
• Nicht umfasst sind folgende Risiken: Gemeinschaftsduschanlagen wie z.B. in Schwimmbädern, Fitnessstudios, Campinganlagen oder Wellnessbereiche in Hotels sowie Fugen von Reinigungsflächen wie z.B. der Boden in Großküchen.
Die detaillierte Prüfung und Einschätzung eines tatsächlichen Schadens ist natürlich in jedem Fall Aufgabe der Schadenabteilung.

Continentale

Eine offizielle Stellungnahme steht noch aus.

Dialog

Stellungnahme fehlt noch

DOMCURA

Ein Wasserschaden war entstanden, da Leitungswasser bestimmungswidrig lediglich durch undichte Fugen und Risse in den Fliesen in das Mauerwerk eingetreten ist. Insbesondere wird im Urteil darauf verwiesen, dass die Fliesen und Fugen, bzw. der darüber liegende Raum keine mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtungen darstellen und daher kein Versicherungsschutz besteht.
Nach Rücksprache mit unseren Risikoträgern im Bereich des DOMCURA Einfamilienhauskonzeptes können wir Ihnen hiermit bestätigen, dass derartige Schäden bei uns im aktuellen DOMCURA Einfamilienhauskonzept als mitversichert gelten. In diesem Zusammenhang haben wir eine entsprechende Klarstellung in unserem Bedingungswerk vorgenommen. Nachfolgende, klarstellende Regelung wurde ab sofort in das aktuelle Bedingungswerk zum Einfamilienhauskonzept aufgenommen.

ERGO

Wir folgen im Grundsatz der Auffassung des Gerichts zur Abgrenzung von Duschtassen etc. und Fugen bezüglich der mit dem Rohrsystem verbundenen Einrichtungen. Gleichwohl regulieren wir im Privatkundengeschäft vergleichbare Schäden in der Praxis regelmäßig nach individueller Prüfung vor dem Hintergrund der objektiven (Nicht-)Vorhersehbarkeit des Schadens. Eine explizite Ab- bzw. Eingrenzung in unseren Produkt-AVB gibt es aktuell jedoch nicht. Im Rahmen künftiger Produktüberarbeitungen werden wir die Entscheidung des BGH würdigen und Transparenz für unsere Kunden herstellen.

GEV

Die GEV hat bisher bei Nässeschäden, die durch undichte Silikonfugen verursacht wurden, in der Leitungswasserversicherung geleistet. In den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen des Unternehmens finden sich keine speziellen Klauseln zu undichten Fugen. Welche Auswirkungen das neue BGH-Urteil auf die Versicherungsbedingungen und Produktkonzepte haben wird, das gilt es nun in den nächsten Wochen zu bewerten. Bis zu einer abschließenden Einschätzung behält die GEV die bisherige Regulierungspraxis bei.

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Gothaer

Bei Privat, je nach Baustein
Gothaer Wohngebäude Basis - keine Entschädigung
Gothaer Wohngebäude Plus - 100 % der Versicherungssumme
Gothaer Wohngebäude Premium - 100 % der Versicherungssumme
Bei Gewerbe, in jedem Baustein bis 100 % der Versicherungssumme

HanseMerkur bis Signal Iduna

HanseMerkur

Eine offizielle Stellungnahme steht noch aus.

HDI

Das Vorgehen ist zwischen dem Schadenbereich und Produktmanagement abgestimmt. Zu diesem Thema gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Auffassungen. Mehrheitlich ging die Rechtsprechung davon aus, dass die Dusche eine mit dem Rohrsystem verbundene sonstige Einrichtung darstellt. Wir haben uns dieser Ansicht angeschlossen und sind in der Vergangenheit in vielen Fällen von einem versicherten Ereignis in der Leitungswasserversicherung ausgegangen. Dieser Ansicht ist der BGH nicht gefolgt. Das aktuelle Urteil ist eindeutig. Wir werden dem Urteil ab sofort folgen und die darin aufgeführten Grundsätze im Rahmen der Schadenbearbeitung berücksichtigen.

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Helvetia

Aktuell wurde noch kein Urteil von der Helvetia gefällt.

HH Feuerkasse / Provinzial

Gelangt z.B. durch undichte Fugen, gerissene Fliesen oder fehlerhafte Armaturenabdichtungen Leitungswasser bestimmungswidrig hinter die Fliesen der Dusche, so besteht für die dadurch entstandenen Durchnässungsschäden Versicherungsschutz. Die Ursachenbeseitigung ist nicht ersatzpflichtig. Als äußere Grenze der Einrichtung Dusche gilt die Außenkante der Abdichtungsschicht. Zur Abdichtungsschicht zählen der Fliesenkleber oder -mörtel, das Fugenmaterial und -bei neuerer Bauart- die Abdichtungsfolie. Aus welchem Material die nachfolgende bauliche Ebene besteht (Beton, Kalksandstein, Leichtbausteinen, Gipskartonplatten etc.) spielt dabei keine Rolle. Der Durchnässungsschäden daran ist ersatzpflichtig.

