Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz (BSRG) wollte die Bundesregierung die Attraktivität der betrieblichen Altersvorsorge erhöhen: Bei Entgeltumwandlung besteht seitdem die Pflicht eines Arbeitgeberzuschusses. 15 Prozent des umgewandelten Entgelts muss der Arbeitgeber demnach zusätzlich als Zuschuss zahlen. Für Neuverträge greift diese Regel seit 2019 und für Altverträge seit dem 1. Januar 2022.

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun mit zwei Urteilen die Rechtsprechung zu den neuen Regeln präzisiert. Und das nicht nur zum Vorteil der Arbeitnehmer. Denn in einem Fall hob das Gericht hervor, dass die Regeln zum umgewandelten Entgelt auch abweichen können, wenn ein Haustarifvertrag auf einen Alttarifvertrag aus dem Jahr 2008 Bezug nimmt. „Verweist ein Haustarifvertrag aus dem Jahre 2019 auf diesen Tarifvertrag, ist ein Anspruch auch über den 31. Dezember 2021 hinaus ausgeschlossen“, schreibt das Gericht per Pressetext. Es verwies auf die Tariföffnungs-Klausel des § 19 Abs. 1 BetrAVG, die es Arbeitgebern und Arbeitnehmern erlaube, auch abweichende Vereinbarungen zu treffen (Urteil vom 08.03.2022 - 3 AZR 361/21; 3 AZR 362/21).

Zwei Klagen gegen denselben Arbeitgeber

In den Rechtsstreiten hatten zwei Arbeitnehmer geklagt, die zusätzlich zu ihrer Betriebsrente auch den 15prozentigen Arbeitgeberzuschuss ab 2018 einforderten. Grundlage war ein Tarifvertrag zur Altersversorgung, der zwischen dem Landesverband Niedersachen und Bremen der der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und der IG-Metall abgeschlossen wurde. Auf dieser Grundlage wandelten sie Entgelt zu einem Pensionsfonds der Metallrente um.

Die Entgeltumwandlung war tarifrechtlich geregelt. Der Tarifvertrag eröffnet den Arbeitnehmern die Möglichkeit, Entgelt bis zur steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Höchstgrenze umzuwandeln. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde ab 2018 auch die Steuerfreiheit für umgewandelte Entgelte angehoben: auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Rentenversicherung (West) bzw. aktuell 6.768 Euro jährlich. Sozialversicherungsfrei ist die Entgeltumwandlung in Höhe von maximal vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sparen hierbei den auf den umgewandelten Betrag entfallenden Beitrag zur Sozialversicherung: Was aber im Umkehrschluss auch die Anrechte des Arbeitnehmers aus der Sozialversicherung schmälert.

Der Arbeitgeber gewährte den beiden Klagenden aufgrund des Tarifvertrags zusätzlich einen Altersvorsorge-Grundbetrag in Höhe des 25-fachen Facharbeiterecklohns pro Kalenderjahr. Die Konstellationen sind bei beiden Beschäftigten jedoch etwas anders. In einem Fall ist die Grundlage ein beidseitiger Tarifvertrag aus dem Jahr 2008. Im anderen Fall ein Haustarifvertrag aus dem Jahr 2019, der auf den Tarifvertrag von 2008 verweist. Stark vereinfacht handelt es sich bei einem Haustarifvertrag um einen Tarifvertrag, der nicht -wie üblich- zwischen einem Arbeitgeberverband und einer tarifschließenden Gewerkschaft ausgehandelt wurde, sondern direkt zwischen dem jeweiligen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer Firma, wobei der Arbeitnehmer jedoch auch Mitglied einer tarifschließenden Gewerkschaft ist.

Die Vorteile (bzw. Tücken) eines Haustarifvertrages?

In beiden Fällen verneinte das Bundesarbeitsgericht, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, für den verhandelten Zeitraum den 15prozentigen Zuschuss zu zahlen. Damit schloss es sich den Urteilen der Vorinstanzen an.

Mit Blick auf den Tarifvertrag von 2008 verwiesen sie auf § 26a des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Dieser sieht eine Übergangsfrist für bestehende Betriebsrenten vor: Demnach gilt die Pflicht des Arbeitgeberzuschusses für individual- und kollektivrechtliche Vereinbarungen zur Entgeltumwandlung, die bereits vor 2019 geschlossen wurden, erst ab dem 1. Januar 2022. Stark vereinfacht: Weil der Gesetzgeber eine Übergangsfrist für Altverträge definiert hat, in denen der Arbeitgeber diesen Zuschuss nicht zahlen muss, können die Klagenden für diese Frist auch keine Zuschüsse verlangen. Sondern eben erst ab 2022.

Bei dem Haustarifvertrag handle es sich zudem um eine kraft des Gesetzes zugelassene Abweichung nach § 19 Abs. 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG): eben jene Klausel, die es erlaubt, dass von Tarifen abgewichen werden darf, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eigene Verträge aushandeln. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ist regelmäßig der Haustarifvertrag gegenüber einem Verbandstarifvertrag spezieller und geht diesem vor. So auch im vorliegenden Fall: Das Gericht verwies auf den zugestandenen Altersversorgungsgrundbetrag, der bereits eine „von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichende Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens und der Lasten der Entgeltumwandlung“ enthalte.

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Der urteilende dritte Senat hat allerdings offengelassen, ob der Tarifvertrag zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008 von der Tariföffnung des § 19 Abs. 1 BetrAVG Gebrauch machen und den Anspruch der Arbeitnehmer modifizieren konnte, obwohl er vor dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes abgeschlossen wurde. Entsprechender Paragraph wurde erst mit dem „Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung“ ergänzt. Ein Anspruch auf den zusätzlichen Arbeitgeberzuschuss sei damit auch über den 31.12.2021 hinaus ausgeschlossen.