Kunden mit einem Vertrag machen (eigentlich) keinen Sinn!
Zahlreiche Finanz- und Versicherungsmakler glauben, sich von den Vermittlern der Ausschließlichkeitsorganisationen der Versicherer dadurch zu unterscheiden, dass sie den Kunden nur die Produkte verkaufen, die diese verlangen. Das entspricht aber weder der Rolle als Sachwalter der Kunden noch deren Interessen. Unternehmensberater Dr. Peter Schmidt geht dem Thema auf den Grund und bietet Lösungsansätze an.
- Kunden mit einem Vertrag machen (eigentlich) keinen Sinn!
- Versicherungsmakler tragen eine hohe Verantwortung
- Vorteile eines ganzheitlichen Beratungskonzeptes
Der @AssekuranzDoc
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
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Die Analyseergebnisse sind oft bitter. Zahlreiche unabhängige Vermittler haben ihren Kunden nur wenige Verträge vermittelt bzw. betreuen diese. Vielfach bewegt sich nach unseren Analysen bei Strategieberatungen die Vertragsdichte – oft auch Cross-Selling-Quote genannt – zwischen 2,0 bis 4,0. Selten werden im Durchschnitt aller Kunden mehr als vier Verträge platziert und betreut. Auf leicht kritischer Nachfrage höre ich dann oft den Satz: „Aber meine Top-Kunden haben deutlich mehr Verträge“. Warum ist das so?
Die Ursachen geringer Vertragsdichte liegen im Beratungskonzept
Hat der Vermittler seine Rolle gegenüber den Kunden so definiert, dass er nur die vom Kunden selbst gewünschten Produkte verkaufen will, dann unterliegt er einem Irrtum. Die große Mehrzahl der Kunden kann eben trotz aller neuen Informationsmöglichkeiten über Suchplattformen etc. nicht einschätzen, welche Risiken existenziell bedeutsam und versicherbar ist. Viele Kunden haben keinen Überblick über Lösungs- und Produktangebote für die Risikovorsorge, den Schutz des Eigentums oder von den Möglichkeiten für einen nachhaltigen Kapitalaufbau und Altersvorsorge.
Die Rolle des Versicherungsmakler sei hier noch einmal kurz geschildert. Grundlage aller Pflichten des Maklers ist immer noch das Sachwalterurteil des BGH vom 22.05.1985 (Az.: IVa ZR 190/83). Darin werden die umfassenden Pflichten des Versicherungsmakler grundlegend geregelt. Ergänzungen erfolgten durch die VVG-Novelle, EU-Vermittlerrichtlinie und auch durch das IDD.
Die Aufgaben des Versicherungsmaklers sind die beratende Tätigkeit für seine Kunden unabhängig von Versicherungsunternehmen, die Auswahl und Vermittlung von Produkten und die Betreuung bestehender Versicherung. Außerdem hat der Makler seinen Kunden bei administrativen Vorgängen wie beispielsweise bei Schadenbearbeitungen zu unterstützen.
Bereits hier stellt sich die Frage, wie ein Makler dem nachkommen will, wenn er sich nur um einzelne Verträge kümmert. Um diese Frage noch zuzuspitzen möchte ich auf die EU-Richtlinie über der Versicherungsvertrieb aus 2016 zurückkommen. Im Punkt 44 heißt es:
„Um zu vermeiden, dass der Kunde ein für ihn nicht geeignetes Produkt erwirbt, sollte der Vertrieb von Versicherungsprodukten stets mit einem Wunsch- und Bedürfnistest anhand der vom Kunden stammenden Angaben einhergehen. Jedes dem Kunden angebotene Versicherungsprodukt sollte stets den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entsprechen und in einer verständlichen Form präsentiert werden, damit der Kunde eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage treffen kann.“
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Versicherungsmakler tragen eine hohe Verantwortung
Werden einzelne Versicherungen oder Kapitalanlagen ohne Kenntnis aller Voraussetzungen, Wünsche und Bedürfnisse der Kunden vermittelt, dann ist das a) nicht im Interesse des Kunden und b) nicht im Sinne des vom Gesetzgeber gewünschten Verbraucherschutzes. Deshalb führt die EU-Richtlinie weiter aus:
„Erfolgt vor dem Vertrieb eines Versicherungsprodukts eine Beratung, sollte zusätzlich zu der Pflicht, die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zu klären, eine persönliche Empfehlung an den Kunden gerichtet werden, in der erläutert wird, warum ein bestimmtes Produkt den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht.“
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Versicherungsmakler tragen eine hohe Verantwortung
Den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden nachzukommen, funktioniert nur wirksam, wenn der Gesamtkontext seiner Voraussetzungen und Risiken betrachtet wird. Dazu drängt sich der Vergleich mit einem Hausarzt auf, der dem Kunden gewissenhaft nur ein Medikament verschrieben kann, wenn er sich über den gesamten Gesundheitszustand des Kunden informiert hat. Deshalb macht es keinen wirklichen Sinn, wenn den Kunden nur Einzelprodukte verkauft werden, wenn man von Ausnahmen im Online-Vertrieb absieht. Die Rechtsanwaltskanzlei Jöhnke & Reichow (Hamburg) betont, dass die Pflichten des Versicherungsmaklers weit gehen und deshalb der BGH den Versicherungsmakler auf die gleiche Stufe mit Rechtsanwälten oder Steuerberatern stellt. Die Hamburger Anwälte zitieren wörtlich aus dem Pflichtenkatalog gegenüber dem Kunden:
- Interessen- und sogar Abschlussvertreter
- Vertrauter, der kurzfristig Versicherungsschutz besorgen muss
- Zum Abschluß des gewünschten Versicherungsvertrages verpflichtet
- Untersuchung von Risiken und Prüfung von Objekten
- Ständige, unverzügliche und ungefragte Informationspflicht
Aus diesen Pflichten ergeben sich bekanntlich dann auch Konsequenzen zur Frage der Beweislast beziehungsweise zur Kausalität zwischen Verletzung von Pflichten und möglicherweise eintretenden Schäden und Folgen für den Kunden. Und solche Folgen für Makler und Kunde lassen sich durch ein systematisches und ganzheitliches Beratungskonzept mindern oder sogar komplett vermeiden.
