Rente: 7,3 Millionen Erwerbstätige wechseln bald in Ruhestand
Zeitnah werden 7 Millionen deutsche Bürger in Rente gehen - und damit nicht nur die Probleme der Sozialversicherung verschärfen, sondern auch auf dem Arbeitsmarkt fehlen. Denn viele verlassen genau jene Branchen, in denen ohnehin Arbeitskräfte fehlen: und es schwer ist, Nachwuchs zu gewinnen. Davor warnt aktuell das arbeitgebernahe „Institut der deutschen Wirtschaft“ (IW) Köln.
Der demografische Trend -Deutsche werden immer älter- setzt nicht nur die Sozialsysteme unter Druck, sondern auch den Arbeitsmarkt. Denn aktuell ist bereits jeder vierte Beschäftigte (22,8 Prozent) älter als 55 Jahre. Darauf macht eine repräsentative Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) aufmerksam, das am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln angesiedelt ist. Auf die Studie macht die Funke Mediengruppe aufmerksam.
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7 Millionen angehende Rentner
Konkret argumentiert das Kompetenzzentrum, dass in den kommenden zehn Jahren circa 7,3 Millionen Frauen und Männer sich in den Ruhestand verabschieden werden. Mehr als zwei Millionen sind hierbei in Branchen tätig, in denen jetzt schon Personal fehlt. Beispiel Logistik-Branche: jeder dritte Berufskraftfahrer ist über 55 Jahre alt. Schon heute würden 80.000 Fahrer fehlen, wobei der Bedarf auch durch Kraftfahrer aus dem Ausland nicht gedeckt werden könne.
Weitere Engpässe drohen im Gesundheitssektor. 40 Prozent des Führungspersonals in der Gesundheits- und Krankenpflege, aber auch bei Rettungsdiensten und Hebammen, seien älter als. 55 Jahre. Schon heute könnten 90 Prozent der ausgeschriebenen Stellen nicht besetzt werden, warnt Kofa.
Die Versicherungsmakler-Branche wird nicht genannt: Aber hier zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Altersschnitt der Vermittlerinnen und Vermittler liegt bei über 51 Jahren, wie zum Beispiel die Marktstudie „AssCompact AWARD“ zeigt. Auch hier droht der Branche ein Nachwuchsproblem.
Mehr Ältere arbeiten
Zugleich beobachtet das Kofa aber auch, dass immer mehr ältere Menschen arbeiten. So habe sich die Erwerbstätigenquote in der Altersgruppe Ü55 von 37,8 Prozent im Jahr 2013 auf 71,7 Prozent in 2020 fast verdoppelt. Von den 3,9 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in diesem Zeitraum neu hinzukamen, seien 2,5 Millionen älter als 55 Jahre gewesen. Es gibt einen Beschäftigungsboom in der älteren Bevölkerungsgruppe.
Diesen Trend zeigen auch Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Die Zahl der Menschen, die im Alter von 65plus einer Erwerbsarbeit nachgehen, hat sich demnach zwischen 2009 und 2019 verdoppelt. Besonders Selbstständige und mithelfende Angehörige üben ihren Beruf häufig auch jenseits eines Alters von 65 Jahren aus: Mit 37 Prozent liegt der Anteil mehr als dreimal so hoch wie bei allen Erwerbstätigen. Auch in der Maklerbranche ist es ein häufiges Modell, dass noch nach dem regulären Renteneintrittsalter weitergearbeitet wird.
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Das Kofa spricht sich für ein flexibleres Renteneintrittsalter aus, um einem Fachkräftemangel vorzubeugen. Sprich: Die älteren Fachkräfte können -und sollen- länger arbeiten, um den Arbeitsmarkt zu entlasten. Auffallend ist aber auch, dass in der Studie Branchen genannt werden, die mit hoher körperlicher Belastung und vergleichsweise niedriger Bezahlung einher gehen. Die Funke-Mediengruppe zitiert hierzu DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel: in manchen Branchen sei der Mangel durch schlechte Arbeitsbedingungen auch „hausgemacht“.