Bestandsübertragungen und Datenschutz – kein Problem?
Vier Jahre nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kommt Bewegung in Sachen Bestandsübertragungen in den Markt. Bisher gibt es in der Praxis eine größere Spannbreite von Vorschriften und „alternativen Wegen“, die Datenschützern die Falten auf die Stirn trieben. In seiner Kolumne geht Nachfolgeexperte Dr. Peter Schmidt auf neue Wege und Risiken ein.
- Bestandsübertragungen und Datenschutz – kein Problem?
- Verstöße gegen DSGVO vermeiden
Besonders bei der Regelung von Nachfolgeprozesses von Maklerinnen und Maklern gab es ein Problem. Gelten die Regelungen des Code of Conduct in den Regelungen des GDV auch für Maklerpools oder Makler selbst? Diesen Grauzonen widmete sich eine Initiative des Bundesverbandes für Finanzdienstleistungen e.V., der AfW. Ein Expertenteam von Datenschutz- und Vertriebsspezialisten hat deshalb an einer praxisorientierten Lösung gearbeitet. Im Ergebnis wurden ein DSGVO-konforme Einwilligungserklärung und weitere Dokumente entwickelt.
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Zahlreiche Unterstützer des freiwilligen Branchenstandards
Die Initiative fand breite Unterstützung verschiedener Verbände, Maklerpools und Versicherungsgesellschaften, auch wenn bei jeder der genannten Gruppierungen sich namhafte Marktteilnehmer noch nicht angeschlossen haben. Deshalb ist es für Makler als Verkäufer und Käufer von Maklerbeständen interessant, sich die Liste der Versicherer anzusehen, die weiterhin den praxisfernen Weg gehen wollen.
Der @AssekuranzDoc
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
Die Initiative hat klar gemacht, dass der vorgelegte Lösungsansatz DSGVO-konform und unter Wahrung eines höchstmöglichen Verbraucherstandards sowohl den Bedürfnissen der Maklerinnen und Makler im Verhältnis zu ihren Kundinnen und Kunden als auch im Verhältnis zu Verbünden, Maklerpools und Versicherern Rechnung tragen soll, wie der AfW-Verband hervorgehoben hat.
Gerade auch für Versicherer kann der Vorteil der nun vorliegenden Unterlagen darin bestehen, dass standardisierte Einwilligungs-Formulare zu deutlich vereinfachten Prüfprozessen führen können und zeitaufwendige Einzelprüfungen entfallen. Dr. Wiesemann, Vorstand der Allianz Lebensversicherungs AG, hob deshalb auch hervor: „Wir sehen hierin einen wichtigen Schritt in Richtung Digitalisierung der Branche. Darüber hinaus lassen sich für uns als Versicherer Synergieeffekte ableiten, die zu einer Optimierung in Bezug auf unsere Betriebsprozesse führen."
Diese Vereinfachung wird auch im Interesse der Kunden sein, die nach einer Bestandsübergabe schnell Anspruch auf Beratung und einen neuen Makler als Partner für Versicherungs- und Finanzfragen haben wollen. Andreas Schwarz, 1. Vorsitzender des BVSV Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen e.V., begrüßt die neuen Unterlagen, „weil die Nutzung dieser hervorragenden Unterlagen mit mehr Transparenz und Sicherheit für die Kunden, Makler und auch die Versicherer einhergeht".
Standardisierte Einwilligungserklärungen nutzen – Vorteile nutzen
Die beiden standardisierten Einwilligungserklärungen sollen das Gros der regelmäßig vorkommenden Datenverarbeitungsvorgänge zwischen Versicherern und Versicherungsmaklern sowie deren Untervermittlern, Maklerpools und Intermediären abdecken.
Die Einwilligungserklärungen werden in Form von beschreibbaren PDF-Dokumenten zur Verfügung gestellt. Für eine garantierte Aktualität werden die Dokumente mit einer entsprechenden Kennzeichnung, einer Versionsnummer sowie einem Feld zur Einfügung eines Logos des Maklers (Whitelabel) kostenfrei zum Download zur Verfügung gestellt.
Ausdrücklich wird darauf aufmerksam gemacht, dass inhaltliche Änderungen nicht gewünscht sind. Nur so lassen sich höchstmögliche Rechtssicherheit und Aktualität der Dokumente gewährleisten sowie die angestrebten Vorteile uund Synergieeffekte für alle Seiten realisieren. Die Verwendung der Mustererklärungen ist daher nur in unveränderter Form gestattet.
