Allianz stellt Finanzplattform ein
Die Allianz zieht der eigenen Finanzplattform den Stecker. Das Angebot von Heymoney solle in den kommenden Wochen abgeschaltet werden.
- Allianz stellt Finanzplattform ein
- Allianz stampft Heymoney ein
Mitte 2019 verkündete die Allianz ihre Pläne für eine eigene Finanzplattform. Diese sollte als „komplettes Ökosystem“ für Finanzdienstleistungen aufgebaut werden. Dazu wurde mit "Iconic Finance" ein eigenes Unternehmen gegründet, dass auch anderen Unternehmen offen stehen sollte.
Anzeige
Im Januar 2020 ging das neue Baby mit dem Namen "Heymoney" an den Start. Mit dem Angebot sollten Kunden unter anderem Konten, Verträge und Versicherungen in einer App verwaltet werden können. Auch sollten diese Verträge "optimiert" werden können. Damit hatte sich die Allianz sein eigenes Vergleichsportal in Konkurrenz zu Check24 und Verivox geschaffen. Einen ähnlichen Kontomanager bot beispielsweise Check24 schon länger. Dort können ebenfalls mehrere Konten, Verträge aus den Bereichen Strom und Gas sowie Versicherungspolicen hinterlegt werden.
Der Ansatz klang spannend. Schließlich hatte sich die Allianz im Mai 2019 das Vergleichsportal Finanzen.de gesichert. Das Unternehmen agiert als Versicherungsmakler und Leadverkäufer. Das Berliner Unternehmen sollte unter anderem wertvolle Kundenkontakte liefern. Eine Integration erschien nur logisch. Schließlich wollte "Heymoney" auch Versicherungen optimieren.
Bei der Technik setzten die Macher der Finanzapp aber auf mehrere andere Pferd. Denn die externen Dienstleister Aboalarm und FinTecSystems halfen tatkräftig. Der Kündigungsdienst Aboalarm sollte unter anderem die Technik zur Kategorisierung von Bankbewegungen, Erkennung von Verträgen samt Kundeninformationen sowie eine Möglichkeit zur Kündigung von Abonnements bei über 25.000 Anbietern im Allianz-Portal verbaut werden. Diese Dienste wurden damals von diversen bekannten Marken genutzt. Dazu zählen unter anderem Star Finanz, Friendsurance, Verivox und Outbank.
Anzeige
Die Banking-API-Software kam aus dem Hause FinTecSystems. Die Software des Münchener Unternehmens hat eine Software gebaut, die Kontoinformationen wie Salden und Transaktionsumsätze in die Plattform einfließen lässt. Die Finanzdaten lassen sich aus verschiedenen Quellen abholen und werden in das Kundenkonto eingebunden. Bei der angebotenen Plattform setzt FinTecSystems auch auf Machine Learning und liefert neben der Kategorisierung von Umsatzdaten beispielsweise auch Haushaltsrechnungen, Risikoanalysen, Umsatzdatenanalysen sowie standardisierte Checks. Zu den Kunden des Dienstleisters gehören unter anderem auch das Vergleichsportal Check24. Überdies nutzten auch die Banken N26, DKB, die solarisBank sowie das Sparkassen Finanzportal die Dienstleistungen.
Allianz stampft Heymoney ein
Doch die wohlklingenden technischen Ideen halfen selbst dem größten Versicherungskonzern nicht. Denn das Angebot fand augenscheinlich bei der Kundschaft nicht den gewünschten Anklang. Die Nutzerzahl soll sich lediglichim fünfstelligen Bereich bewegt haben, schreibt das Finanzportal "finance forward". Wegen der dürftigen Erfolgsmeldungen solle die Finanzapp in den kommenden Wochen abgeschaltet werden. Das bestätigte ein Unternehmenssprecher gegenüber dem Finanzportal.
Bereits Ende 2021 hatte es Entlassungen gegeben. Damals wollte der Versicherungsriese das noch junge Projekt nicht sofort begraben. Ein Sprecher unterstrich gegenüber der "Wirtschaftswoche", dass es sich bei Heymoney um „eine langfristige Investition, die auch weiterhin unterstützt wird“. Ein halbes Jahr später wird der Finanzplattform nun der Stecker gezogen. „Unsere Arbeit an der App zu beenden, ist uns nicht leichtgefallen, aber diese Entscheidung war nicht vermeidbar“, erklärte Geschäftsführer Bernd Storm gegenüber "finance forward". Aktuell würde geprüft, welche Dienste gegebenenfalls in anderen Allianz-Anwendungen verbaut werden könnten und was mit den registrierten Nutzern sowie deren Konten passieren solle.
Anzeige
Versicherer muss ehrgeizige Software-Pläne einstampfen
Es ist bereits die zweite große Niederlage in diesem Jahr. Denn der Versicherer wollte ein Betriebssystem bauen, dass auch andere Versicherer nutzen können. Seit 2018 hatte der Münchener Versicherungsriese das Betriebssystem namens ABS, was für „Allianz Business System“ steht, auch anderen Versicherern als Rundumlösung für das Verwalten von Policen angeboten. Doch diese ambitionierten Pläne dürften inzwischen als gescheitert eingestuft werden.
Ein Grund sei das fehlende Interesse von Seiten anderer Versicherer gewesen. Um die Bedenken anderer Versicherer zu zerstreuen, sich die IT eines Wettbewerbers ins Haus zu holen, hatte die Allianz sogar eine offene Stiftung gegründet und schließlich ein eigenes Unternehmen: Syncier. Doch auch unter anderem Namen blieb der große Erfolg aus. Ein weiteres Problem sei der hohe Anpassungsbedarf von ABS gewesen. Dies sei mit hohen Kosten für die Kunden verbunden. Zudem gebe es eine Reihe von etablierten IT-Dienstleistern, die Standard-Lösungen auch für Versicherer bieten und branchenfremd sind, unter anderem der deutsche Software-Riese SAP. Auf diese Angebote werde von Versicherern weit häufiger zurückgegriffen. Höchstens zehn Versicherer sollen das System genutzt haben, berichtet die „Süddeutsche“ im April 2022. Deshalb legte der Versicherer seine Ambitionen als professioneller Software-Anbieter zu den Akten.
- Allianz stellt Finanzplattform ein
- Allianz stampft Heymoney ein