Versicherungsbote: Die Riester-Rente konnte vor allem im letzten Quartal 2021 für einen Neugeschäfts-Boom sorgen. Hat Sie das überrascht? Wo sehen Sie Ursachen dafür?

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Dietmar Bläsing: Nein, überraschend war das nicht. Schließlich war ja Ende vergangenen Jahres noch nicht klar, wie viele Anbieter das Produkt 2022 noch anbieten würden. Von daher haben gerade in den letzten Monaten des Jahres sicher viele Beratungsgespräche stattgefunden. Und bis dahin Unentschlossene haben sich eine Riester-Rente gesichert. Der Vertriebserfolg 2021 unterstreicht einmal mehr die Relevanz dieser geförderten Altersvorsorge für die Kunden. Der Volkswohl Bund war schon immer ein starker Riester-Anbieter, und so war auch für uns 2021 ein weiteres erfolgreiches Riester-Jahr, in dem wir unseren Riester-Bestand wieder ausbauen konnten.

Trotz der Absenkung des Höchstrechnungszinses blieben die Garantievorschriften bei der Riester-Rente erhalten. Auch ohne Vertriebskosten dürfte es aus Anbieter-Sicht schwerfallen, Rendite zu erwirtschaften. Wie soll das dem Volkswohl Bund gelingen?

Wir stellen unseren Vertriebspartnern seit Anfang des Jahres unsere Riester-Rente als Nettotarif zur Verfügung. Es gibt die Möglichkeit, direkt in unserem Angebotsrechner die Unterstützung von nettowelt anzuwählen und dort weiterzurechnen. Unsere Riester-Rentenversicherung bieten wir im Tarif Klassikmodern an, also als Indexpolice. Hier kann der Kunde an der Wertentwicklung des DAX oder der anderen von uns angebotenen Indizes partizipieren – ohne das Risiko, Vertragsguthaben zu verlieren.

Mit IndexChance und IndexZins hat er dafür zwei unterschiedliche Partizipationsmodelle zur Auswahl. Er kann sich aber auch für die dritte Option – Klassik Zins – entscheiden. Dann schreiben wir ihm die Überschussbeteiligung aus unserem Sicherungsvermögen direkt gut. Und wenn sich seine Präferenzen während der Laufzeit des Vertrages ändern – kein Problem: Den Index und das Partizipationsmodell kann der Kunde jährlich neu festlegen und alternativ auch die Option KlassikZins wählen. Die Kapitalanlagen in unserem Sicherungsvermögen managen wir – trotz der Garantien, die wir damit sicherstellen müssen – mit großem Erfolg. Das wurde uns mit entsprechenden Auszeichnungen bereits mehrfach bescheinigt. Und es spiegelt sich in unserer Überschussdeklaration wider: Mit 2,85 Prozent inklusive laufender Mindestbeteiligung an den Bewertungsreserven gehört unsere Gesamtverzinsung bei KlassikZins in 2022 zu den höchsten im gesamten Lebensversicherungsmarkt.

Die Anbieter haben teilweise ein recht unterschiedliches Verständnis von Netto-Tarif. Manche weisen Tarife ohne Vertriebskosten aus; kürzen aber die Verwaltungskosten nicht um ihren Vertriebsanteil oder behalten selbst die enthaltene Provision ein. Wie kommt es, dass dieser Bereich nicht reguliert wurde?

Man kann nicht sagen, dass die Kostenkalkulation unreguliert wäre. Gerade nicht im Bereich der Riester-Versicherungen: Das Aufsichtsrecht fordert, dass die Rechnungsgrundlagen ausreichende Sicherheitsspannen über den erwarteten Bedarf hinaus aufweisen müssen. Das Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz schreibt außerdem einen abgeschlossenen Kanon an möglichen Bezugsgrößen vor. Diese Vorschriften gelten selbstverständlich auch für die sogenannten Netto-Tarife und für deren Kostenkalkulation. Wir gehen davon aus, dass alle Anbieter diese Vorschriften beachten.

