Lebensversicherung 2022: Welche Altersvorsorge-Produkte eine Zukunft haben - und welche nicht
Das Analysehaus Morgen & Morgen hat in einem aktuellen Marktblick die Erwartungen für Lebensversicherer 2022 bewertet und eingeordnet. Vor allem für Altersvorsorge-Produkte ist das Umfeld schwierig: Von Beitragsgarantien müssen sich die Versicherer verabschieden, die Riester-Rente gehört zu den Verlierern.
- Lebensversicherung 2022: Welche Altersvorsorge-Produkte eine Zukunft haben - und welche nicht
- Nicht geförderte Rentenprodukte
Die Angebote der deutschen Lebensversicherer ändern sich: Aktuell sind viele Tarifanpassungen zu beobachten. Gezwungenermaßen, denn speziell in der Altersvorsorge sehen sich die Assekuranzen einem herausfordernden Marktumfeld gegenüber. Dies ist eine Kernthese im aktuellen Marktblick von Morgen & Morgen, den das Analysehaus in einem Pressetext vorstellt.
Anzeige
Während die Tarife zur Absicherung der Arbeitskraft und zur Risikovorsorge zwar überarbeitet worden seien, kamen sie aber im Schnitt mit leichten Beitragserhöhungen ins neue Jahr, berichtet das Analysehaus. Der größte Änderungsbedarf zeigte sich hingegen in der Altersvorsorge. Hier habe die Senkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent dazu beigetragen, dass Tarife umgestellt und neu kalkuliert werden mussten. Das betraf vor allem die Beitragsgarantien: also die Zusage, dass die eingezahlten Prämien auch zum Ablaufzeitpunkt der Verträge als Kapital zur Verfügung stehen. „Die Abkehr von der 100-prozentigen Beitragsgarantie wurde in den unterschiedlichen Tarifarten der Altersvorsorge noch deutlich verstärkt. 80 Prozent ist das neue 100 Prozent“, so heißt es hierzu im Pressetext.
„Der Altersvorsorgemarkt verändert sich aktuell stark und zeigt die Tarifarten hinsichtlich ihrer Relevanz und Attraktivität in einem neuen Gefüge“, stellt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik, die derzeitige Entwicklung dar. Das bedeute einen Verlust an Vielfalt der Tarifarten, während der Absicherungsbedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher weiter bestehen bleibe.
Steuerlich geförderte Rentenprodukte
Besonders schwierig gestaltet sich die Situation bei einigen steuerlich geförderten Rentenprodukten. Hier schreibt der Gesetzgeber strenge Regeln vor, die garantieren sollen, dass die Altersvorsorge auch sicher ist: etwa zum Beitragserhalt und wie das Kapital angelegt werden muss. „In diesem Rahmen sind die Produktgeber wenig flexibel, was in der aktuellen Kapitalmarktsituation und dem damit verbunden niedrigen Rechnungszins dazu führt, dass die Finanzierbarkeit oftmals nicht mehr gegeben ist und viele Anbieter ihre Produkte einstellen,“ kommentiert Experte Saal.
Bei der Basisrente -umgangssprachlich auch Rürup-Rente genannt- ist das Problem der Beitragsgarantie am ehesten zu lösen. Mit diesem Instrument sollen Selbstständige staatlich gefördert für ihr Alter vorsorgen können: Doch die Förderung beschränkt sich auf Steuervorteile. Entsprechend schreibt der Gesetzgeber auch nicht vor, dass 100 Prozent des Beitrages bis Rentenbeginn erhalten bleiben müssen. „Für die Tarife der Basisrente wurde die Beitragsgarantie im Zuge der neuen Kalkulation auf unter 100 Prozent gesenkt. Sie hat sich bei ca. 80 Prozent eingependelt. Klassische Basisrenten werden kaum noch angeboten, sie sind aufgrund sinkender Beitragsgarantien und fehlender Partizipation an den Chancen der Kapitalmärkte nicht mehr attraktiv“, berichtet Morgen & Morgen.
Andere Basisrente-Produkte hingen derzeit noch in den Freigabeprozessen hinsichtlich der PIA-Klassifizierungen. Das Angebot verzeichne daher aktuell eine vorübergehende Delle, schreibt Morgen & Morgen.
