Der Versicherungsmakler ist treuhändiger Sachverwalter seines Kunden und damit verpflichtet, dessen Interessen zu vertreten. Wie weit die Pflichten hierbei gehen, zeigen zwei Urteile, die aktuell Jens Reichow von der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte auf asscompact.de vorstellt. Beide verdeutlichen, dass der Makler unter Umständen auch die Finanzkraft des Versicherers überprüfen muss, um seinen Mandanten den passenden Rat zu geben - und nicht in die Haftungsfalle zu tappen.

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Der erste Rechtsstreit ereignete sich vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart. Hier konnte der Versicherungsmakler zwar die Schadensersatz-Forderungen des Klägers abschmettern, weil die fehlende Bonitätsprüfung nicht ausschlaggebend für den späteren Schadeneintritt gewesen ist und die Ansprüche auch bereits verjährt. Aber grundsätzlich bestätigte das Gericht, dass der Makler seine Pflicht verletzt hatte, weil er die Finanzkraft des Versicherers eben nicht überprüft hatte. Grundsätzlich seien Versicherungsmaklerinnen und -makler nämlich auch verpflichtet, entsprechende Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie Pressemeldungen zu verfolgen, um zu prüfen, ob der Schutz noch angemessen ist.

Im vorliegenden Fall hatte der Makler nicht gewusst, dass dem Konsortium, bei dem sein Kunde der Vertrag hielt, auch die Berliner Versicherung (BVAG) angehörte. Der kleine Maklerversicherer musste 2015 abgewickelt werden und schrieb allein von 2011 bis 2013 einen Verlust von 23 Millionen Euro. Die BaFin hatte wegen fehlender Finanzmittel am 12. Februar 2015 die Zulassung für den Geschäftsbetrieb widerrufen. Unzählige Fachmagazine warnten damals, dass die Maklerschaft aktiv werden und notfalls den Schutz der Kundinnen und Kunden ändern müsse, weil der bestehende Vertrag nur noch durch Gelder aus der Insolvenzmasse gedeckt sei - also quasi keine Sicherheiten mehr bestanden. Auch der Versicherungsbote hatte zum Handeln aufgefordert (OLG Stuttgart, Urteil vom 15.03.2021, Az.: 7 U 110/20).

Kleiner Versicherer im Ausland

Auch im zweiten Rechtsstreit bejahte das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG) eine Hinweispflicht des Versicherungsmaklers. Demnach muss ein Versicherungsmakler angemessen verdeutlichen, wenn es sich bei einem Antrag auf Versicherungsschutz um einen im Ausland ansässigen und der dortigen Insolvenzsicherung unterstehenden Risikoträger handelt. Unterlässt er dies, verletzt er seine Beratungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer und muss ihn entschädigen (Saarländisches OLG, Urteil vom 05.03.2021, 5 U 37/20).

Geklagt hatte im verhandelten Rechtsstreit ein Versicherungsnehmer, der bei seinem Makler am 11. August 2016 eine Wohngebäude-Police mit Elementarschutz abgeschlossen hatte: und dafür seinen bisherigen Altvertrag gekündigt. Der Versicherungsmakler vermittelte über einen deutschen Assekuradeur einen Vertrag, dessen Risikoträger die „G. Insurance AG“ aus Liechtenstein war. Die vierteljährliche Prämie betrug 80,96 Euro: ein sehr günstiger Schutz. Andere angebotene Verträge wären weitaus teurer gewesen.

Schließlich hatte der Kläger einen angeblichen Rohrbruch am Haus. Als er den Schaden meldete, musste er jedoch feststellen, dass der kleine Versicherer aus dem Fürstentum mittlerweile in den Konkurs gerutscht war und die dortige Finanzaufsicht das Neugeschäft untersagt hatte. Für den entstandenen Schaden wollte er nun seinen Versicherungsmakler verantwortlich machen - und klagte. Auch hier machte der Klagende geltend, dass der Vermittelnde nicht die Solvenz des Versicherers geprüft habe und zudem nicht aufklärte, dass er im Ausland sitze, wo unter Umständen andere aufsichtsrechtliche Vorgaben herrschen.

Beratungspflicht ja, aber Beweispflicht beim Klagenden

Das Oberlandesgericht aus Saarbrücken bestätigte anders als die Vorinstanz, dass im vorliegenden Fall der Versicherungsmakler seine Beratungspflichten verletzt hat. Im Urteilstext heißt es hierzu: „Schon auf der Grundlage des unstreitigen Geschehensablaufes steht fest, dass dem Kläger die besonderen Risiken des angebotenen Vertrages, die ihm offenkundig nicht bewusst waren und über die die Beklagte ihn aufzuklären hatte, nicht hinreichend deutlich gemacht wurden; darin liegt ein Verstoß gegen die Beratungspflicht aus § 61 Abs. 1 VVG.“

Es bestehe die Pflicht zur „anlassbezogenen“ Beratung, hob das Gericht hervor. Das heißt, der Makler müsse alle Umstände offenlegen, die für den Entschluss des Versicherungsnehmers von wesentlicher Bedeutung sein können, einen Vertrag abzuschließen oder nicht. Hier hätte der Versicherungsmakler das Risiko aktiv ansprechen müssen, dass die Absicherung von Zahlungsausfällen bei einem ausländischen Versicherer eingeschränkt sein kann - und zwar unabhängig davon, ob er von der drohenden Insolvenz des Versicherers hätte wissen können.

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Doch auch hier hatte der Klagende keinen Erfolg. Aus ähnlichen Gründen, weshalb auch das OLG Stuttgart im ersten Rechtsstreit zugunsten des Maklers entschieden hatte. Der Kläger hätte nämlich beweisen müssen, dass ihm tatsächlich ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, was ihm über zwei Instanzen hinweg nicht gelang. Hierfür hätte er glaubhaft darlegen müssen, was er getan hätte, wenn er richtig über den Sitz des Versicherers im Ausland informiert worden wäre. Die Beweislast liegt in diesem Fall beim klagenden Versicherungsnehmer.