Wie nachhaltig ist die Versicherungswirtschaft? Zum zweiten Mal nimmt das Analysehaus Franke & Bornberg die Branche unter die Lupe. Kriterien der Umwelt („Environmental“), sozialen Verantwortung („Social“) und einer guten Unternehmensführung („Governance“) wurden hierbei für den ESG Report 2022 beleuchtet. Und die Hannoveraner sehen die Versicherer auf einem guten Weg. „Im Vergleich zum Vorjahr beobachten wir bei den Versicherern einige Fortschritte. Aber wie sonst auch gibt es ESG-Pioniere, Mitläufer und Nachzügler“, konstatiert Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg.

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Große Player stellen sich Report - aber nicht die Allianz

Betrachtungszeitraum war diesmal das Jahr 2020. Das beeinflusst auch einige Ergebnisse: im Coronajahr war die Geschäftstätigkeit durch Homeoffice und Co. eingeschränkt, was zum Beispiel Auswirkungen auf den Energieverbrauch der Versicherer gehabt haben könnte. An der Studie haben sich 26 Erstversicherer beteiligt. Das sind drei mehr als im Jahr zuvor: Doch die BaFin zählt immerhin über 500 Erstversicherungs-Unternehmen in Deutschland. Dass der Report trotzdem Trends in der Branche aufzeigen kann, zeigt das Vorhandensein großer Player auf dem deutschen Markt. Versicherer wie die Axa, Talanx, Ergo, HUK-Coburg oder Versicherungskammer Bayern zählen nach Beitragseinnahmen zu den zehn größten Anbietern hierzulande. Die Allianz als Marktführer fehlt jedoch.

Franke & Bornberg ESG-Report 2022

Kapitalanlagen: Anlagestrategien und Ausschluss-Kriterien

Einer der wichtigsten Hebel für Nachhaltigkeit ist die Kapitalanlage. Im Jahr 2020 beliefen sich die Kapitalanlagen der Erstversicherer in Deutschland auf 1.762 Mrd. Euro, berichtet Franke & Bornberg mit Bezug auf Daten des Versicherer-Dachverbands GDV. Zum Vergleich: Im selben Jahr betrug der Bundeshaushalt ca. 442 Mrd. Euro und die Marktkapitalisierung aller DAX 30 Unternehmen rund 1.081 Mrd. Euro. „Mit diesem Investitionsvolumen kann die Versicherungswirtschaft enorme Lenkungswirkung auf andere Unternehmen und Branchen entwickeln“, schreiben die Analysten.

Franke & Bornberg ESG-Report 2022

Bei der Geldanlage verfolgen die Versicherer verschiedene Strategien. Am weitesten verbreitet sind Ausschlusskriterien, die vorab definieren, in welche Staaten, Branchen oder Unternehmen nicht investiert werden darf. 19 von 26 Versicherern setzen auf diese Strategie. Die häufigsten Ausschlüsse mit Blick auf Staaten sind Korruption, Verstöße gegen die Pressefreiheit, Nicht-Ratifizierung des Übereinkommens von Paris sowie Verhängung der Todesstrafe. Bei Ausschlüssen für Unternehmen sind Waffen und Kohle „klare Favoriten“. Es folgen Menschenrechts-Verstöße und Verstöße gegen den UN-Wertekanon: eine Charta, die als Ziele unter anderem Weltfrieden, Verzicht auf Gewalt und den Willen zu Kooperation nennt.


Der aktuelle Report zeigt, dass die Versicherer ihre Richtlinien für Ausschlüsse gegenüber der letzten Erhebung teils verschärft haben. Zum Beispiel mit Blick auf Unternehmen: 38,5 Prozent mehr Versicherer schließen nun Öl und Waffen von ihren Neuinvestments aus, bei Kohle und Ölsanden stieg der Anteil immer noch um 15,4 Prozent.