Anzeige
Deutlich düsterer sieht die Situation bei der Riester-Rente aus. Diese würde aktuell nur noch von einer Handvoll Anbieter angeboten, beobachten die Analysten. Denn Riester hat nicht nur ein Nachfrageproblem, sondern auch ein Angebots-Seitiges: viele Versicherer ziehen sich aus dem Neugeschäft zurück. Aufgrund des Niedrigzinses seien die Kosten einer 100 Prozent Beitragsgarantie kaum noch finanzierbar. Auch die zugesagten Provisionen und Vertriebsvergütungen können kaum noch dargestellt werden, will man den Sparenden 100 Prozent des Beitrages plus Förderung zusichern. Deshalb beobachtet Morgen & Morgen einen neuen Trend: Manche Anbieter gehen dazu über, Riester-Angebote nur noch über die Honorartarif- Variante anzubieten. Hier müssen keine Abschlusskosten für die ersten Jahre der Vertragslaufzeit einkalkuliert werden, die es erschweren, eine 100 Prozent Beitragsgarantie zu sichern.
Nicht geförderte Rentenprodukte
Bei den nicht geförderten Rentenprodukten gestaltet sich die Situation weniger konfliktreich: Sie sind flexibler, die Vorgaben des Gesetzgebers weniger streng. Folglich sind auch mit Blick auf Beitragsgarantien und Kapitalanlage mehr Optionen gegeben. Produktspezifische Korsetts gebe es aber auch hier, berichtet Experte Saal: vor allem in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). „Am Ende geht es um vertretbare Renditen, die sich am Markt erwirtschaften lassen und bei Verbraucherinnen und Verbrauchern im Rahmen ihrer Geldanlage zur Altersvorsorge Akzeptanz finden“, so der Analyst.
Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge können die Anbieter die 100 Prozent Beitragsgarantie nicht mehr halten und landen größtenteils bei 80 Prozent. Damit sei die Direktversicherung mit Beitragszusage mit Mindestleistung, die eine 100-prozentige Beitragsgarantie voraussetzt, vom Markt verschwunden. Die klassische bAV werde folglich kaum mehr angeboten: Beitragsgarantie und strenge Vorschriften bei der Kapitalanlage -auch hier müssen die Versicherer in festverzinsliche Papiere investieren- bedeuten das Aus für diese Vorsorgeform.
Anzeige
Privatrente: fondsgebundene Rentenversicherung im Aufwind
Flexibel ist die Privatrente: Hier haben die Versicherer verschiedenste Formen gefunden, um mit Garantien und zugleich der Möglichkeit für renditenträchtigere Kapitalanlagen umzugehen. 100 Prozent Garantie sei eine Seltenheit geworden, berichtet Morgen & Morgen. Der Fokus liege jetzt auf 80 Prozent Garantie. Er rücke jedoch zunehmend in Richtung fondsgebundene Produkte ohne Garantie. Klassische Rentenprodukte sind hier ebenfalls am Verschwinden, weil enge Garantievorschriften und strenge Vorgaben bei der Kapitalanlage es den Anbietern kaum möglich machen, die Zusagen an Kundinnen und Kunden zu erwirtschaften.
Das Fazit der Studienmacher: "Es gibt viele Überlebende, aber nur wenige Gewinner in der aktuellen Situation. Der Fondsgebundenen Rentenversicherung ohne Garantie sowie mit flexiblen Garantieangeboten gehört sicherlich die Zukunft. Sie hat die Möglichkeit sich so flexibel aufzustellen, dass sie mit den Chancen des Kapitalmarktes mitgehen kann – jedoch auch mit den damit verbundenen Risiken. Der Kunde kann somit flexibel das zu seinem persönlichen Maß an Chancen und Risiken passende Produkt wählen."
Der Markt stehe weiter unter starkem Druck, wobei der Bedarf bei Verbraucherinnen und Verbrauchern nach verlässlichen Altersvorsorge-Produkten weiterhin bestehe. Hier gelte es, transparente Rendite-Aussagen zu machen, auch wenn das den Vertriebsinteressen teils zuwider laufe.
Anzeige
- Lebensversicherung 2022: Welche Altersvorsorge-Produkte eine Zukunft haben - und welche nicht
- Nicht geförderte Rentenprodukte