Vermögensnachfolge: Immobilienportfolios durch Nießbrauch absichern
Immobilien fallen bei der Vermögensnachfolge oftmals stark ins Gewicht und können hohe Steuerforderungen auslösen. Das gilt umso mehr bei den rasant gestiegenen Werten der vergangenen Jahre. Welche steuerlichen Vorteile der Nießbrauch bietet und wie man sie nutzt, erklärt Dr. Christopher Riedel LL.M. im Gastbeitrag.
- Vermögensnachfolge: Immobilienportfolios durch Nießbrauch absichern
- Durch Schenkungsstrategie die gesetzlichen Freigrenzen öfter ausnutzen
Immobilien sind für viele Finanzberater eine Assetklasse, mit der sie nahezu täglich umgehen. Die Mandanten haben Finanzierungsbedarf, wollen kaufen oder verkaufen oder benötigen Ratschläge für die optimale Portfoliostrukturierung, gerade bei wachsenden Werten. Und diese sind nicht selten, auch nicht bei Privatkunden. Vielfach finden sich Immobilienvermögen, die mehrere Häuser und Wohnungen beinhalten.
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Und durch die rasanten Preisanstiege der vergangenen Jahre haben sich die Werte nochmals erhöht: Zum Ende des Jahres 2020 belief sich das in Wohnbauten investierte Vermögen der privaten Haushalte in Deutschland auf eine Summe von rund fünf Billionen Euro, die Gesamtsumme von Grundstücken, Nichtwohngebäuden und Wohngebäuden lag bei mehr als 8,8 Billionen Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie 2001 und fast 25 Prozent mehr als 2016.
Wichtig dabei ist, diese Werte im Rahmen der Vermögensnachfolge genau zu analysieren und frühzeitig eine tragfähige Struktur für den Übergang in die nächste Generation zu entwerfen. Die hohen aktuellen Werte können in spürbaren erbschaft- beziehungsweise schenkungssteuerlichen Bemessungsgrundlagen resultieren, die auch nicht durch sachliche Steuerbefreiungen auf ein erträgliches Maß herab gemildert werden können.
Vermieteter Wohnraum mit sachlicher Steuerbefreiung von zehn Prozent
Um das zu konkretisieren: Zwei Mehrfamilienhäuser an ertragsstarken Standorten können ohne weiteres mehrere Millionen Euro wert sein, was wiederum bei einer ungeregelten Vermögensnachfolge zu einer spürbaren erbschaftsteuerlichen Belastung führen kann. Erben Partner und ein Kind in diesem Beispiel zu gleichen Teilen die Immobilien im Wert von drei Millionen Euro, muss der Ehepartner eine Million Euro versteuern, das Kind 1,1 Millionen Euro (die erbschaftsteuerlichen Freibeträge belaufen sich 500.000 beziehungsweise 400.000 Euro).
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Für vermieteten Wohnraum existiert zwar eine sachliche Steuerbefreiung in Höhe von zehn Prozent des steuerlich maßgeblichen Werts des jeweiligen Objekts (§ 13d ErbStG), dies ist aber angesichts der hohen Werte doch eher ein Tropfen „auf den heißen Stein“. Da der steuerpflichtige Erwerb in der Klasse bis sechs Millionen Euro liegt, werden für Ehegatten und Kind jeweils 19 Prozent Steuer fällig, also mit der eingerechneten Reduzierung 171.000 beziehungsweise 188.100 Euro. Diese Summen sind nach Erhalt des Steuerbescheids innerhalb eines Monats zu zahlen. Dass in solchen Fällen oft ein Verkauf der Immobilie im Raum steht, um die Steuern zu begleichen, ist nicht verwunderlich.
Durch Schenkungsstrategie die gesetzlichen Freigrenzen öfter ausnutzen
Diese steuerliche Belastung des Familienvermögens gilt es bestmöglich zu verhindern, und der Berater kann der Impulsgeber dafür sein, frühzeitig eine professionelle und tragfähige Struktur anzustoßen. Und das bezieht sich nicht nur auf die Möglichkeit, über eine Schenkungsstrategie schon weit vor dem Erbfall die gesetzlichen Freibeträge, die alle zehn Jahre zur Verfügung stehen, auszunutzen und damit die Werte des zu übertragenden Vermögens zu reduzieren. Denn ebenso wichtig ist die emotionale und faktische Sicherheit des Schenkers und späteren Erblassers, der oftmals geneigt ist, Vermögen lebzeitig zu übergeben, aber dennoch weiterhin darüber verfügen möchte, etwa im Sinne der Vereinnahmung der Mieterträge oder der Freiheit, Wohnungen an persönlich genehme Mieter zu vermieten.
