BaFin bläst ESG-Richtlinie für mehr Nachhaltigkeit vorerst ab
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wollte entschiedener gegen Greenwashing vorgehen und strengere Regeln für Nachhaltigkeitsfonds festlegen. Doch dieses Vorhaben wurde vorerst abgeblasen. Es sei jetzt nicht die Zeit für eine entsprechende Richtlinie: Das hat auch mit dem Ukraine-Krieg zu tun. Für die Vermittlerbranche könnte das ein Problem darstellen, soll sie doch bei Versicherungsanlageprodukten rechtsverbindlich zum Thema Nachhaltigkeit beraten.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verabschiedet sich vorerst davon, eine strengere Richtlinie für nachhaltige Investmentfonds zu veröffentlichen. Das teilte BaFin-Chef Mark Branson am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt am Main mit. Als Grund wird der Einmarsch Russlands in die Ukraine genannt.
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"Umfeld nicht ausreichend stabil"
„Für eine dauerhafte Regulierung ist das derzeitige Umfeld nicht ausreichend stabil“, sagte Branson. „Kapitalverwaltungsgesellschaften können selbstverständlich weiterhin nachhaltige Investmentvermögen auflegen und vermarkten. Wir werden in unserer Praxis bestimmte Grundsätze anwenden, die wir bereits zur Konsultation gestellt hatten. So müssen, zum Beispiel, nachhaltige Fonds mindestens 75 Prozent in nachhaltige Anlagen investieren, mit mindestens 75 Prozent des Investmentvermögens eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgen oder einen nachhaltigen Index abbilden.“ Die Richtlinie sollte Anleger vor Greenwashing schützen: und genauere Kriterien festlegen, wann ein Investmentfonds eigentlich als nachhaltig gilt und wann nicht. Dem soll nun zumindest durch eine strengere Prüfpraxis Rechnung getragen werden.
Wichtig wären definierte Grundsätze für sogenannte ESG-Kriterien auch für die Versicherungswirtschaft. Bei Versicherungsanlage-Produkten sind die Vermittlerinnen und Vermittler künftig verpflichtet, das Thema Nachhaltigkeit auch im Beratungsgespräch anzusprechen und hier die Präferenzen abzufragen. So sieht es die sogenannte „EU-Verordnung 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor“ (TVO) vor. Vermittlerverbände beklagen, es mangele derzeit an rechtsverbindlichen Kriterien, welche Fonds und Produkte überhaupt als nachhaltig gelten. Von der BaFin ist hierauf vorerst keine Antwort zu erwarten.
Energie: Versorgungssicherheit nicht gewährleistet
Grund für die abgeblasene Reform ist der Ukraine-Krieg. Ein Problem hierbei: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müssen viele Staaten nun auch wieder verstärkt auf fossile und wenig umweltfreundliche Energien setzen. Diese müssen finanziert und versichert werden. Entsprechende Maßnahmen haben viele Regierungen auch in der EU angestoßen.
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Branson hob zugleich hervor, dass es nicht Aufgabe der BaFin sei, die Unternehmen zu nachhaltigeren Investments zu verpflichten. „Welche Rolle spielen wir als Aufsicht? Es gehört nicht zu unserem gesetzlichen Auftrag, umweltpolitischen Ziele zu verfolgen. Das ist Sache der Politik. Unsere Aufgabe besteht darin sicherzustellen, dass die Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsrisiken im Griff haben“, sagte er. Er verwies auf das Problem sogenannter Stranded Assets bei Banken: Vermögenswerte, deren Ertragskraft drastisch sinken kann bis hin zum totalen Wertverlust. Das können zum Beispiel Investments in fossile Energien sein, die in einigen Ländern auf der Verbotsliste landen: und folglich kein Geld mehr abwerfen. Die komplette Rede von Mark Branson wurde auf der Webseite der BaFin veröffentlicht.