Sehen Sie den Gesetzgeber gefordert, nachzubessern?

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Noch detailliertere Vorschriften zur Kostenkalkulation halten wir nicht für erforderlich – weder im Allgemeinen noch speziell für Nettotarife. Nur so lässt man Raum für Produktvielfalt und Wettbewerb. Und die sind zwingend notwendig, damit Vermittler und Versicherungsnehmer aus einer Vielfalt an Angeboten das individuell richtige Produkt auswählen können.

"...eine Beratungsleistung verdient immer eine Vergütung!"

Versicherungsbote: Der Gesetzgeber hat immer ein Förderprodukt mit möglichst geringen Kosten gefordert. Kann man sagen, dass er sich dieses Produkt durch die ausgebliebene Riester-Anpassung „erzwungen“ hat?

Dietmar Bläsing: Nein, das würde ich nicht sagen. Er hat vor allem erreicht, dass die meisten der bisherigen Riester-Anbieter das Produkt nun nicht mehr verkaufen; und dass die Rentenlücke, die mit der Riester-Rente ein Stück weit geschlossen werden sollte, für immer mehr Menschen zur Realität werden könnte. Ich halte das in unserer alternden Gesellschaft für ein fatales politisches Signal. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber auch nichts gegen den hohen Aufwand für die Verwaltung von Riester-Renten, insbesondere für die Zulagenverwaltung, unternommen. Damit hat er es selbst versäumt, zur Senkung der Kosten von Riester-Renten beizutragen. Aus unserer Sicht ist die Diskussion um die Zukunft der Riester-Rente noch offen. Unser Wunsch ist, dass eine reformierte Riester-Rente mit verminderter Beitragsgarantie und weniger Verwaltungsaufwand die Lösung sein wird.

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Von einigen Vermittlern war zu lesen, dass sie mit Blick auf Cross-selling-Potenzial durchaus bereit sind, auf die Vergütung von Riester-Beratung zu verzichten. Ist das die Zukunft im Vertrieb – „bezahlt“ mit der Hoffnung auf Folgegeschäft?

Was Sie hier schildern, entspricht nicht unsere Erfahrungen. Und es wären auch keine zukunftsfähigen Überlegungen. Denn eins ist klar: Eine Beratungsleistung ist wertvoll und verdient damit immer eine Vergütung – ob als Provision oder in Form eines Honorars.

Dr. Helge Lach, DVAG-Vorstand, hält ein angemessenes Honorar für Riester-Beratung für nicht durchsetzbar. Teilen Sie diese Auffassung?

Das wird sich zeigen. Wir haben unser Riester-Angebot ja erst seit Anfang des Jahres vollständig auf den Nettotarif umgestellt. Von daher können wir heute noch keine Schlüsse ziehen. Wichtig finde ich aber, dass wir unseren Vertriebspartnern damit weiter die Möglichkeit geben, eine Volkswohl Bund-Riester-Rente für ihre Kunden abzuschließen. Denn der Bedarf an einer privaten Altersvorsorge ist sehr hoch – und eine Riester-Rente ist für jeden Förderberechtigten eine sinnvolle Sache.

Ist die Einführung eines neuen, staatlich geförderten Altersvorsorge-Produktes aus Ihrer Sicht sinnvoll? Denn die Zulagenstruktur bliebe doch erhalten, wenn die Riester-Verträge Bestandsschutz erfahren sollen? Gäbe es im schlimmsten Fall parallel geführte Förderstrukturen?

Natürlich bliebe auch bei Einführung eines neuen, staatlich geförderten Produktes der Verwaltungsaufwand für die Riester-Bestandsverträge bestehen. Ein zusätzliches, parallel geführtes System wäre aus unserer Sicht auch deshalb kontraproduktiv. Da wir die Riester-Rente grundsätzlich für ein gutes Produkt halten, wünschen wir uns stattdessen eine baldige Reform dieses staatlich geförderten Altersvorsorgeproduktes.

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Hinweis: Der Text erschien zuerst im kostenlosen Versicherungsbote-Fachmagazin 01/2022.

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