Nießbrauch erleichtert Vermögensübertragung
In diesem Zusammenhang rückt immer wieder der Gestaltungsaspekt des Nießbrauchs in den Fokus. Unter Nießbrauch versteht man das Nutzungsrecht an einer Sache. In den häufigsten Fällen wird das Nießbrauchsrecht genutzt, wenn eine Immobilie verschenkt wird, aber der neue Eigentümer nicht in vollem Umfang über die Erträge der Immobilie verfügen beziehungsweise über den Umgang mit ihr bestimmen soll. Der vorherige Eigentümer lässt sich ein Nießbrauchsrecht eintragen. Will heißen: Der Eigentümer überträgt das Immobilienportfolio lebzeitig, kann die Immobilie aber weiterhin selbst nutzen.
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Dem Vermögensinhaber wird es durch den Nießbrauch also erleichtert, seine Eigentümerstellung aufzugeben. Denn durch den Nießbrauch wird die zu übertragende Immobilie in der Weise belastet, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt (Nießbraucher), berechtigt ist, die Nutzungen aus der Immobilie zu ziehen (§ 1030 BGB). Der Nießbrauch führt also dazu, dass Eigentum und Nutzungsberechtigung auseinanderfallen und verschiedenen Personen zustehen.
Kapitalisierter Wert des Nießbrauchs vom Wert der übertragenen Immobilie abziehen
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts auch erbschaft- beziehungsweise schenkungssteuerliche Vorteile mit sich bringt. Denn der kapitalisierte Wert des vorbehaltenen Nießbrauchs kann vom Wert der übertragenen Immobilie abgezogen werden. Die Bestimmung des Kapitalwerts hat der Gesetzgeber im Bewertungsgesetz (BewG) ausdrücklich geregelt. Grundsätzlich geht es um die Kapitalisierung des Jahreswerts des Nießbrauchsrechts auf den Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Schenkung). Die Abzinsung erfolgt unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5,5 Prozent pro Jahr und der statistischen Lebenserwartung des Nießbrauchers.
Die aus diesen Vorgaben abzuleitenden Kapitalisierungsfaktoren werden vom Bundesministerium der Finanzen jährlich bekannt gegeben. Für eine 60-jährige Frau beträgt der Kapitalisierungsfaktor aktuell 13,889, für einen gleichaltrigen Mann 12,852. Der Jahreswert des eines vorbehaltenen Nießbrauchs an einer (vermieteten) Immobilie entspricht dem tatsächlich erzielten Netto-Mietertrag beziehungsweise der um die anfallenden Werbungskosten geminderten üblichen Miete, die am jeweiligen Ort erzielbar wäre. Der Wert des Nießbrauchs kann (bei entsprechend langer Laufzeit) den Wert der Immobilie aber nicht übersteigen.
Nießbrauch reduziert steuerlich relevanten Vermögenswert
Konkret bedeutet das: Ein Mehrfamilienhaus hat einen (steuerlich maßgeblichen) Wert von 600.000 Euro. Der 60-jährige Eigentümer möchte die Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt an seine Tochter verschenken. Die jährlich erzielten Netto-Mieten belaufen sich auf 30.000 Euro. Zur Ermittlung des Werts des Nießbrauchs ist zunächst dessen Jahreswert zu bestimmen. Unter Berücksichtigung aller Bedingungen ergibt sich ein Wert des Nießbrauchs in Höhe von 385.560 Euro. Dieser kann zur Bestimmung der schenkungssteuerlichen Bemessungsgrundlage vom Wert der Immobilie abgezogen werden, sodass anschließend ein Betrag von 214.440 Euro verbleibt. Da das Objekt insgesamt zu Wohnzwecken vermietet ist, kann hiervon noch die sachliche Steuerbefreiung für Wohnimmobilien in Höhe von zehn Prozent abgezogen werden, sodass schlussendlich nur noch 192.996 Euro verbleiben. Dies ist durch den persönlichen Freibetrag gedeckt, sodass eine steuerfreie Übertragung möglich wird.
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Finanz- und Vermögensberater können also durch gezielte Ratschläge in Richtung Nießbrauch eine steuerlich optimierte und individuell umsetzbare Gestaltung anstoßen. Die Umsetzung erfolgt durch den jeweiligen Rechtsanwalt beziehungsweise Steuerberater – aber der Finanz- und Vermögensberater wird immer der sein, der den ersten Impuls für eine weitreichend positive Regelung gegeben hat.
- Vermögensnachfolge: Immobilienportfolios durch Nießbrauch absichern
- Durch Schenkungsstrategie die gesetzlichen Freigrenzen öfter ausnutzen