Assistenzsysteme: Schadenfrequenz sinkt, Schadenstückkosten steigen
Wie wirken sich Mobilitätswandel und Digitalisierung im Kfz-Flottengeschäft aus? Darüber sprach Versicherungsbote mit Samuel Schmidt, der bei dem Schadenservice-Dienstleister Innovation Group Germany das Kfz-Flottengeschäft leitet. Die Innovation Group ist der größte unabhängige Schadenmanager für Kfz-Schäden in Deutschland.
- Assistenzsysteme: Schadenfrequenz sinkt, Schadenstückkosten steigen
- Gefragt ist mehr Transparenz im Reparaturprozess
Versicherungsbote: Lieferservices und Carsharing haben 2021 Zuwächse erlebt. Macht sich das in Ihrem Kfz-Flottengeschäft bemerkbar?
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Samuel Schmidt: Bei unseren Flottenkunden sehen wir einen Trend zu alternativen Mobilitätskonzepten, was nicht zuletzt dem Mobilitätswandel geschuldet ist, den auch die Corona-Pandemie vorangetrieben hat. Eine langfristige Bindung an Leasing-Verträge ist heutzutage meist nicht zielführend oder gar praktikabel. Viele Fuhrparkbetreiber suchen deshalb, ähnlich wie Privatpersonen, nach flexibleren Mobilitätslösungen.
Die Schaden-Kosten-Quote im Flottengeschäft war die letzten Jahre immer sehr dicht an der 100-Prozent-Marke. Verstärkt der zunehmende Einsatz teurer Technik diese Entwicklung? Oder wirkt er ihr entgegen?
Wir bei Innovation Group stellen fest, dass in Flottenfahrzeugen mehr und mehr Assistenz-Systeme verbaut sind. Gerade neuwertige Fahrzeuge sind mit viel systemischer Unterstützung ausgestattet. Der Einsatz der bisherigen Systeme wie PDC, Rückfahrkameras etc. hat sich in der Tat wenig bemerkbar gemacht. Die mittlerweile verbauten Systeme allerdings lassen zum ersten Mal einen spürbaren Effekt in der Schadenhäufigkeit feststellen. Es ist anzunehmen, dass durch aktives systematisches Eingreifen tatsächlich die Frequenz gesenkt werden kann. Gegenläufig dazu steigen allerdings die Schadenstückkosten, weil Sensoren, Kameras und Radar-Systeme oftmals an neuralgischen Punkten verbaut sein müssen – und damit bei einem Unfall oft beschädigt werden.
Die Innovation Group ist auch international tätig. Wie ist Deutschland im Ländervergleich aufgestellt? Was gelingt anderen Ländern beispielsweise bei der Flottensteuerung besser und woran liegt das?
In Deutschland wickelt Innovation Group im Vergleich zum europäischen Geschäft mit mehr als 350.000 Schäden jährlich die meisten Schäden ab. Dabei ist eine steigende Bereitschaft für Schadenmanagement und Reparatursteuerung festzustellen. Einen zentralen Grund sehen wir in einer stark erhöhten Fahrerzufriedenheit bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Entlastung für den Fuhrpark. In anderen Ländern herrschen eine abweichende Reparaturmentalität, aber auch andere rechtliche und versicherungstechnische Situationen, die einen Vergleich dahingehend, wer etwas besser macht, nur schwer möglich machen.
Der Großteil deutscher Unternehmen sind Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). Versicherer bieten deshalb verstärkt Kleinflottentarife ab drei Fahrzeugen an. Was macht diese Zielgruppe so interessant?
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Unsere Kunden im Flottensegment sind in der Regel Fuhrparks mit mehr als 80 Fahrzeugen. Für Kleinflotten bieten wir Lösungen in Zusammenarbeit mit Partnern wie Maklern oder Versicherungsgesellschaften an. Wir verfolgen damit das Ziel, auch kleineren Flotten die interessanten Großkundenkonditionen, die durch Volumenbündelung erreicht werden können, zur Verfügung zu stellen.
Gefragt ist mehr Transparenz im Reparaturprozess
Worauf sollten insbesondere kleinere Betriebe bei der Auswahl des Versicherungsschutzes achten und warum?
Unserer Erfahrung nach eignet sich ein Versicherungsmodell mit einer leistbaren Selbstbeteiligung am besten für kleinere Betriebe. Die Höhe der Selbstbeteiligung muss dabei sorgfältig abgewogen werden und hängt nicht zuletzt von der wirtschaftlichen Situation des Versicherungsnehmers ab. Wir sehen unsere Aufgabe in der Lieferung von Zahlen, Daten und Handlungsempfehlungen, damit Makler, Versicherung und Kunde gemeinsam entscheiden und eine auf die Flotte und den Nutzer abgestimmte Police verabschieden können.
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Sie haben zum 01. Februar die Leitung des Bereichs ‚Flottengeschäft‘ übernommen. Ihnen obliegt nichts weniger als die Digitalisierung des Flottengeschäfts. Wo sehen Sie dabei die größte Herausforderung?
Auch im Flottengeschäft haben wir es mit einer zunehmenden Komplexität zu tun. Das beginnt bei den Fahrzeugen selbst, die immer individueller werden. Denn viele Flottenfahrer wünschen maßgeschneiderte Konfigurationen gerade im Bereich der Fahrerassistenzsysteme. Dem Trend zu mehr Elektromobilität ist es darüber hinaus geschuldet, dass im Reparaturfall zunehmend das Know-how von spezialisierten Fachwerkstätten gebraucht wird. Im Schadenfall ist es notwendig, nicht nur schnell irgendeine verfügbare Werkstatt zu finden, sondern eine, die auch fachlich für die Reparatur geeignet ist. Mit unserem digital angebundenen Werkstattnetzwerk sind wir dahingehend sehr gut aufgestellt.
Aufgrund der zunehmenden Komplexität im Flottenmanagement äußern viele Fuhrparkmanager den Wunsch nach mehr Transparenz im Reparaturprozess, um die Verfügbarkeit ihres Fahrzeugpools adäquat zu managen. Mit Gateway haben wir eine digitale Schadenmanagementplattform entwickelt, die unseren Flottenkunden diese Transparenz ermöglicht und sie in ihrem operativen Geschäft entlastet.
Wir haben ein Produkt, mit dem wir im Markt Pionierarbeit geleistet haben. Gateway ist eine Plattformlösung für Schadenmanagement, bei deren Entwicklung wir Fahrer und Anwender in den Mittelpunkt stellen. Das Ziel dabei ist, die hohe Komplexität bei der Schadenbearbeitung in einer übersichtlichen und intuitiv nutzbaren Anwendung abzubilden.
Wie helfen Ihnen Ihre bisherigen beruflichen Erfahrungen dabei?
In den vergangenen acht Jahren habe ich nahezu jeden Prozess bei der Innovation Group durchlaufen. In meiner vorherigen Tätigkeit als Leiter Account Management Fleet war ich für das Onboarding neuer und die Betreuung bestehender Kunden verantwortlich. Daraus resultierend kenne ich die Bedürfnisse einer Flotte und vor allem die Notwendigkeit, eine hohe Fahrerzufriedenheit sicherzustellen. Parallel dazu habe ich den Prozess der Digitalisierung begleitet und schöpfe nun aus diesen Erfahrungen.
Die Fragen stellte Michael Fiedler
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- Gefragt ist mehr Transparenz im Reparaturprozess