Allianz, Deutsche Bank und BlackRock unter den Großinvestoren der Kohleindustrie
Banken und Versicherer wollen raus aus der Kohle und klimaneutral werden: so zumindest in der Theorie. Doch wie sieht die Realität aus? Die deutsche Umweltorganisation Urgewald kommt mit einer eigenen Recherche zu einem nüchternen Ergebnis. Banken und Underwriter investierten demnach in den letzten drei Jahren 1,5 Billionen US-Dollar in die globale Kohleindustrie, Investoren weitere 1,3 Billionen: darunter auch die Allianz und die Deutsche Bank.
- Allianz, Deutsche Bank und BlackRock unter den Großinvestoren der Kohleindustrie
- Allianz will schrittweise reduzieren
“Es ist die wichtigste Aufgabe der kommenden Dekade, eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten“: Diese Worte stammen von Oliver Bäte, Vorstandschef der Allianz. Erstmals vor drei Jahren ist der Versicherer -und damit Großinvestor- an die Öffentlichkeit getreten, um zu betonen, dass man künftig klimaneutral werden wolle und sich aus umweltschädlichen Investments zurückziehen. Wenn auch auf lange Distanz: als Zielmarke wurde das Jahr 2050 ausgegeben. Die gesamte Branche hat sich 2021 der Klimaneutralität verpflichtet: Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht die Versicherer als Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel.
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Doch wie ernst meinen es die Versicherer damit? Die deutsche Umweltorganisation Urgewald meldet nun Zweifel an. Mehr als 1,5 Billionen US-Dollar seien in den letzten drei Jahren an die globale Kohleindustrie in Form von Krediten und Underwriting geflossen, so das Ergebnis einer Studie. Weitere 1,2 Billionen US-Dollar würden institutionelle Investoren in Form von Kohle-Aktien und -Anleihen halten. Zwar wurden hier die weltweiten Investitionen erfasst. Aber 85 Prozent dieser Gelder würden allein aus acht Staaten stammen, darunter auch Deutschland. Die Allianz zählt trotz ihrer erklärten Klimaziele im Erhebungszeitraum zu den weltweiten Top 20 der Kohle-Investoren. Erhoben wurden die Daten von Januar 2019 bis September 2021.
Investoren: Blackrock stärkster Unterstützer der Kohle - Allianz auf Rang 20
Für die Studie hat das niederländische Recherche-Institut Profundo Daten der Kohlefirmendatenbank „Global Coal Exit List“ ausgewertet. Hier sind Informationen zu 1.023 Unternehmen und circa 1.800 Tochtergesellschaften enthalten, die entlang der Kohle-Wertschöpfungskette tätig sind. Es ist die weltweit größte und umfassendste Datenbank zur Kohleindustrie. Neben Urgewald waren 16 weitere internationale Organisationen an der Publikation beteiligt.
Mit Blick auf die Investoren sind laut Studie US-amerikanische Firmen größter Geldgeber: allen voran BlackRock mit 109 Milliarden Euro sowie Vanguard mit 101 Milliarden Euro. Es folgen die US-Häuser Capital Group und State Street; der japanische Government Pension Investment Fund belegt Platz 5. Insgesamt summierten sich Aktien und Anleihen von Unternehmen der globalen Kohleindustrie auf einen Wert von 1,2 Billionen US-Dollar.
Deutsche institutionelle Investoren sind ebenfalls zahlreich vertreten: auch wenn sich ihr Anteil auf „nur“ 21,6 Milliarden US-Dollar beziffert. Die Allianz Gruppe platziert sich weltweit auf Rang 20 der Kohle-Anteilseigner: mit 9,4 Milliarden US-Dollar. Allein 6,4 Milliarden entfallen dabei auf die US-Tochter PIMCO, einer der größten Vermögensverwalter der Welt. Auch die Deutsche Bank und ihre Tochter DWS sind beim Investment in Kohle gut dabei: 8 Milliarden US-Dollar bedeuten international Rang 28 für die Frankfurter.
