Pandemien, eine endlose Gefahr, die klare und rechtssichere Wordings fordert
Die Gefahren aus der Pandemie bleiben unverändert hoch, verlagern sich allerdings auf das Risiko von mangelndem Personal aufgrund hoher Erkrankungen. Durch die neue Variante Ba.2 im März 2022 hat die Corona-Pandemie zunächst enorm Fahrt aufgenommen. Inzidenzen >1750 erschienen als hinnehmbar, Einschränkungen wurden weitgehend aufgehoben, eine Impflicht unterschiedlichster Konzeption scheiterte im Parlament. Die Lage ist fragil, da mit neuen Mutationen und einer erheblichen Welle im Frühherbst zu rechnen ist. Die Gefahr wirtschaftlichen Einbruchs und das Risiko anhaltender Rückschläge verstetigt sich auf globaler Basis. Die Inflation steigt auf rund 6 Prozent, die Zinsstrategie lässt eine Anhebung durch die EZB vermissen. Die Abhängigkeit vom Nullzins ist ungebrochen, die Wirkungen bleiben unkommentiert, Insolvenzen gehören zur Tagesordnung. Die Pandemie läuft weiter, unübersehbar sind die Schäden aus Covid-19 - Fällen mit stetig wachsenden Meldungen über Long-Covid-Erkrankungen, der Befürchtung einer Kumulierung als Long-Tail-Claim über mehrere Dekaden hinweg. Long-Covid-Fälle durch die Pandemie sind ebenso bedauerlich wie die Schäden bei allen direkt und indirekt Betroffenen.
- Versicherung: Gefahren und Risiken im Fadenkreuz
- D&O in wirtschaftlich kritischen Zeiten.
- Pandemien, eine endlose Gefahr, die klare und rechtssichere Wordings fordert
Versicherungstechnisch muß mit dieser latenten Gefahr und einem drohenden Long-Tail-Claim visionär umgegangen werden. Daher erscheint es mehr als ratsam, wie im Elementarschadenbereich gängige Übung, mindestens vorsorglich zusätzliche Reserven zu stellen oder Portfolien durch nachhaltige Deckungskonzepte, auch alternativer Art, zu schützen. Die Belastungen aus Covid-19 führten bereits bei Krankenversicherungen, Pflegeversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen zu hohen Defiziten. Covid-19 setzt damit einen „Triggerpoint“ für Erst-/ Rückversicherer, auch den medizinischen Bereich in Forschung und Wissenschaft eng zu begleiten. Die Unberechenbarkeit einer Pandemie in ihrer Wirkung, Dauer und Belastung der gesamten Gesellschaft sind bekannt, die Möglichkeiten der Prävention begrenzt. Als Erkenntnis daraus ist die Frage der Versicherbarkeit in der Zukunft zu klären. Die Ausgestaltung von Konzepten muß demnächst eindeutig sein, unabhängig davon, ob es zugunsten des Versicherungsnehmers oder via Ausschluss gegen den Versicherungsnehmer geht. Angeraten erscheint, den Status Quo einzelner Portfolien mittels einer Expertenanalyse feststellen zu lassen.
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Angepasste Rückversicherung/Kapazität bei vermuteten Gefahren, aber kaum kalkulierbarem Risiko
In welchen Branchen und geographischen Bereichen Kapazitäten eingesetzt werden, gibt die jeweilige Strategie eines Rückversicherers vor. Maßgeblich angebunden an die jeweilige Nachfrage der Zedenten und ihrer passiven Philosophie. Umfassen diese aber eine Marge für „Unknown Losses“, im Sinne unbestimmter Gefahren? Eher nicht, wie die Belastungen aus der Übernahme von Flugzeugen der Leasinggesellschaft Aerocap in Russland zeigen. Zugegeben, dieses Ereignis hatte kaum jemand erwartet, doch eine Vielzahl Intellektueller befürchtet. Im Gegensatz dazu sind die über mehrere Dekaden auftretenden Klimakatastrophen als latente Gefahr bekannt und deren „Wiederkehr“ in Perioden eingeordnet. Rückversicherer bieten als Service für ihre Kunden regelmäßig an, den notwendigen Deckungsschutz via ausgereifter, innovativer Modellierungen zu ermitteln und Rückversicherungsschutz zu geben.
