Rente: Wirtschaftsweiser fordert höheres Renteneintrittsalter
Der neue Wirtschaftsweise Martin Werding fordert ein höheres Renteneintrittsalter. Zudem solle die Rente nicht mehr an die Entwicklung der Löhne gekoppelt werden, sondern an die Inflation. Sonst würden die Sozialbeiträge zulasten der Beschäftigten explodieren.
Erneut werden Forderungen nach einem höheren Renteneintrittsalter laut: diesmal von Martin Werding, seit wenigen Tagen Wirtschaftsweiser und damit beratend für die Bundesregierung tätig. „Wir brauchen ein höheres Rentenalter", sagte Werding der »Süddeutschen Zeitung«. Auch nachdem das Renteneintrittsalter bis 2031 auf 67 Jahre erhöht worden sei, müsse es weitergehen, um die steigende Lebenserwartung auszugleichen. „Das Rentenalter sollte bis 2042/43 auf 68 Jahre steigen und bis 2054/55 auf 69“, so der Ökonom.
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Darüber hinaus schlug Werding vor, Renten künftig nicht mehr an die Lohnentwicklung zu koppeln, sondern an die Inflationsrate. Dies würde dazu beitragen, dass die Renten weniger stark erhöht werden müssen. „Das bedeutet in normalen Zeiten, in denen die Inflation viel niedriger ist als jetzt, weniger Rentensteigerung“, so Werding. Ohne politische Reformen würden die Sozialbeiträge von heute 40 bis 2035 auf 48 Prozent steigen.
Vorbild für eine inflationsbasierte Rente ist unter anderem das Rentensystem in Österreich, wo die Renten jährlich nach der Inflationsrate angepasst werden. Allerdings erwerben die Ruheständler im Nachbarland auch deutlich höhere Rentenansprüche. Das Rentenniveau nach 45 Beitragsjahren liegt in Österreich bei 80 Prozent, in Deutschland bei 48,2 Prozent.
Schon 2040 rund 60 Prozent des Bundeshaushaltes für Sozialausgaben?
Keine Option sei es hingegen, Löcher in der Sozialversicherung durch höhere Steuermittel zu stopfen, gibt Werding zu bedenken. Schon im Jahr 2040 müssten hierfür 180 Milliarden Euro pro Jahr aufgewendet werden und damit 60 Prozent des Bundeshaushalts. Das sei völlig unbezahlbar. Das Geld würde dann zum Beispiel für notwendige Investitionen und andere Aufgaben des Bundes fehlen, hatten Ökonomen wiederholt gewarnt.
Martin Werding ist als Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum tätig. Er war unter anderem auch am Entwurf der Aktienrente beteiligt, mit dem die FDP in den Wahlkampf zog. Im August 2022 hat ihn die Bundesregierung in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berufen: dem Gremium also, das die Wirtschaftsweisen vereint. Das Gremium soll Prognosen zur gesamtwirtschaftlichen Lage und zukünftigen Entwicklungen erstellen: auch, um etwa Fehlentwicklungen der Sozialsysteme zu verhindern.
Wiederholt höheres Rentenalter gefordert
In den letzten Wochen und Monaten hatten sich wiederholt Ökonomen für ein höheres Renteneintrittsalter ausgesprochen, um das Umlagesystem der gesetzlichen Rente künftig zu entlasten. ‚Wirtschafts-Experten fordern: Länger arbeiten, um Inflation abzumildern‘ - unter dieser Überschrift versammelte die Bild-Zeitung im Mai Aussagen der Ökonomen Prof. Dr. Gunther Schnabl (Uni Leipzig), Prof. Stefan Kooths (IfW Kiel) und Prof. Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg). Deren Tenor: Um den ‚Teuer-Schock‘ abzufedern, sollte das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre steigen. Dasselbe hatte vor wenigen Tagen Stefan Wolf gefordert, Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall.
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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte den Forderungen jedoch wiederholt eine Absage erteilt. "Wir haben in der Koalition vereinbart, dass wir das gesetzliche Renteneintrittsalter nicht erhöhen. Und daran wird sich nichts ändern", sagte er laut Deutscher Presse-Agentur (dpa).