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Franke & Bornberg ESG-Report 2022

Energieverbrauch korreliert nicht mit Homeoffice

Eine weitere Möglichkeit, nachhaltig zu wirtschaften, ist der Energieverbrauch in den eigenen Unternehmen: auch wenn hier die Einflussmöglichkeiten kleiner sein mögen. Ob Papier, Wasser, Energie, Abfall oder Dienstreisen – der ESG-Report listet wieder zahlreiche Detailwerte auf. Für bessere Vergleichbarkeit wurden die Angaben als Vollzeitäquivalente abgefragt (FTE: Full Time Equivalent). Hier wird die Zahl der gearbeiteten Stunden in Beziehung gesetzt zur üblichen Arbeitszeit eines Vollzeit-Erwerbstätigen, damit Verzerrungen durch Teilzeitarbeit aufgefangen werden.

Dennoch zeigt sich, dass auch hier die Vergleichbarkeit des Energieverbrauchs schwierig ist. Nicht immer würden die Unternehmen bei den Angaben alle Standorte einbeziehen, kritisiert Franke & Bornberg: teils nicht erfasst würden zudem Aufgaben, die an externe Dienstleister ausgelagert werden, etwa mit Blick auf Fuhrpark und Kantine. Das führe zu Verwerfungen. Laut Studie reicht die Bandbreite beim Wasserverbrauch je nach Unternehmen von 2,3 Kubikmetern pro FTE bis hin zu 20,25 Kubikmetern pro Jahr.

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Zum Vergleich: Ein-Personen-Haushalte verbrauchen im Schnitt 2.500 kWh Strom pro Jahr: ohne, dass sie Energie sparen würden. Doch von 20 Unternehmen, die hierzu Angaben machten, schaffen es nur neun Versicherer, unter diesem Wert zu bleiben. Als energiebewusst erweisen sich beim ESG-Report Bayern-Versicherung, DEURAG, die Bayerische, SV SparkassenVersicherung, Stuttgarter, Swiss Life, vigo, VOLKSWOHL BUND, Waldenburger und Zurich.

Franke & Bornberg ESG-Report 2022

Zwischen einzelnen Verbräuchen gibt es manchmal interessante Zusammenhänge. So verbrauchen Gesellschaften mit hohem Stromverbrauch oft auch viel Wasser, berichtet Franke & Bornberg. Das Gleiche treffe auf den Heizverbrauch zu. "Die Beispiel zeigen: In Unternehmen ist Nachhaltigkeit kein Zufall, sondern eine Managementaufgabe", so das Fazit des ESG-Reports.

Eine weitere interessante Beobachtung, die darauf hinweist, dass Energie-Effizienz auch eine Frage des Managements ist: Homeoffice führt nicht automatisch dazu, dass die Versicherer weniger verbrauchen bzw. besonders energieschonend wirtschaften. Tendenziell verbrauchten Versicherer mit einem hohen Home-Office-Anteil mehr Strom als Unternehmen mit einem niedrigen Anteil, so ein überraschendes Ergebnis der Studie. Der Stromverbrauch hänge also nur wenig von der Anzahl der Mitarbeitenden vor Ort ab. Andere Faktoren wie Energiesparmaßen, aber auch die Auslagerung energieintensiver Abteilungen spielen offensichtlich eine wichtigere Rolle.

Zusätzlich hat sich Franke & Bornberg die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen angeschaut, um die sozialen Rahmenbedingungen widerzuspiegeln. Für das Problem, Beruf und Familie besser zu vereinbaren, haben die beteiligten Versicherer zum Beispiel eine Reihe von Angeboten entwickelt. Die Top 3 sind Home Office, Flexible Arbeitszeiten und Angebote zur Kinderbetreuung. Darüber hinaus werden Angebote zur Gesundheitsförderung in den Unternehmen beleuchtet.

Und wie sieht es mit der Frauenquote aus? Hier sind nur kleine Verbesserungen zu beobachten. Auf Vorstandsebene stieg der durchschnittliche Frauenanteil von 9,4 Prozent auf 11 Prozent und in den Aufsichtsräten von 24,7 Prozent auf 29 Prozent.

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"Mit den ESG-Reports treibt Franke und Bornberg die konstruktive Debatte über nachhaltiges Handeln der Versicherungsbranche weiter voran. Aus diesem Grund stellt Franke und Bornberg den aktuellen Report 2022 interessierten Kreisen der Branche kostenlos zur Verfügung", schreibt das Hannoveraner Analysehaus auf seiner Webseite. Der Bericht kann per Email unter team.nachhaltigkeit@fb-research.de bestellt werden.

mit Pressematerial Franke & Bornberg
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