HVS

Wir werden uns nicht auf das Gerichtsurteil beziehen und weiterhin Schäden in der Leitungswasserversicherung ersetzen, die durch bestimmungswidrigen Wasseraustritt aus einem verfugten und verfliesten Bereich, der unmittelbar an eine mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtung angrenzt, entstehen.

Interlloyd

Interlloyd So haben wir es bisher schon gehandhabt, da andere OLG dieses bisher so bestätigt haben. Die Frage, die sich jetzt stellt, ist, wie wir mit dieser Lücke in den Bedingungen umgehen. Das Thema haben wir auch schon seit Jahren intern diskutiert, aber mit offenem Ausgang.

InterRisk

Der Entscheidung lag der Fall eines Versicherten zugrunde. Dieser hatte wegen einer undichten Silikonfuge zwischen einer Duschwanne und der angrenzenden Wand einen Nässeschaden erlitten. Bisher galten in unserem Haus, die aus diesen Fällen resultierenden Nässeschäden, als versicherter Leitungswasserschaden. Unser Anliegen ist es, auch weiterhin im Sinne der Versicherungsnehmer zu entscheiden. Im Interesse unserer gemeinsamen Kunden möchten wir daher bis auf weiteres an unserer bisherigen Regulierungspraxis festhalten. Diese Regelung findet Anwendung im Rahmen aller Deckungskonzepte (L - XL und XXL) sowie aller Tarifgenerationen der Wohngebäudeversicherungen.

Konzept

Stellungnahme fehlt noch

Neuendorfer

Die Regulierungsvorgehensweise war bereits vor Verkündigung des aktuellen Urteiles bei uns ganz klar: Der Premiumtarif beinhaltet die Folgeschäden infolge einer schadhaften Fuge (und der Komforttarif schließt diesen Versicherungsschutz aus).

R+V

Wir leisten Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden, weil Dehnungs-/Anschlussfugen von Badewannen oder Duschen in Badezimmern undicht geworden sind. Nicht umfasst sind folgende Risiken: Gemeinschaftsduschanlagen wie z.B. in Schwimmbädern, Fitnessstudios, Campinganlagen oder Wellnessbereichen in Hotels sowie Fugen von Reinigungsflächen wie z.B. der Boden in Großküchen. Die detaillierte Prüfung und Einschätzung eines tatsächlichen Schadens ist natürlich in jedem Fall Aufgabe der Schadenabteilung.

Rhion

Stellungnahme fehlt noch.

SIGNAL IDUNA

Aktuell werden diese Schäden noch übernommen, Urteil wird noch geprüft, Stellungnahme folgt.

VKB bis Zurich

Versicherungskammer(VKB)

Handelt es sich um einen Wasseraustritt durch eine Silikonfuge in einer räumlich abgegrenzten Einzeldusche, gehen wir grundsätzlich von einem versicherten Leitungswasserschaden aus. Dies gilt für Schäden in Duschen mit und ohne Duschwanne. Damit tragen wir der veränderten Bauweise Rechnung. Schäden durch undichte Silikonfugen in privaten Badezimmern sehen wir daher in der Wohngebäudeversicherung grundsätzlich als versichert an. Trotz der kontroversen Meinungen in Rechtsprechung und Literatur haben wir uns für diese sehr kundenorientierte Lösung entschieden. Unabhängig davon sind natürlich vertragliche Sicherheitsvorschriften, wie zum Beispiel die Pflicht zur Wartung dieser Fugen (Silikonfugen sind Wartungsfugen) zu beachten.
Schäden durch austretendes Wasser in Duschräumen, zum Beispiel in Schwimmbädern, Saunaanlagen, Fitness- und Sportanlagen oder baulich nicht abgegrenzten Duschen in Krankenhäusern sind dagegen grundsätzlich nicht versichert. In diesen Fällen fehlt es in der Regel am bestimmungswidrigen Leitungswasseraustritt aus Einrichtungen der Wasserversorgung.

Waldenburger

Stellungnahme fehlt noch.

Württembergische

Nässeschäden durch beschädigte Fugen sind in unseren Bedingungswerken nicht explizit versichert. Dennoch ist es unsere derzeitige Regulierungspraxis, diese Schäden im Rahmen der Verträge vollumfänglich zu regulieren, wenn die Gefahr LW versichert ist. Wichtig: Es ist der Nässeschaden versichert, der Fugenschaden nicht.

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Zurich

Abweichend von diesem Urteil gilt für über unsere Privatkundenversicherungsprodukte versicherten Ein-, Zwei- und Dreifamilienhäuser die Regulierungsvorgabe und -praxis, dass nach wie vor solche Schäden im Rahmen der Wohngebäudeversicherung reguliert werden. Die Regulierung erfolgt im Rahmen der bestehenden Leitungswasserdeckung. Es gelten daher auch die normalen bedingungsgemäßen Ausschlüsse wie z.B. Ausschluss von Schäden durch Schimmel oder Schwamm.

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