Lebensversicherer – wer Solvency II aus eigener Kraft stemmt
Nur zehn Lebensversicherer verzichten bei Berechnung ihrer Solvenzquoten aktuell auf Übergangshilfen – bei 81 Gesellschaften, die 2021 ihre Berichte zur Solvabilität und Finanzlage (SFCR) vorlegten. Versicherungsbote stellt die Unternehmen in seiner neuen Bildstrecke vor.
Hintergrund: Sie wirken wie ein magischer Stab, um die Deckungsquoten der Lebensversicherer für SFCR-Berichte anwachsen zu lassen: Die Übergangshilfen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) für Solvency II. Die Hilfen sollen Unternehmen darin unterstützen, sich langsam auf die Eigenmittelanforderungen gemäß Solvency II-Richtlinie (Richtlinie 2009/138/EG) einzustellen:
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- So ermöglicht Paragraf 82 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) die Volatilitätsanpassung.
- Paragraf 351 VAG ermöglicht eine Maßnahme für risikofreie Zinssätze.
- Und Paragraf 352 VAG ermöglicht die Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen auf der Passivseite des Unternehmens.
Durch die Übergangsmaßnahmen erreichen Unternehmen leichter eine SCR-Quote von 100 Prozent – ab da reichen Eigenmittel eines Unternehmens aus, um auch eine 200-Jahres-Krise in der Wirtschaft zu überstehen. Der Vergleich der durchschnittlichen Netto-Quote (ohne Übergangshilfen) mit der derzeit für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) relevanten Brutto-Quote (plus Übergangshilfen) macht die Wirkung ersichtlich:
- Die durchschnittliche Netto-SCR-Quote über alle LV-Unternehmen hinweg liegt 2021 bei 268,86 Prozent.
- Die durchschnittliche Brutto-Quote (+VA&Ü) liegt bei 480,45 Prozent.
Bis 2032 dürfen die Versicherer noch mit Übergangsmaßnahmen rechnen, um ihre Kapitalstärke nachzuweisen: Bis dahin wird die Solvabilität anhand der weniger strengen Brutto-Quote bewertet.
Höchster Unterschied zwischen Netto- und Bruttoquote: 797 Prozent
Der größte Unterschied zwischen Netto- und Bruttoquote eines Unternehmens beträgt in 2021 sogar hohe 797 Prozent: Die PB Lebensversicherung AG weist eine Nettoquote von 40 Prozent aus sowie eine Bruttoquote von 837 Prozent. Aber auch bei einigen anderen Versicherern ist die Differenz enorm:
Sie beträgt bei der Signal Iduna 698 Prozent (137 Prozent Netto und 835 Prozent brutto) sowie bei der R+V Lebensversicherung AG 687 Prozent (315 Prozent Netto und 1002 Prozent brutto).
Fast alle Versicherer nutzen Übergangshilfen
Unternehmen nutzen Übergangshilfen gern, wie die Zahlen beweisen:
- In 2021 sind es 54 Unternehmen, die sowohl die Volatilitätsanpassung gemäß Paragraf 82 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) als auch die Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen gemäß Paragraf 352 VAG anwendeten.
- Zwölf Unternehmen nutzen einzig die Volatilitätsanpassung (ohne die Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen).
- Drei Unternehmen nutzen die Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen (ohne die Volatilitätsanpassung).
Versicherungsbote stellt die Unternehmen vor, die auf Hilfen verzichten
In der Summe bleiben zehn Lebensversicherer (12,35 Prozent der Branche) übrig, die für ihre Solvenzquoten von 2021 gänzlich auf Übergangshilfen verzichten – Brutto- und Nettoquoten sind bei diesen Versicherern gleich. Die Unternehmen werden in der Bildstrecke vorgestellt. Wichtig zur Deutung der Zahlen ist aber auch: Lebensversicherer mit Schwerpunkt im Risiko-Geschäft haben für solche Vergleiche einen Vorteil, da hier teure Altverträge die Bilanzen kaum belasten. Alle Zahlen sind einer Übersicht des Zweitmarkt-Anbieters Policen Direkt übernommen und können online eingesehen werden.
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Weitere Kennzahlen zur Lebensversicherung haben wir unter einer neuen Rubrik zusammengestellt.