34f-Vermittler haben keine ESG-Abfragepflicht
Die Pflicht, Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden zu ermitteln, gilt nicht für 34f-Vermittler. Das teilte der Votum-Verband mit und beruft sich dabei auf das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). In der Beratungspraxis wird das zu absurden Situationen führen, erwartet der Verband.
Ab 2. August 2022 greift die verbindliche Nachhaltigkeitspräferenzabfrage für Vertreiber von Versicherungsprodukten. Den Rechtsrahmen dafür bildet die Insurance Distribution Directive (IDD). Unklar war allerdings, ob Ausnahmeregelungen für Finanzanlagenberater (§ 34 f GewO) und Honorar-Finanzanlagenvermittler (§34 h GewO) gelten.
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„Im Austausch mit dem BMWK hat man uns nun offiziell bestätigt, dass die maßgebliche Delegierte Verordnung 2017/565 in der ab August geltenden Fassung ausschließlich von Wertpapierfirmen im Rahmen der Geeignetheitsprüfung berücksichtigt werden muss und keine direkte Anwendung auf § 34f-Vermittler findet. Auch die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV), die zwar auf Artikel 54 der Delegierten Verordnung verweist, führt nicht zu einer Verpflichtung zur Erfassung der Nachhaltigkeitspräferenzen, da es sich nach Auskunft des einen starren Verweis auf den Stand der Verordnung mit den Änderungen durch die Verordnung (EU) 2017/2294 handelt und somit spätere Änderungen der Verordnung nicht durch die Verweisung erfasst sind“, erklärt Votum-Vorstand Martin Klein.
Demnach ist die Auskunft des Ministeriums eindeutig: Finanzanlagenvermittler sind weder auf Grund von direkt geltenden EU-Recht noch durch die FinVermV rechtlich verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu ermitteln. Gleichzeitig werde von dem Ministerium jedoch die Hoffnung geäußert, dass die Finanzanlagevermittler diese Anforderung freiwillig erfüllen, so der Verband. „Wir gehen aufgrund ergänzender Informationen davon aus, dass es bei diesem Appell zur Freiwilligkeit nicht bleiben wird, sondern der Gesetzgeber aktiv werden muss“, so Klein weiter.
FinVermV: Mit kurzfristiger Anpassung ist rechnen
Diese Annahme beruht auf der Regelung des Artikel 3 Absatz 2 der MiFID II. Mitgliedsstaaten, die von der sogenannten Bereichsausnahme Gebrauch machen, sind verpflichtet, hinsichtlich der Anforderungen an die Berufsausübung, der der Bereichsausnahme unterliegenden Personen bzgl. des Verbraucherschutzes, die gleichen Wohlverhaltensregeln umzusetzen, wie sie für Wertpapierfirmen gelten.
Zu den Wohlverhaltensregeln gehört insbesondere die Durchführung einer vollständigen Geeignetheitsprüfung, so dass der deutsche Gesetzgeber gezwungen sein wird, die FinVermV kurzfristig anzupassen, erwartet Votum. „Die Mühlen des Gesetzgebers mahlen bekanntlich langsam. Es ist demnach nicht damit zu rechnen, dass dieses Verfahren zur Anpassung der Verordnung, bei dem auch der Bundesrat beteiligt werden muss, vor dem 02. August 2022 abgeschlossen sein wird. Die nächstmögliche Plenarsitzung erfolgt am 08. Juni. Bis dahin ist nicht damit zu rechnen, dass eine entsprechende Vorlage erstellt wird. Damit steht die Branche nunmehr vor der absurden Situation, dass ein Versicherungsvermittler gesetzlich verpflichtet ist, Nachhaltigkeitspräferenzen zu ermitteln, sofern er eine fondsgebundene Lebensversicherung vermittelt – der gleiche Vermittler hierzu jedoch nicht verpflichtet ist, wenn er einen Fondssparplan vermittelt“, so Klein weiter.
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„Ungeachtet dessen, wie wir diese Ausnahme angesichts des herrschenden Chaos kurz vor Scharfstellung der Verordnung bewerten, so begrüßen wir diese Klarstellung seitens des Ministeriums, welche der Votum-Verband in engem Schulterschluss mit weiteren Vermittlerverbänden wie dem AfW nun erwirkt hat. Wir teilen selbstverständlich die Überzeugung des AfW, dass die Vermittler dennoch gut beraten sind, sich so früh wie möglich auf den Weg machen, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu erfragen“, fügt Klein abschließend hinzu.