Julia Dubslaff, Finanzresearcherin bei Urgewald, kommentiert: „Die hohen Kohleinvestitionen bei der Allianz enttäuschen. Ihre Vermögensverwalter Pimco und AGI verhageln der Allianz die klimafreundliche Bilanz – höchste Zeit, gerade bei Pimco aufzuräumen! Auch bei der Deutschen Bank passen Selbstbild und Finanzierungen nicht zusammen. Die Bank rühmt sich ihrer Nachhaltigkeit und sagt, dass sie die Transformation von Unternehmen begleiten will, finanziert aber nach wie vor Unternehmen, die immer noch neue Kohleminen oder -kraftwerke bauen wollen, was das Gegenteil von klimafreundlicher Transformation ist.“
Allianz will schrittweise reduzieren
Eine Allianz-Sprecherin positioniert sich zu den Vorwürfen gegenüber dem Versicherungsboten, dass die Anzahl der Kohleindustrie-Holdings inzwischen niedriger sei, da die Urgewalt-Studie sich auf einen Zeitraum bezog (2019-November 2021), in dem die hauseigenen Ausschlusskriterien für Kohle-Investments noch nicht beschlossen und angeschoben wurden. Sie schreibt:
„Wichtig ist angesichts der steigenden Strompreise und Inflation eine sozial verantwortungsvolle Energiepolitik, die Empfehlungen der Klimaforschung folgt. Die Allianz unterstützt diesen Wandel über die Umsetzung des 1,5°-Klimaziels im Kerngeschäft. Im Kundenportfolio in der Schaden- und Unfallversicherung und der Anlage der Versichertengelder reduzieren wir die Treibhausgasemissionen in 5-Jahres-Schritten bis spätestens 2050 auf Netto-Null. Kohlebasierte Risiken in diesen Portfolien laufen schrittweise bis 2040 vollständig aus. Wir senken den Schwellenwert des Jahresumsatzes aus dem Abbau von Kohle bzw. dem Anteil der Stromerzeugung aus Kohle von aktuell 30 Prozent auf 25 Prozent zum 31. Dezember 2022; ab Ende 2025 auf 15 Prozent; ab Ende 2029 wird er auf fünf Prozent gesenkt (Ausnahme Asien mit zehn Prozent)“, so die Allianz-Sprecherin.
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Dieser Ansatz folge den Empfehlungen der internationalen Klimaforschung (IPCC-Bericht) und habe sich über die Net-Zero-Allianzen als weltweiter Standard für die globale Finanzwirtschaft etabliert, argumentiert die Sprecherin weiter. „Unsere Asset Manager PIMCO und Allianz Global Investors handeln im Auftrag ihrer Kunden und verfolgen unterschiedliche Nachhaltigkeitsansätze. Für die von AllianzGI gemanagten Publikumsfonds gelten Ausschlusskriterien für Unternehmen mit Jahresumsatz aus dem Abbau von Kohle bzw. dem Anteil der Stromerzeugung aus Kohle von 30 Prozent. Für alle anderen Fonds – einschließlich Spezialfonds, institutionelle und Subadvisory-Mandate – wird AllianzGI auf eine Einwilligung der jeweiligen Kunden zur Anwendung der Kriterien hinwirken. Die Mehrheit der Kunden hat dem mittlerweile zugestimmt“.
Underwriting und Kredite: weitere 1,5 Billionen US-Dollar für die Kohle
Auch Kredite und Underwriting sehen die Umweltschützer kritisch: Sie erlauben es den Kohlefirmen, zu expandieren und zum Beispiel neue Kohlekraftwerke zu bauen. Underwriting nimmt mittlerweile den Löwenanteil bei der Finanzierung der globalen Kohleindustrie ein. Bei Underwriting unterstützen die Banken ihre Firmenkunden dabei, neues Kapital an den Finanzmärkten aufzunehmen, indem sie in ihrem Namen neue Anleihen oder Aktien auflegen und verkaufen. Zwischen Januar 2019 und November 2021 wurden Underwriting-Mandate in Höhe von 1,2 Billionen US-Dollar an die globale Kohleindustrie vergeben. Mit Krediten summierte sich der Betrag auf 1,5 Billionen US-Dollar.
Die Underwriting-Spitzenreiter kommen derzeit aus China (Industrial Commercial Bank of China, China International Trust and Investment Corporation und Shanghai Pudong Development Bank): kein Wunder, werden dort doch soeben rund 200 neue Kohlekraftwerke gebaut. Entsprechend hoch ist auch der Finanzierungsbedarf. Die einzige nicht-chinesische Bank unter den führenden 12 Underwritern für die Kohleindustrie ist JPMorgan Chase aus den USA – sowohl Mitglied in der Net Zero Banking Alliance und zudem auf Platz 7 der weltweit größten Kreditgeber der Kohleindustrie.
Allgemein entwickelt sich Asien zu einem Zentrum neuer Kohle-Bauvorhaben. Nach einem Bericht des Think Thanks Carbon Trecker planen die Länder China (187,1 GW), Indien (59,8 GW), Vietnam (23,8 GW) Indonesien (23,6 GW) und Japan (8,5 GW) den Bau von mehr als 600 neuen Kohlekraftwerken mit einer Gesamtkapazität von mehr als 300 Gigawatt. Das entspricht 80 Prozent der weltweiten Bauvorhaben. Das Underwriting hat sich hierbei mittlerweile zur Hauptfinanzierungsquelle für die globale Kohleindustrie entwickelt. "Unsinnigerweise wird es derzeit allerdings von den Verpflichtungen innerhalb der Net Zero Banking Alliance nicht berücksichtigt", kritisiert Urgewald.
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Zehn deutsche Finanzinstitute gaben im Untersuchungszeitraum zusammen 8,9 Milliarden US-Dollar in Form von Krediten an die globale Kohleindustrie. Davon entfielen allein 68 Prozent auf die zwei größten deutschen Institute: 3,4 Milliarden US-Dollar auf die Deutsche Bank und 2,7 Milliarden US-Dollar auf die Commerzbank – beide ebenfalls Mitglieder der Net Zero Banking Alliance.
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