Der anhaltende Klimawandel bereitet allerdings weltweit überraschende Elementarkatastrophen, die eben nicht durch die existierenden Methoden quasi vorausgesagt wurden oder einkalkuliert sind. Versicherungstechnisch in unbekannten Abhängigkeiten und Wiederkehrperioden zu denken, ist kaum nachvollziehbar. Der Energiewandel wird zwar durch Green Investments begleitet und Nachhaltigkeit gefördert, doch die absolute Kalkulation von Elementarschäden ist bislang nicht gelungen. Dafür reicht ein kurzer Rückblick nach München, über das Ahrtal bis nach Südafrika als Beleg dafür, ob in diesem Zeitraum fortschrittliche Instrumente klimatische Verwerfungen materiell erfassen können. Im Juli 1984 führte das Münchener Hagelereignis zu einem versicherten Gesamtschaden von 1,5 Milliarden Euro, in der Kaskoversicherung liefen zusätzliche 400 Millionen Euro auf, die von Rückversichern über Kasko- und Kumuldeckungen halbwegs absorbiert wurden. Zwei Dinge fallen dabei auf. Die Versicherungsdichte war mit 50 Prozent gering und die passive Rückversicherung der Erstversicherer verfügte nur über 50 Prozent der benötigten Kapazität. Eine Optimierung wurde seitens der Rückversicherer angeboten und eine Verdreifachung der Kapazität von den Zedenten wurde im Folgejahr akzeptiert. Gefahren und Exponierungen verblieben danach in weiten Teilen.
Wurde eine sorgsame Vorsorge durch Klimabeachtung dauerhaft vorgenommen sowie Empfehlungen über bauliche Maßnahmen gegeben? War die Ahrtalkatastrophe in 2021 abzusehen und kalkuliert? Eher nicht, denn die Gefahr und der versicherte Schaden von rund 8 Milliarden Euro als Teil des Gesamtschaden von 33 Milliarden Euro hat die Branche überrascht, obwohl ein Vorläufer im Elementarschadenbereich im Jahre 1910 im Ahrtal zu verzeichnen ist. Nach Berichten von RND sind in Durban, Südafrika mindestens 500 Menschen im April 2022 in der schlimmsten je aufgezeichneten Unwetter-Katastrophe gestorben. Aktuell sind 41 000 Menschen direkt von den Fluten und Erdrutschen betroffen. Tausende sind auf Notunterkünfte und humanitäre Hilfe angewiesen. Die Frage bleibt, ob international tätige Rückversicherer je mit einem derartigen Ereignis gerechnet haben. Angesichts des menschlichen Leides und vermutlich geringen versicherten Schaden ist die Tatsache der Gefahr und deren Umsetzung als aktives Risiko als Mahnung von hoher Bedeutung.
ILS und Katastrophenanleihen, als Matterhorn
Swiss Re hat nach eigener Aussage eine bahnbrechende Hybridtransaktion abgeschlossen, um den Schutz- und Wachstumsbedarf des Unternehmens zu unterstützen. Durch die Transaktion erhält Swiss Re einen mehrjährigen Rückversicherungs- und Retrozessionsschutz gegen schwere versicherungstechnische Verluste, der die versicherungstechnischen Risiken der gesamten Swiss Re Gruppe abdeckt. Die zugrundeliegende Transaktion ist als mehrjährige Stop-Loss-Absicherung der gruppenweiten Zeichnungsergebnisse strukturiert, wobei der Auslöser auf dem wirtschaftlichen Ergebnis jedes einzelnen Geschäftsjahres basiert. Diese Maßnahme ist vor dem Hintergrund vieler Unsicherheiten in diesen kritischen Zeiten nachvollziehbar, es sei denn, dieses Instrument wird für Wachstumszwecke genutzt.
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Zusammenfassung
Gefahren und Risiken unterschiedlichster Art und Güte müssen von Erst-/ Rückversicherern stärker fokussiert und analysiert werden. Es heißt, innovativen und visionären Gedanken freien Raum zu lassen, Entscheidungen rechtzeitig zu treffen und den Sinn von Werten und ökonomischen Zielen zu manifestieren. Wachstum um jeden Preis ist und bleibt dem Verfall vorbehalten. Denn unterdessen scheinen die Gefahren aus der Gentechnik, Nanotechnologie, EMF, KI, Umwelthaftung, Digitalisierung und anderes mehr verdrängt worden zu sein. Aktuelle Wirtschaftsprognosen deuten weder auf Stabilität noch auf Wachstum hin. Eine gute Gelegenheit zur Konsolidierung und Stärkung der Branche zum Erhalt und Ausbau des Leistungsversprechen, im Übrigen auch bei der Lebensversicherung in jeglicher Konstellation. Der versicherungstechnische Gedanke und der Wille, Werte für die Gemeinschaft zu schaffen, Kunden im Erst-/ Rückversicherungsbereich besten Service und akkurate Beratung zu geben, muß das vorrangige Ziel in dieser systemrelevanten unverzichtbaren Versicherungsbranche sein.
- Versicherung: Gefahren und Risiken im Fadenkreuz
- D&O in wirtschaftlich kritischen Zeiten.
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