LVM stellt sich der eigenen NS-Vergangenheit
Landwirtschaft nahm in der Ideologie des Nationalsozialismus eine besondere Stellung ein. Wie sich das konkret auf die Unternehmensgeschichte auswirkte, ließ die LVM von unabhängiger Stelle untersuchen und präsentierte die Ergebnisse der Studie.
Im September 1933 wurden alle in der Landwirtschaft, in der Fischerei und im Gartenbau tätigen Personen und Betriebe, Verbände und die Landwirtschaftskammern zwangsvereinigt. Grundlage dafür war das „Gesetz über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes“.
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Betroffen war davon auch indirekt die LVM, denn die Träger des Versicherers, der Westfälische Bauernverein und Landwirtschaftskammer Westfalen, wurden ebenfalls in den Reichsnährstand eingegliedert. Inwiefern die LVM in dieser Zeit Schuld auf sich geladen hat, sollte eine Studie ermitteln, die der Versicherer in Auftrag gegeben hat.
„Wir haben uns bewusst für eine unabhängige und wissenschaftlich-fundierte Aufarbeitung entschieden, um Einsicht in die Verstrickungen des Unternehmens und seiner Persönlichkeiten zu erhalten“, so LVM-Vorstandsvorsitzender Dr. Mathias Kleuker. Die LVM beauftragte eigeninitiativ die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG) mit einer Studie zum Thema „Die LVM in der Zeit des Nationalsozialismus“. Bei der GUG handelt es sich um eine international anerkannte wissenschaftliche Einrichtung, die auf unternehmenshistorische Forschung spezialisiert ist. Als Autor der Studie wurde Prof. Dr. Johannes Bähr als anerkannter Experte der Unternehmens- und Wirtschaftsgeschichte mit Schwerpunkt „Drittes Reich“ gewonnen.
Der Historiker forschte 1,5 Jahre und stellte die Ergebnisse seiner Untersuchung am 09. März vor. Titel der Arbeit: „Bauernführer, Direktoren und Vertrauensmänner: Die LVM Versicherung im 'Dritten Reich’“. In der Bewertung der Studienergebnisse kommt Prof. Dr. Johannes Bähr zu dem Schluss, dass sich die „LVM zur NS-Zeit durch eine besondere Nähe zum NS-Regime auszeichnete. Dennoch gehört die LVM nicht zu den Unternehmen im `Dritten Reich`, die schwere NS-Verbrechen begangen haben“.
Kritisch sieht der Wissenschaftler vor allem die Rolle der Führungsgremien, die 1933 frühzeitig und geschlossen ihre Ämter zu Verfügung gestellt und somit den Weg frei gemacht hätten für die „ideologische und strukturelle Gleichschaltung“ durch das NS-Regime. Auch wenn die Eingliederung in den Reichsnährstand nicht hätte verhindert werden können, so müsse sich die LVM doch ihrer historischen Verantwortung für die Regimenähe in den Jahren 1933 bis 1945 stellen, so der Historiker.
„Das Wissen um die eigene Geschichte und der zukunftsorientierte Umgang damit ist Teil unserer unternehmerischen Verantwortung, die wir sehr ernst nehmen und leben – gerade angesichts aktueller gesellschaftlicher Tendenzen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen, ist das wichtiger denn je“, stellte Dr. Mathias Kleuker die Relevanz historischer Studien für die Jetztzeit heraus.
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Mehr Details zu den Studien-Ergebnissen veröffentlichte die LVM auf ihren Webseiten. Auf ähnliche Weise stellten sich beispielsweise bereits die Allianz oder die VGH Versicherungen ihrer Unternehmensgeschichte zwischen 1933 bis 1945.