„Inflationsbedingte Beitragsanpassungen sind zu erwarten“
Die Inflation trifft auch Versicherer. Die ‚Neuausrichtung von Preis- und Erlösmodellen‘ gewinnt deshalb im Vergleich zum Vorjahr an Bedeutung, so ein zentrales Ergebnis einer Branchenbefragung der Managementberatung Horváth.
Naturkatastrophen, Corona-Krise, Ukraine-Krieg – die globalen Umbrüche sind auch für Versicherungsunternehmen spürbar. Doch wie gehen die Versicherer damit um? Welche Umsatzerwartungen hegen sie angesichts der Krisen und auf welche anderen Trends bereiten sich die Assekuranzen vor? Das wollte die Managementberatung Horváth in Erfahrung bringen und befragte deshalb über 20 Vorstandsmitgliedern großer Versicherungsunternehmen.
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Den Ergebnissen zufolge, erwartet die Branche für das laufende Jahr 2022 sowie auch 2023 eine jährliche Prämienentwicklung von jeweils etwa + 3,5 Prozent – im Vergleich zum Corona-Jahr 2020 ein Anstieg um 0,9 Prozentpunkte.
Vor allem die Inflation dämpft die Erwartungen der Versicherer und die Befragungsergebnisse deuten darauf hin, dass an der Preisschraube gedreht wird. So gewann die ‚Neuausrichtung von Preis- und Erlösmodellen‘ im Vergleich zum Vorjahr an strategischer Bedeutung. Bezeichnete 2021 nur etwa die Hälfte der Befragten dieses Handlungsfeld als wichtiges Managementthema (52 Prozent), sind es jetzt mehr als drei Viertel (77 Prozent). „Inflationsbedingte Beitragsanpassungen sind zu erwarten, um beispielsweise die gestiegenen Ausgaben für Schaden- und Leistungsaufwände auszugleichen, und sind der Haupttreiber für das absolute Prämienwachstum“, so Martin Müller, Insurance-Experte bei Horváth.
Auch die Kapitalmarkt- und Zinsentwicklung sind stärker in den Fokus gerückt. 74 Prozent der Versicherer wollen ihr Produktportfolio und ihre Kapitalanlagestrategie anpassen. „Dies spiegelt sich auch in den zunehmenden Aktivitäten rund um Lebensversicherungen im Run-Off und Bestandsveräußerungen wider“, so der Experte.
Digitalisierung und Cybersicherheit stehen im Fokus
Die größte strategische Priorität hat für die Branche aber weiterhin die Digitalisierung. 80 Prozent bearbeiten diese aktuell mit sehr hoher Priorität, weitere 20 Prozent mit hoher Priorität. Damit ist sie seit 2019 das Top-Thema. Allerdings verschiebt sich der Fokus: von der Kundenschnittstelle hin zu den Backoffice-Prozessen und IT-Kernsystemen. „Dies kann auch als Reaktion auf den absehbaren Fachkräftemangel interpretiert werden“, sagt Martin Müller.
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Auch Cybersicherheit gewinnt an Bedeutung. Mehr als die Hälfte der Versicherer bearbeiten dieses Handlungsfeld gerade mit sehr hoher Priorität – der Schutz der Kundendaten und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen ist enorm wichtig. „Nicht zu vergessen ist, dass dies aber auch auf der Produktseite ein interessantes Wachstumsfeld für die Versicherungswirtschaft sein kann“, konstatiert der Horváth-Experte.