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Gerade Makler, die ihre Kunden in guten Händen wissen wollen, sollten sich dem Thema einer gesetzeskonformen Übergabe und Nachfolge rechtzeitig zuwenden. Gerade auch Maklern, deren Arbeit mit den Kunden nicht auf dem höchsten digitalen Level stattfindet, und deren Beratungsprozess eher reaktiv zu bezeichnen ist, sind ihre Kunden wichtig. Wer so eine hohe Servicebereitschaft hat, wird auch das Thema Datenschutz solide angehen und kann die dargelegten Erfahrungen in der Fachbroschüre „Nachfolge – gewusst wie“ sehr gut umsetzen.
Verstöße gegen DSGVO vermeiden
Die Vereinfachung des Prozedere bei den Bestandsübertragungen sollte aber nicht überdecken, dass der Gesetzgeber und damit auch die Justiz das Thema Datenschutz sehr ernst nimmt und es keine Änderungen in der DSGVO gibt. Deshalb ist auch nicht zu verstehen, wie der eine oder andere Maklerpool von einer einfachen Weitergaben von Beständen von einem an den anderen Makler im Rahmen einer Nachfolge sprechen.
Lenken wir dazu einen Blick auf einige Urteile zu Verstößen gegen die DSGVO. Nach Medienberichten entschied das Landgericht Bonn als erstes deutsches Gericht über die Forderung eines Bußgeldes in Millionenhöhe wegen eines Datenschutzverstoßes. Das Urteil wird als Muster für wesentliche Grundsatzfragen für Bußgeldvorschriften bei der DSGVO angesehen.
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In diesem Fall wurde zwar die ursprüngliche Bußgeldforderung gegen ein Telekommunikationsunternehmen in Höhe von 9,6 Millionen Euro nach Einspruch auf 900.000 Euro reduziert, aber auch das revidierte Urteil bestätigte, dass das Bußgeld gegen den Telekommunikationsdienstleister rechtens, wen auch zu hoch war (Urteil 11.11.2020, Az. OWi 1/20).
Auch ein Urteil eines DSGVO-Verstoßes aus einer Datenpanne eines Online-Brokers zeigt, dass ein unbefugter Zugriff aus Kundendaten zu Konsequenzen führen kann. In diesem Fall zog ein Partnerunternehmen des Brokers 33.000 Kundendaten ab und bot diese im Darknet an. Das Landgericht München (Urteil vom 09.12.2021, Az. 31 = 16606/20) sprach dem Betroffenen einen Schadenersatz von 2.500 EUR zu.
Das Internet füllt sich inzwischen mit immer mehr Urteilen zu DSGVO-Verstößen. Datenabfluss, Datenlecks, unrechtmäßige Datenverarbeitung, Ausspähen von Daten und ungerechtfertigte Weitergabe von Daten sowie ungerechtfertige Auskünfte finden sich immer häufiger vor Gericht wieder, deshalb sind Sorgfalt und rechtssicherer Umgang dringend zu empfehlen.
Dazu ein letztes Beispiel: In einem Unternehmen kam es zu einer irrtümlichen und versehentliche Weitergabe von personenbezogenen Daten eines Betroffenen (u.a. Beruf, Einkommen und Arbeitgeber) durch Mitarbeiter des Beklagten in ausgedruckter Form an einen anderen Kunden, welcher die Informationen nicht einmal wahrnahm.
Der Kläger beanspruchte Schadenersatz wegen seines Unbehagens, dass persönliche Daten an Fremde weitergegeben wurden und es eine nicht ausschließbare Möglichkeit gäbe, dass die Daten doch weiterverbreitet oder gar missbraucht werden könnten. Die Klage vor dem Landgericht Mainz wurde zugelassen (Urteil vom 12.11.2021, Az. 3 O 12/20).
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Eine Empfehlung zum Schluss: Schauen Sie sich einmal an, wie Ihre Mitarbeiter sich am Telefon im Bezug auf Datenweitergabe gegenüber Kunden verhalten. Prüfen Sie gerne einmal den genutzten Telefonleitfaden – wenn Sie diese nutzen – auch unter dem Aspekt des DSGVO. Besser ist besser – meint Ihr AssekuranzDoc.
- Bestandsübertragungen und Datenschutz – kein Problem?
- Verstöße gegen DSGVO vermeiden