Vorteile eines ganzheitlichen Beratungskonzeptes
Maklerinnen und Makler, die ein ganzheitliches Beratungskonzept verfolgen, heben hervor, dass es doch wichtig ist, bei einer hochwertigen Beratung den Kunden zu verdeutlichen, wie alles zusammenhängt. Die Erfüllung von Wünschen für den Kapitalaufbau oder für den Erwerb einer Immobilie, lässt sich nicht losgelöst vom Einkommen, notwendigen Risikoabsicherungen oder auch dem Familien- und Lebensstatus lösen. Und so führt kein Weg daran vorbei, sich über all diese Details zu informieren.
Ja, die Erfassung von allen schon vorliegenden Versicherungen, Investment- und Vorsorgeformen sowie der persönlichen und familiären Verhältnisse kostet Zeit. Aber nach dieser Basisarbeit erkennen die Kunden schnell den Wert, dass der Makler und oft die Kunden auch selbst Zusammenhänge, Versorgungslücken und Fehlentwicklungen erkennen. Auf so einer Basis dann gemeinsam Lösung nach Prioritäten zu sortieren und zu suchen, erhöht das gegenseitige Vertrauen und die Bindung zwischen Makler und Kunde.
Kunden sind von einem ganzheitlichen Beratungskonzept begeistert, weil es eben genau den Unterschied zu Online-Plattformen oder digitalen Bestandssammlern ausmacht – dann, wenn der Makler genauso vorgeht. Digitale Tools werden von Kunden gerne angenommen. Dennoch bleiben diese meist unpersönlich und finden ihre Grenzen in der komplexen Bewertung des Kunden und seiner Situation. Kunden und ihr Leben als Persönlichkeit, mit einer Familie oder Partnerschaft, dem Beruf und wechselnden Tätigkeiten und Herausforderungen brauchen gut qualifizierte Berater, die persönlich beraten.
Für Kunden und Makler ergeben sich daraus viele weitere Vorteile aus einem ganzheitlichen Beratungskonzept. Für den Makler wird die Kundenbindung intensiver, die Arbeit für die Kunden wird interessanter, vielfältiger und ertragreicher, die Kundenfluktuation wird geringer und der Wert des Bestandes oder der Firma steigt spürbar. Die Kundenvorteile sind neben dem vertieften Vertrauensverhältnis ebenfalls in einem höheren Servicelevel, besserer und umfassender Risikovorsorge und planmäßiger Erfüllung der Wünsche unter Berücksichtigung der differenzierten Lebensplanungen zu sehen.
Lösungsansatz MVK–Makler-Vollkunden-Konzept
In „Neuer Kurs für Maklerunternehmen“ beschreibe ich ausführlich das MVK mit allen Vorteilen für Makler und Kunden. Im Kern geht es darum, dass die Maklerin oder der Makler alle im Haushalt des oder der Kunden vorhandenen Verträge zu Versicherungen, Kapitalaufbau etc. in die Betreuung übernimmt. Das können im Normalhaushalt zehn bis fünfzehn Verträge sein, die den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden entsprechen.
Das Vorgehen sollte je nach Voraussetzungen und Möglichkeiten des/der Kunden nach Prioritäten vorgenommen werden. Dazu haben wir im MVK Prioritäten-Kreise entwickelt, die dem Makler eine Orientierung zum Vorgehen optisch darstellen. Zu beginnen ist immer mit den Pflicht- und Risikoversicherungen:
Dann ist den Themen Vorsorge u.a. mit den Themen Berufsunfähigkeitsabsicherung und Unfall sowie dem Schutz des Eigentums zu folgen. Besprechen und erläutern Sie als Firmeninhaber dieses Konzept auch Ihren Mitarbeitern, damit es immer und von jedem umgesetzt wieder. Neben alle dargestellten Gedanken zum Kundennutzen möchte ich zum Schluss als spezialisierter Unternehmensberater für Makler darauf verweisen, dass das Makler-Vollkunden-Konzept auch betriebswirtschaftlich bedeutsam ist. 300 Kunden mit zehn oder mehr Verträgen sind effektiver und wirtschaftlich sinnvoller zu betreuen als 1.000 Kunden mit ein oder zwei Verträgen. Ein überzeugenderes Argument für das MVK gibt es nicht.
Probieren Sie MVK aus oder lassen Sie sich dazu von uns unterstützen. Viel Erfolg!
- Kunden mit einem Vertrag machen (eigentlich) keinen Sinn!
- Versicherungsmakler tragen eine hohe Verantwortung
- Vorteile eines ganzheitlichen Beratungskonzeptes